PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
235<br />
Der Wiederaufbau des Thurn-und-Taxis-<br />
Palais ist nicht als Rekonstruktion zu betrachten,<br />
die auf das ursprüngliche Gebäude<br />
des 18. Jahrhunderts zurückgeht.<br />
Nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten<br />
handelt es sich nicht um eine originalgetreue<br />
Rekonstruktion, sondern um<br />
eine verfälschende Nachbildung, die sich<br />
zwar am historischen Vorbild orientierte,<br />
aber gleichzeitig sehr weit vom Original<br />
entfernte (vgl. hierzu Verhoeven 2009).<br />
Für den hessischen Landeskonservator<br />
Christoph Mohr hat das heutige Ergebnis<br />
nichts mit Denkmalpflege zu tun (Mohr<br />
23.09.2009).<br />
Durch die gravierenden städtebaulichen<br />
Änderungen infolge des Stadtumbaus verändert<br />
sich nach dem ersten Wiederaufbau<br />
nun zum zweiten Mal innerhalb weniger<br />
Jahrzehnte die räumlich-städtebaulichen<br />
Situation, in die das Gebäude eingebettet<br />
ist. Im Vergleich zu den vergangenen Zäsuren<br />
ist festzustellen, dass man sich erneut<br />
immer weiter vom ursprünglichen<br />
Stadtgrundriss entfernt hat. Im Vergleich<br />
zur Ursprungssituation steht das Gebäude<br />
nach seiner Errichtung als Solitär in<br />
extrem veränderter städtebaulicher Umgebung.<br />
Es steht, trotz eingehaltener Abstandsflächen<br />
zu den anderen Gebäuden<br />
des Ensembles, weder in räumlicher Beziehung<br />
mit der neu entstandenen umgebenden<br />
Platzfläche (Thurn-und-Taxis-Platz),<br />
noch zu den Hochhaustürmen im inneren<br />
Grundstücksteil. Eine wirkliche städtebauliche<br />
„Inszenierung“ des Bauwerks ist ausgeblieben.<br />
In diesem Zusammenspiel stellt<br />
das Ensemble zwar einen Kontrast zwischen<br />
historischer und zeitgenössischer<br />
Architektur dar, durch die monumentale<br />
Wirkung der Hochhaustürme und das<br />
im Vergleich zum Originalmaßstab in seiner<br />
baulichen Kubatur verkleinerte Bauwerk<br />
entsteht hingegen der Eindruck des<br />
„Erschlagenwerdens“. Mohr nennt das entstandene<br />
Ensemble deshalb eine „absurde<br />
Architekturkomposition“. Die städtebauliche<br />
Situation habe sich „verschlimmbessert“<br />
(Mohr 23.09.2009).<br />
Auch Lüpke (22.09.2009) hadert mit der<br />
entstandenen städtebaulichen Situation<br />
und der Ausführung der Rekonstruktion,<br />
obwohl er sie nach wie vor befürwortet,<br />
den Prozess nach den Erfahrungen<br />
mit diesem Gebäude aber anders organi<br />
Abbildung 18<br />
Das PalaisQuartier aus der Luft (Computersimulation)<br />
Quelle: PalaisQuartier GmbH & Co. KG/Pressefoto<br />
sieren würde. Seine eigene harte Position<br />
im Hinblick auf die Rekonstruktion habe<br />
sich im Laufe des Prozesses stark geändert,<br />
so dass er diese bei Nachfolgeprojekten<br />
so nicht mehr einnehmen würde. Die<br />
finanziellen Restriktionen des Investors<br />
(u. a. wegen des hohen Grundstückspreises)<br />
führten dazu, dass die Stadtplanung<br />
in manchen Fragen der Rekonstruktion<br />
weniger hart verhandelte. Damit bestand<br />
die Zwickmühle, einerseits das Palais, aber<br />
andererseits eine Stärkung des Einzelhandels<br />
zu wollen (ebd.).<br />
Ein weiterer Unterschied zur ursprünglichen<br />
Situation liegt in der Tatsache,<br />
dass die früher in sich geschlossene Anlage,<br />
hinter der sich die repräsentativen<br />
Hauptgebäude und der Garten des Fürsten<br />
zum umgebenden Stadtraum befanden<br />
und „abschotteten“, nun für die Stadtgesellschaft<br />
geöffnet wurde. Das heutige<br />
Palais bildet das Entree einer öffentlichen<br />
Durchwegung durch den innerstädtischen<br />
Block, die sich von der Großen Eschenheimer<br />
Straße im Westen über den neu geschaffenen<br />
Thurn-und-Taxis-Platz bis<br />
hin zur südlich liegenden Zeil als innerstädtische<br />
Hauptgeschäftzone im Süden<br />
zieht. Die Passage dient somit als verknüpfendes<br />
Element zweier Gebäude mit<br />
dem eingeschossigen Palais als kleiner