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Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Hintergründe<br />

23<br />

3.23 Der Nachkriegswiederaufbau:<br />

Rekonstruktion als Ausnahme<br />

oder gängige Praxis<br />

Bis zum Beginn des Wiederaufbaus nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg sind kaum Rekonstruktionsvorhaben<br />

bekannt, war die erste<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts doch ganz<br />

überwiegend durch Kriegswirtschaft und<br />

Weltwirtschaftskrise geprägt. Hier sei allerdings<br />

wiederum auf einen Fall verwiesen,<br />

der in der Tradition der genannten Beispiele<br />

des 19. Jahrhunderts steht: Burg Stahleck,<br />

ebenfalls im oberen Mittelrheintal gelegen<br />

und ebenfalls im Pfälzischen Erbfolgekrieg<br />

zerstört, wurde zwischen 1925 und 1935<br />

als Jugendherberge wiedererrichtet. Hierin<br />

zeigt sich eine Kontinuität des Themas<br />

auch in geschichtlichen Perioden, in denen<br />

aus unterschiedlichen Gründen kein starker<br />

Trend für solche Bauvorhaben besteht.<br />

Ein anderer Fall ist die Fuggerkappelle in<br />

der ehemaligen Klosterkirche St. Anna in<br />

Augsburg, die in den Jahren 1920 und 1921<br />

wiedererstand. Dafür wurden nach genauer<br />

Vorarbeit sowohl erhaltene, aber verstreute<br />

Teile als auch Nachbauten zusammengefügt.<br />

(Fischer 2005)<br />

Insbesondere die Zerstörungen der Weltkriege<br />

stellten also das Restaurierungsverbot<br />

auf eine schwere Probe, so dass<br />

sich gerade nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

eine vielgestaltige Wiederaufbaupraxis<br />

mit unterschiedlich „strenger“ Auslegung<br />

des Rekonstruktionsverbots durchsetzte.<br />

Die Chance, der modernen Architektur<br />

nach der Zerstörung zum Durchbruch<br />

zu verhelfen, wurde vielerorts in Deutschland<br />

genutzt, und eine Rekonstruktionstätigkeit<br />

im engeren Sinne beschränkte sich<br />

letztlich auf wenige symbolische Bauten.<br />

Durch den enormen Umfang der Zerstörung,<br />

der nicht nur einzelne Gebäude und<br />

Ensembles, sondern teilweise ganze Stadtviertel<br />

umfasste, wurde Wiederaufbau<br />

nicht nur zu einem Prozess von besonderer<br />

gesellschaftlicher Relevanz, sondern<br />

letztlich sogar zum Bestimmungsmerkmal<br />

der Epoche. In der Wiederaufbauphase<br />

konkurrierten bundesweit zwei wesentlich<br />

unterschiedliche Ansätze Der eine war<br />

die Planung von „neuen Städten auf altem<br />

Grund“ (Lüken-Isberner 1992; In: von Beyme<br />

et al. 1992: 251–266), die sich am Leitbild<br />

der städtebaulichen Moderne orientieren<br />

sollten und in denen historische<br />

Gebäude entweder auf wenige Ensemb­<br />

les oder gar nur auf Einzelbauten reduziert<br />

wurden, die als historische Landmarken<br />

in der Stadtlandschaft stehen würden.<br />

Der andere war die weitgehende Orientierung<br />

am historischen Vorbild, wobei Anpassungen<br />

an die technische Entwicklung<br />

(insbesondere die Motorisierung durch<br />

Straßenverbreiterungen) und zumindest<br />

außerhalb historischer Kernbereiche die<br />

Verwendung zeitgenössischer Bautypen,<br />

architektonische Vereinfachungen und<br />

eine nicht originalgetreue Materialwahl<br />

die Regel waren.<br />

Huse (1984: 187–188) sieht in der Nachkriegszeit<br />

in der städtebaulichen Dimension<br />

eine eindeutige Dominanz der Neuplanungen<br />

gegenüber dem städtebaulichen<br />

Denkmalschutz einschließlich Teilrekonstruktionen,<br />

wenngleich von Beyme<br />

(1989: 36) andererseits einschränkt, dass<br />

diese selten „megalomane“ Züge aufwiesen<br />

und vor allem die Straßenzüge schon<br />

wegen der in ihrem Verlauf verlegten unterirdischen<br />

Leitungsnetze meist respektiert<br />

wurden. Wesentliche Ausnahmen<br />

sind Münster und Nürnberg.<br />

Im westfälischen Münster wurde eine zunächst<br />

erwogene Verlegung des Geschäftszentrums<br />

aufgrund des Widerstands der<br />

Einzelhändler aufgegeben und stattdessen<br />

der Prinzipalmarkt als traditionelles Zentrum<br />

wiedererrichtet. Während der Grundriss<br />

des Marktplatzes dabei durch Verwendung<br />

der Grundmauern erhalten blieb,<br />

Abbildung 4<br />

Bebauungsplan zum Wiederaufbau der Kasseler Innenstadt (1954)<br />

Quelle: gemeinfrei

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