30.01.2015 Aufrufe

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

146 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

den.de/dtg/index.php). In der Selbstdarstellung<br />

wird insbesondere die traditionsreiche<br />

Architekturgeschichte und die mit<br />

ihr verbundenen stadtbildprägenden, barocken<br />

Baudenkmäler und Ensembles,<br />

wie Frauenkirche, Semperoper und Residenzschloss<br />

sowie zahlreiche Kultureinrichtungen<br />

im Stadtzentrum verwiesen.<br />

In diesem Kontext wird der Neumarkt bereits<br />

vor seiner endgültigen Fertigstellung,<br />

allerdings in einem Atemzug mit der<br />

monumentalen, Frauenkirche mit ihrem<br />

Symbolcharakter, als bedeutende Sehenswürdigkeit<br />

der Altstadt eingestuft. Ebenso<br />

wird das Themenfeld Architektur „Im<br />

Wandel der Zeit“ als spezielles Angebot<br />

aufgegriffen, vorgestellt und anschaulich<br />

vermittelt. Die Integration in die touristische<br />

Präsentation bedient dabei gleichermaßen<br />

die Segmente des (allgemeinen)<br />

Städtetourismus wie auch des Architekturtourismus.<br />

Aus diesem Selbstverständnis<br />

heraus dient die hervorgehobene Bedeutung<br />

der historischen Bauwerke der<br />

Vermarktung Dresdens „nach außen“ hin<br />

als Kulturstadt europäischen Ranges, um<br />

auswärtige Besucher als Zielgruppe anzusprechen.<br />

Festgemacht wird diese Vermarktungsstrategie<br />

anhand der Revitalisierung<br />

des historischen Zentrums, u. a.<br />

der Altstadt, die trotz der erlittenen Zerstörungen<br />

im Zweiten Weltkrieg ihre Ensembles<br />

bewahrt oder durch den Wiederaufbau<br />

zurück gewonnen hat. Interessant<br />

ist der Aspekt, dass im Kontext mit dem<br />

Themenfeld Architektur das aktuelle Nebeneinander<br />

von Wiedergewinnung der<br />

verlorenen Bausubstanz durch Rekonstruktionsprojekte,<br />

dem Erbe sozialistisch<br />

geprägten Städtebaus und der Neubebauung<br />

mit moderner, zeitgenössischer Architektur<br />

nicht als Widerspruch angesehen,<br />

sondern als Ausdruck für die hohe Qualität<br />

der Dresdener Baukultur dargestellt<br />

wird. In diesem Sinne wird dieses Verhältnis<br />

als „Spannungsfeld zwischen High<br />

Tech und Barock“ beschrieben (vgl. http://<br />

www.dresden.de/dtg/de/sehenswuerdigkeiten/architektur.php).<br />

5.2 Universitätskirche<br />

St. Pauli Leipzig<br />

„Mein Haus soll ein Bethaus heißen, ihr<br />

aber habt eine Mördergrube daraus gemacht“<br />

(Mt 21: 13). Zu diesem Bibelwort<br />

predigte Martin Luther 1545 und weihte<br />

damit die Leipziger Paulinerkirche als protestantische<br />

Universitätskirche. Die damals<br />

– einen Vorgängerbau eingeschlossen<br />

– bereits dreihundert Jahre alte Kirche<br />

diente nachfolgend nicht nur als Gottesdienstraum,<br />

sondern auch für musikalische<br />

und universitäre Veranstaltungen<br />

und war zeitweise auch die Aula der Hochschule.<br />

Ihre Geschichte endete am 30. Mai<br />

1968, als das Gebäude, das den Zweiten<br />

Weltkrieg nahezu unbeschadet überstanden<br />

hatte, gesprengt wurde. Stadtverwaltung,<br />

Staats- und Parteiführung und Universitätsleitung,<br />

sie alle hatten die Kirche<br />

innerhalb ihrer Aufbauplanungen zunehmend<br />

in Frage gestellt, während die Bevölkerung<br />

nicht gewillt oder in der Lage war<br />

zu protestieren. Dies taten insbesondere<br />

einige christliche Studierende, denen die<br />

Kirche nicht nur Gottesdienstraum, sondern<br />

zugleich ein Ort politischer Freiheit<br />

geworden war. Ihr Widerstand kulminierte,<br />

als es längst zu spät war: Am 20. Juni<br />

1968 entrollten sie während des Internationalen<br />

Bachwettbewerbs ein Plakat, auf<br />

dem „Wir fordern Wiederaufbau“ zu lesen<br />

war. Es folgten Verhaftungen und Repression,<br />

für einen Studierenden gar die<br />

Ausbürgerung. Die mutwillige Zerstörung<br />

der Kirche wurde fortan in der DDR tabuisiert,<br />

nur unter christlichen Studierenden<br />

wurde sie forterzählt. Im Umfeld der<br />

von Leipzig ausgehenden friedlichen Revolution<br />

der Jahre 1989/90 aber wurde sie<br />

bald für zumindest einen Teil der Bevölkerung<br />

– darunter viele, die bereits 1968 von<br />

der Sprengung persönlich betroffen waren<br />

– zum Symbol für die staatliche Willkür<br />

und Kultur-Barbarei des Regimes. Bald<br />

gründete sich eine Bürgerinitiative, dann<br />

ein Paulinerverein, die den alten Plakatspruch<br />

aufgriffen und zu ihrem Fernziel<br />

erklärten. Gedenken wollten sie ansonsten,<br />

dem Gebäude und dem Widerstand<br />

sowie den nicht wenigen Reste der Kirche,<br />

kulturhistorisch wertvolle Holz- und Steinepitaphe,<br />

die man vor der Sprengung eilig<br />

hatte retten können. Dem Gedächtnis<br />

verwehrten sich weder Stadt noch Universität,<br />

das Fernziel allerdings stieß hier wie<br />

bei der Landesregierung auf wenig Gegenliebe,<br />

wenngleich der Innenstadtcampus,<br />

von dem die Kirche und das Augusteum<br />

genannte Hauptgebäude der wesentliche<br />

Teil gewesen waren und an deren Stelle in

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!