PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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138 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
„Die Faszination die der Neumarkt auf<br />
Dresdner, genau wie auf die Gäste unserer<br />
Stadt ausübt, resultiert auch daraus, dass<br />
hier offenbar die Reise in eine Zeit gelingt,<br />
in der nicht Stilbruch, Geschwindigkeit<br />
und Aggressionen die Architektur prägten,<br />
sondern Harmonie und künstlerische Filigranität<br />
der Fassaden, Giebel und Dächer.<br />
Touristen, die den Dresdner Neumarkt besuchen,<br />
kommen nicht hierher, um Meisterwerke<br />
der Moderne zu sehen. Wer den<br />
Neumarkt besichtigt, sucht vielmehr die<br />
Reise in die Vergangenheit. Auch wenn der<br />
geballte Sachverstand der Fachwelt immer<br />
wieder dagegen Sturm läuft und die<br />
Kritiker bisweilen mit Spott und Häme reagieren.<br />
Wir haben einen Anspruch, ja ein<br />
Grundrecht darauf, die Dinge, die wir sehen,<br />
schön zu finden, auch wenn wir kein<br />
Studium der Architektur oder Kunstgeschichte<br />
absolviert haben. Der Dresdner<br />
Neumarkt ist ein Traum den wir uns gerade<br />
erfüllen. Klar ist, dass es dabei von Anfang<br />
an Kompromisse gegeben hat und<br />
auch weiterhin geben wird. Doch was bis<br />
jetzt entstanden ist, kann sich sehen lassen.<br />
Und das Ergebnis, da besteht überhaupt<br />
kein Zweifel, ist in erster Linie auch<br />
dem beharrlichen Wirken der Gesellschaft<br />
Historischer Neumarkt Dresden e. V. zu<br />
verdanken. Unsere Erfahrungen der letzten<br />
Jahre zeigen sehr deutlich, dass ein<br />
stetes Misstrauen gegenüber Stadtplanungsamt<br />
und Gestaltungskommission<br />
durchaus angebracht ist. Während beim<br />
Gewandhausneubau, nicht zuletzt auch<br />
Dank der rechtzeitigen und massiven Intervention<br />
seitens der FDP das Schlimmste<br />
verhindert werden konnte und mit dem<br />
jetzt in greifbare Nähe gerückten Elimeyerschen<br />
Ladeneinbau Gottfried Sempers<br />
aus der ‚Beinahekatastrophe‘ ein Glücksvon<br />
der Opposition dazu genutzt werden,<br />
die Politik des Baubürgermeisters zu diskreditieren<br />
oder sich gegenseitig an Details<br />
zu profilieren, zeigt die Geschichte<br />
der Interventionen im Stadtrat. Beispielhaft<br />
seien die Kritik der Bündnisgrünen<br />
an der Bebauung im Quartier 2 (www.neumarkt-dresden.de/quartier2–1.html),<br />
die<br />
Frage des umstrittenen Gewandhauses genannt,<br />
wo die SPD einen Bürgerentscheid<br />
fordert und dabei auf Widerstand stößt,<br />
aber inhaltliche Unterstützung zunächst<br />
von Bürgerfraktion und FDP erhält (die<br />
Komplexität der Auseinandersetzung zwischen<br />
Parteien kann hier nicht annähernd<br />
nachgezeichnet werden, vgl. etwa Alexe<br />
2007, Buhl 2007, Kaufmann 2007, www.<br />
neumarkt-dresden.de/gewandhaus.html).<br />
Aufschlussreich für die Reichweite der<br />
parteipolitischen Positionen ist auch die<br />
Tatsache, dass die CDU für den Bau einer<br />
Tiefgarage unter dem Platz eintritt und dabei<br />
die Beseitigung der alten Befestigungsanlagen<br />
in Kauf nimmt, um eine Attraktivität<br />
für Investoren und Besucher aus<br />
ihrer Sicht zu gewährleisten (www.dresden-cdu.de/archiv/themen/0307/04.htm).<br />
Insgesamt kann festgehalten werden, dass<br />
die Fraktionen mit Politikern in tragenden<br />
Rollen (z. B. dem Baubürgermeister),<br />
die politische Vorentscheidungen verantworten,<br />
sich vorsichtiger gegenüber Kritik<br />
aus GHND und von Bürgern verhalten und<br />
erst nachvollziehend auf deutliche Stimmungslagen<br />
in der Bevölkerung eingehen,<br />
während kleinere Fraktionen sich teilweise<br />
vehement auch gegen die Stadtverwaltung<br />
zu profilieren versuchen. Aus den<br />
Fraktionen kommt dabei immer auch Kritik<br />
an der schwer zu kontrollierenden Arbeit<br />
der Gestaltungskommission. Hieraus<br />
lässt sich ableiten, dass sich der Stadtrat<br />
als Gremium von fachübergreifend tätigen<br />
Politikern bei Detailfragen gegen die fachliche<br />
Position von Architekten stellt, eine<br />
Tendenz, die auch anderswo, etwa beim<br />
Berliner Stadtschloss und der diesbezüglichen<br />
Diskussion im Bundestag, immer<br />
wieder zu beobachten ist. Sie deutet darauf<br />
hin, dass die Prominenz des Themas<br />
Rekonstruktion zu einer Entfachlichung<br />
von Debatten führt, wenn die starke Mobilisierungskraft,<br />
die dem Thema innewohnt,<br />
Akteure auf den Plan ruft, die sonst<br />
vergleichbare Gestaltungsthemen mit wesentlich<br />
geringerer Detailschärfe disku<br />
tieren und entscheiden. Besonders aufschlussreich<br />
ist hier die Zwischenbilanz<br />
der FDP-Fraktion im Dresdener Stadtrat,<br />
die keineswegs allein typisch für die politische<br />
Richtung ist, sondern den tendenziellen<br />
Grundkonflikt zwischen Fachleuten<br />
und Politikern auf den Punkt bringt (zumal<br />
ihr zum Zeitpunkt der Stellungnahme<br />
bereits aufgrund politischer Skandale<br />
suspendierter Oberbürgermeister offenbar<br />
das Gewandhaus-Grundstück einem Investor<br />
versprochen hatte, dann aber vehement<br />
gegen die Bebauung als solche eintrat,<br />
vgl. Holland 2008):