PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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196 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
die im Bau und Prozess angelegten Angebote<br />
zur (stadt-)historischen Vermittlung<br />
(siehe Vermarktung).<br />
So formuliert etwa Richter (2009), dass die<br />
Ablehnung des Wideraufbaus innerhalb<br />
der Stadtgesellschaft gar als „ein Rückbesinnen<br />
auf eigene, eher progressive Werte<br />
verstanden“ und „die Ablehnung als<br />
ein Bemühen um Distinktion gegenüber<br />
von Außen herein getragenem Traditionalismus<br />
gelesen“ werden könnte, wobei der<br />
Universität die Rolle der standhaften Abwehr<br />
zukommen würde. Dies allerdings<br />
würde nicht nur davon ausgehen müssen,<br />
dass dem Paulinerverein keine Breitenwirkung<br />
gelungen ist, was sicher zutreffend<br />
ist (vgl. Wolff 10.9.2009), sondern ihm auch<br />
ein lokaler Rückhalt fehlt. Letzteres ist so<br />
nicht zutreffend, stellt eine Überbewertung<br />
der Rolle Blobels und anderer Nicht-<br />
Leipziger dar und verkennt die zeitweise<br />
vorhandene mehrheitliche Zustimmung in<br />
Umfragen und Abstimmungen. Dass nach<br />
anfänglichen euphorischen Äußerungen<br />
(z. B. Tiefensee, Blobel) im Moment niemand<br />
den Bau bejubelt – außer der dazu<br />
im Jubiläumsjahr angehaltenen Universität<br />
in ihrer Außendarstellung (Universität<br />
Leipzig 2008) –, könnte so auch dazu führen,<br />
dass die Konfliktparteien mit einigem<br />
Abstand zur Debatte in ihm eine gütliche<br />
Einigung oder einen gelungenen Kompromiss<br />
erkennen. Schroth/Tesch (26.8.2009)<br />
gehen davon aus, dass eine Meinungspluralität<br />
nach der Fertigstellung auch der<br />
bürgerschaftlichen Tradition Leipzigs entsprechen<br />
würde.<br />
Begrenzen könnte diese Identifikationswirkung<br />
neben dem insgesamt geringen<br />
Interesse der Bevölkerung und der<br />
Stadtpolitik an der Diskussion (Gormsen<br />
10.9.2009), das sich aber mit dem Baufortschritt<br />
deutlich gesteigert hat und über die<br />
übliche Begutachtung von Neubauten hinaus<br />
geht (Heymann 26.8.2009), vor allem<br />
die relativ gesicherte Erkenntnis, dass<br />
die Paulinerkirche – bei allem Verlust und<br />
aller Bedeutung des Sprengungsprozesses<br />
– keine symbolische Aufwertung erfahren<br />
hat und insgesamt nicht über eine<br />
etwa mit der Dresdner Frauenkirche vergleichbare<br />
Funktion verfügte (Quester<br />
25.8.2009). Sicher ist auch zutreffend,<br />
dass Leipzig zunächst sowohl stadt- und<br />
kulturhistorisch als auch zeitgeschichtli<br />
che wichtigere Gebäude besitzt – etwa die<br />
„89er-Ikone“ (Quester 25.8.2009) Nikolaikirche<br />
und die Thomaskirche. Allerdings<br />
bieten diese historischen Gebäude in weit<br />
geringerem Maße Anlass zur Auseinandersetzung<br />
mit dem Gebäude und seiner Geschichte<br />
(vgl. Heymann 26.8.2009). Durch<br />
eine Vermittlung, die die vielfältigen historischen<br />
Bezüge und ihre unterschiedlichen<br />
Interpretationen aufgreift, die innerhalb<br />
der Debatte deutlich geworden sind,<br />
ist es möglich, diese Auseinandersetzung<br />
mit dem Gebäude zu fördern. Allerdings<br />
ist nicht bekannt, dass hierfür Pläne jenseits<br />
von monatlichen Baustellenführungen<br />
und der touristischen Vermarktung<br />
bestehen, von der allerdings auch Wirkungen<br />
auf die Leipziger Bevölkerung durch<br />
die Erzählung von Gästen oder den touristischen<br />
Blick auf die eigene Stadt möglich<br />
sind. Ob dies, wie Stötzner (28.8.2009) vermutet,<br />
tatsächlich mit dem ursprünglichen<br />
Entwurf van Egeraats einfacher gewesen<br />
wäre, lässt sich wohl tatsächlich erst nach<br />
Fertigstellung beurteilen – zumal momentan<br />
Diskussionen um Kosteneinsparungen<br />
bestehen (vgl. Gormsen 10.9.2009). Da es<br />
sich allerdings um eine populäre Architektur<br />
zu handeln scheint, sind Veränderungen<br />
im Detail und vor allem im Innenraum<br />
möglicherweise zu verschmerzen, zumal<br />
die fachliche Einschätzung zum Teil auch<br />
Egeraats ursprünglichen Entwurf negativ<br />
bewertete (vgl. Schroth/Tesch 26.8.2009,<br />
Koch/Koch 2006: 67–72). Selbst die Glaswand<br />
könnte noch eine Anregung zur Auseinandersetzung<br />
bieten und letztlich zur –<br />
möglicherweise kritischen – Identifikation<br />
dienen. Ob das Gebäude kirchlich genutzt<br />
und in welchem Maße die Leipziger Bevölkerung<br />
christlich oder säkular ist (vgl.<br />
Seyfarth 2009), erscheint hingegen nicht<br />
unbedingt relevant für diese Form der<br />
Identifikation.<br />
(Touristische) Vermarktung<br />
Schon in der Bauphase ist das Paulinum<br />
Station von Stadtführungen und wird das<br />
dort Erklärte in der Thomaskirche mit<br />
Blick auf den Paulineraltar aufgegriffen.<br />
Darin zeigt sich nicht nur, wie stark der<br />
Neubau in die Stadtgeschichte integriert<br />
ist und dass bereits der Rohbau reicht, um<br />
für eine entsprechend Vermittlung Anlass<br />
zu bieten, es in die touristische Präsentation<br />
der Stadt zu integrieren. Damit dient