PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Die aktuelle Fachdebatte – Tendenzen eines inter- und transdisziplinären Diskurses<br />
271<br />
struktur durch die Umlegung in der Nachkriegszeit<br />
verweist und Frielinghaus darin<br />
vertane Chancen bemängelt.<br />
6.34 Schlossdebatte<br />
Während die übrigen Abschnitte dieses<br />
Kapitels abstrakten, nicht mit einem einzelnen<br />
Wiederaufbauvorhaben verknüpften<br />
Fachdebatten gewidmet sind, soll im<br />
Folgenden mit der Diskussion um den<br />
Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses<br />
ein Ausschnitt aus einer solchen zunächst<br />
einmal lokalen Debatte untersucht<br />
werden. Eine Untersuchung der langjährigen<br />
Auseinandersetzung um den Wiederaufbau<br />
des Schlosses, Abriss des Palasts<br />
der Republik wie auch die städtebauliche<br />
Funktion des Areals ist an dieser Stelle weder<br />
leistbar noch angesichts des Stands der<br />
Forschung (vgl. u. a. Altrock 2003, Schug<br />
2007, Ellrich 2008) notwendig. Daher sollen<br />
nur die aktuellen Entwicklungen seit<br />
der Bekanntgabe der Ergebnisse des Architektenwettbewerbs<br />
am 27. November<br />
2008 analysiert und hierfür insbesondere<br />
auf die Berichterstattung der überregionalen<br />
Presse zurückgegriffen werden.<br />
Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass<br />
von der Berliner Debatte eine erhebliche<br />
Wirkung innerhalb der fachlichen<br />
wie nicht-fachlichen Diskussion sowohl<br />
um konkrete Wiederaufbauvorhaben als<br />
auch um Rekonstruktion insgesamt ausgeht.<br />
Spätestens seit Ende der vor allem<br />
unter Experten geführten Auseinandersetzung<br />
um die Dresdner Frauenkirche ist der<br />
Schloss(platz)-Diskurs als die zentrale Debatte<br />
innerhalb des Themenfeldes anzusehen,<br />
wenngleich sie in vielerlei Hinsicht<br />
auch als Sonderfall anzusehen ist. Zudem<br />
erlangt sie dadurch nationale Bedeutung,<br />
dass die Bundesrepublik Deutschland<br />
hier als Bauherrin fungieren wird<br />
und das Vorhaben daher als einziges Gegenstand<br />
einer Bundestagsdebatte war –<br />
und voraussichtlich in der kommenden<br />
Legislaturperiode wieder sein wird. Auch<br />
wird der Auftraggeber auf diese Weise der<br />
Auftragbeschreibung gerecht, die explizit<br />
eine Auseinandersetzung mit der aktuellen<br />
Fortentwicklung der Berliner Diskussion<br />
wünscht.<br />
Nachdem der deutsche Bundestag bereits<br />
im Juli 2002 mit einer Zweidrittelmehrheit<br />
für den Bau des so genannten Humboldt-<br />
Forums mit Teilrekonstruktion des einstigen<br />
Stadtschlosses gestimmt hatte, wurde<br />
mit der Bereitstellung von Haushaltsmitteln<br />
Ende 2007 auch der Weg frei für die<br />
Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs.<br />
Wesentliche Vorgaben der Ausschreibung<br />
waren die vom Bundestag vorgegebenen<br />
Rekonstruktionen von je drei<br />
Seiten der Außenfassade und des Schlüterhofes<br />
sowie die Integration einer Kuppel.<br />
Zudem war das vorgesehene Nutzungskonzept<br />
innerhalb eines entsprechenden<br />
Raumprogramms unterzubringen. In einer<br />
ersten, international offen ausgeschriebenen<br />
Wettbewerbsstufe beteiligten sich 158<br />
Büros, von den dreißig zu einer Überabreitung<br />
innerhalb der zweiten Stufe eingeladen<br />
wurden. Der mit 100 000 Euro dotierte<br />
erste Preis ging an Franco Stella, der unter<br />
anderem auch eine zusätzliche Rekonstruktion<br />
der Schlosskuppel von Schlüter<br />
vorgesehen hatte. Während ein zweiter<br />
Platz nicht vergeben wurde, erhielt das<br />
Büro Kuehn Malvezzi einen mit 70 000<br />
Euro ausgestatteten Sonderpreis.<br />
Mit der Verkündung des Jury-Ergebnisses<br />
zum internationalen Architekturwettbewerb<br />
ist die mittlerweile mindestens 17<br />
Jahre andauernde (vgl. Schulz 2009) Debatte<br />
um die mögliche Rekonstruktion des<br />
Berliner Stadtschlosses in eine neue Phase<br />
eingetreten. Zum einen wird durch das<br />
Vorliegen eines konkreten, zur Realisierung<br />
nicht nur vorgeschlagenen, sondern<br />
doch wenigstens vorentschiedenen Entwurfs<br />
eine wesentlich konkretere Auseinandersetzung<br />
mit dem Vorhaben möglich,<br />
die vor allem im Sinne einer fachlichen Architekturkritik<br />
stattfindet. Tatsächlich hat<br />
eine breite Diskussion trotz Ausstellung<br />
der Wettbewerbsbeiträge nicht stattgefunden<br />
(vgl. etwa Seils 2008) und blieb es aus<br />
der Reihe der Rekonstruktionsbefürworter<br />
erstaunlich ruhig. Zum anderen war<br />
die Entscheidung auch Anlass insbesondere<br />
für prinzipielle Kritiker des Vorhabens,<br />
ihre Argumente erneut vorzubringen und<br />
die Debatte weitgehend unbeeinflusst<br />
durch das Wettbewerbsergebnis fortzuführen.<br />
Schließlich scheint der Wettbewerb<br />
aber mit dem als Sonderpreis gewürdigten<br />
Beitrag von Kuehn Malvezzi (Berlin)<br />
auch ein Ergebnis erbracht zu haben, das<br />
als bislang vermisste Alternative zur Rekonstruktion<br />
bzw. als Vermittlungsposition<br />
avancieren könnte – oder zumindest