PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Die aktuelle Fachdebatte – Tendenzen eines inter- und transdisziplinären Diskurses<br />
257<br />
Hertzig und Hellbrügge der Beginn der<br />
intradisziplinären Auseinandersetzung<br />
stattfand, die dann eigentlich erst 2008 an<br />
der ETH Zürich während der Tagung „Das<br />
Prinzip Rekonstruktion“ (siehe den betreffenden<br />
Abschnitt) geführt wird. Auch<br />
werden hier bereits die wesentlichen Argumente<br />
späterer Diskussionen genannt.<br />
Zum einen findet durch den Vortrag von<br />
Hellbrügge eine Relativierung des Standpunktes<br />
von Dehio als dem Begründer des<br />
Leitsatzes „Konservieren, nicht Restaurieren“<br />
statt, die auch weitaus deutlicher<br />
ausfällt als entsprechende Darstellungen<br />
von Winterfelds während der Tagung „Die<br />
Schleifung“ im nachfolgenden Jahr (siehe<br />
oben). Auch führt er schon das schließlich<br />
von Winfried Nerdinger ausgeführte<br />
Argument des Faktischen an. Zum anderen<br />
fordert Hertzig eine Popularisierung<br />
der Denkmalpflege durch Hinwendung<br />
zur Ästhetik und Geschichtspräsentation<br />
sowie eine Abkehr von der Ausschließlichkeit<br />
der Geschichtsdenkmale.<br />
Eben diese Kritik an der geschichtswissenschaftlichen<br />
Orientierung der Denkmalpflege<br />
und dem darin begründeten Primat<br />
der materiellen Substanz eines Denkmals<br />
ist Kern der Diskussionen in allen sechs<br />
Symposien. Es wird einerseits auf die<br />
diesbezüglichen Diskrepanzen zwischen<br />
Theorie und Praxis verwiesen und dabei<br />
durch die überwiegend praxisnahen Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer vor allem<br />
die Theorie kritisiert, andererseits aber vor<br />
dem Hintergrund einer disziplinären Krisenwahrnehmung<br />
auch nach möglichen<br />
Alternativen für eine andere Denkmalpflege<br />
gesucht. Somit besitzen sämtliche<br />
Veranstaltungen der Reihe eine gewisse<br />
Relevanz auch für die Rekonstruktionsdebatte,<br />
werden hierfür aber kaum erschlossen.<br />
Selbst in die sechste Veranstaltung,<br />
die sich 2007 direkt mit dem Thema beschäftigt,<br />
fließen die Erkenntnisse kaum<br />
ein. Dabei sind insbesondere unter den<br />
betrachteten Alternativen einige direkt<br />
anschlussfähig: die Mehrdimensionalität<br />
von Denkmalwerten, die etwa auch ästhetische<br />
Aspekte beinhalten müsse, die<br />
Berücksichtigung gestalterischer Attraktivität<br />
etwa auch innerhalb einer „schöpferischen<br />
Denkmalpflege“ und die erneute<br />
Verbindung der Begriffe Denkmal und<br />
Heimat.<br />
6.23 „Identität durch Rekonstruktion“–<br />
BMVBS-Baukulturwerkstatt,<br />
Bärensaal Berlin,<br />
16. Oktober 2008<br />
Als ein wichtiger Beitrag zur fachlichen<br />
Rekonstruktionsdebatte ist sicher auch<br />
die im Rahmen des vorangegangenen<br />
BBR-Forschungsprojekts „Wieder-Aufbau“<br />
vorbereitete und durchgeführte Baukulturwerkstatt<br />
zu „Positionen zum Wiederaufbau“<br />
anzusehen. An dieser Stelle soll<br />
darauf verzichtet werden, wesentliche Anteile<br />
der Tagungsbeiträge wiederzugeben,<br />
da dies zum einen im Endbericht vom 30.<br />
November 2008 und zum anderen in der<br />
das zurzeit bearbeitete Forschungsvorhaben<br />
einleitenden Veröffentlichung bereits<br />
geschehen ist. Stattdessen sollen hier<br />
wichtige Beiträge der – überwiegend kritischen<br />
– Rezension der Tagung berücksichtigt<br />
werden.<br />
Laienhafte Architektenschelte oder<br />
Soziologendeutsch<br />
So sieht Ursula Baus (2008b) den Versuch<br />
einer Versachlichung der emotional geführten<br />
Debatte als gründlich gescheitert<br />
an – sei sie doch ihrer Meinung nach<br />
in weiten Teilen als eine „selten stumpfsinnige[..],<br />
peinliche[..] Architektenschelte“<br />
verlaufen. Die „üblichen, sattsam bekannten<br />
Klischees“ seien ausgetauscht worden:<br />
„Kein Schimmer von einer Begriffsanalyse<br />
[…], zu wenig Aufmerksamkeit für die<br />
Differenzierung der Meinungsbildung […],<br />
keine Silbe zum Geschichtsverständnis der<br />
Gegenwart, kein Gedanke zur Komplexität<br />
unserer rekonstruierenden Gesellschaft.“<br />
Schließlich führt sie gar die weitgehende<br />
Abwesenheit von Architekten im Publikum<br />
sowie die extrem kurzfristige Absage<br />
von Thomas Müller darauf zurück, dass<br />
sich „dermaßen unter Niveau […] kein vernünftiger<br />
Architekt provozieren [lasse]“.<br />
Dass Architekten und Planer in den Podien<br />
zahlreich vertreten waren, erwähnt sie<br />
nicht, wohl aber die fehlende Repräsentativität<br />
der Saalbeiträge der „Bürger“ und<br />
„Laien“, die sich in Vereinen für Wiederaufbauvorhaben<br />
engagierten. Konträr ist an<br />
dieser Stelle die – kaum weniger kritische<br />
– Wahrnehmung des Vereins Stadtbild<br />
Deutschland e.V. (2008), die in einer Pressemittelung<br />
wiedergegeben wird. Er kritisiert,<br />
dass die Bürgerinnen und Bürger zu<br />
wenig zu Wort gekommen seien. Ähnlich