PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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206 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
liche Vermarktung der historischen Rathausfassade<br />
initiieren zu können. Diese<br />
Multiplikationseffekte sollen durch die<br />
Gesamtentwicklung Großer Markt weiter<br />
intensiviert werden.<br />
Bedeutung von Bautyp und Symbolik<br />
Das Historische Rathaus – bis zur Zerstörung<br />
übrigens noch in Benutzung und auf<br />
die angrenzenden Gebäude erweitert –<br />
wird als wesentliches Zeugnis der Hansezeit<br />
verstanden. Es repräsentiert gleichzeitig<br />
die wirtschaftliche Vormachtstellung<br />
der Entstehungszeit sowie die damit verbundene<br />
bürgerliche Verfasstheit und Unabhängigkeit<br />
(wenngleich diese Begriffe so<br />
nicht unbedingt verwendet werden). Diese<br />
wurde mit dem Anschluss an das Königreich<br />
Preußen stark eingeschränkt, da<br />
die Funktion als Garnisonsstadt die Stadtentwicklung<br />
maßgeblich beeinflusste. Im<br />
Wiederaufbau wurden mit Ausnahme des<br />
„Doms“ keine Bauwerke der Hansezeit wiederaufgebaut<br />
oder belassen, während einige<br />
der massiven preußischen Festungsanlagen<br />
(z. B. das Berliner Tor, die Zitadelle<br />
Wesel) zumindest in Fragmenten oder als<br />
Gebäude erhalten blieben zumindest in<br />
Resten erhalten blieben.<br />
Daneben ist auch der Ort bedeutsam: Der<br />
Große Markt und das Domviertel gelten<br />
als ältester Teil Wesels, wurde aber spätestens<br />
ab dem Nachkriegswiederaufbau<br />
deutlich vernachlässigt, als die Innenstadtentwicklung<br />
im Wesentlichen in der<br />
östlich angrenzenden, zum Bahnhof führenden<br />
Fußgängerzone stattfand. In Wesel<br />
wird für diese beiden Bereich zwischen<br />
Altstadt und Innenstadt unterschieden.<br />
Insofern wird hier insbesondere in Verbindung<br />
mit den Bemühungen der ISG Domviertel<br />
auch mit einer Rückbesinnung auf<br />
den Ort argumentiert.<br />
Bedeutung des Vorhabens innerhalb<br />
der Kommunalpolitik<br />
Es bestehen widersprüchliche Aussagen<br />
über die Bedeutung des Vorhabens innerhalb<br />
kommunalpolitischer Entscheidungen.<br />
Die Bürgermeisterin gibt an, die Platzierung<br />
der Diskussion durch den Verein<br />
sei geschickt mit dem Kommunalwahltermin<br />
abgestimmt gewesen, denkt aber<br />
gleichzeitig nicht, dass dies hinreichend<br />
bedeutsam gewesen sei, um den Aus<br />
gang der Wahl zu beeinflussen. Durch die<br />
mehrheitliche Zustimmung in allen Fraktionen<br />
erscheint das auch eher unwahrscheinlich.<br />
Insgesamt erscheint die nun<br />
entstandene Initiative für die „Aufwertung“<br />
des Marktplatzes wesentlich stärker<br />
zu einem Politikum zu werden, da das<br />
Vorhaben auch stärker mit konzeptionellen<br />
Überlegungen zur Innenstadtentwicklung<br />
verknüpft werden müsste, über die<br />
insgesamt wenig Vorstellungen innerhalb<br />
der Kommunalpolitik – und auch der Initiatoren<br />
– zu bestehen scheinen. Im derzeit<br />
gültigen Entwicklungskonzept für die<br />
Weseler Innenstadt, das im Juni 2004 verabschiedet<br />
wurde, spielen weder der Große<br />
Markt mit dem Domviertel noch das<br />
Historische Rathaus eine wesentliche Rolle.<br />
Auch allgemein wird die von der ISG in<br />
der Zwischenzeit propagierte Aufwertung<br />
des westlichen Abschlusses der Haupteinkaufsstraße<br />
hier noch nicht vorgesehen.<br />
Jedoch wird für die gesamte Innenstadt<br />
davon ausgegangen, dass die Fassaden erneuerungsbedürftig<br />
seien (vgl. Junker und<br />
Kruse 2004).<br />
Besonders die Würdigung des bürgerschaftlichen<br />
Engagements als Ergänzung<br />
zu städtischen Initiativen hat den Zuspruch<br />
für dieses Projekt innerhalb der<br />
Kommunalpolitik begünstigt. Mit einem<br />
Investitionsvolumen von 2,7 Mio. Euro<br />
und einem städtischen Anteil von – nur –<br />
400 000 Euro an der Gesamtsumme sowie<br />
der Spendenbereitschaft von Bürgertum<br />
und Unternehmerschaft von rund 1,35<br />
Mio. Euro ist dieses Engagement nicht nur<br />
ein Bauprojekt, welches zur Stadtentwicklung<br />
– in Verbindung mit der Umgestaltung<br />
Großer Markt – beiträgt sowie auch<br />
Effekte für die lokale Ökonomie generieren<br />
kann. Vielmehr begreifen die lokalen Politiker<br />
die Rekonstruktion der historischen<br />
Rathausfassade als ein mögliches Beispiel<br />
für Public-Private-Partnership-Verfahren<br />
gerade vor dem Hintergrund der schwierigen<br />
kommunalen Finanzlage.<br />
Zwischenfazit: Konfliktlinien<br />
Für Wesel lassen sich im Wesentlichen<br />
eine Haupt- und eine Nebenkonfliktlinie<br />
feststellen, womit sich Wesel insgesamt im<br />
Vergleich zu anderen Wiederaufbauvorhaben<br />
durch eine stark reduzierte Debatte<br />
kennzeichnen lässt. Dabei erscheint für