PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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240 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
Nutzung und Zugänglichkeit nach der Eröffnung<br />
zu verzeichnen sein wird.<br />
Bezweifelt werden darf angesichts der bisherigen<br />
Wirkung der Rekonstruktion die<br />
Einschätzung des Stadtverordneten Stefan<br />
Majer (Grüne), dass die „spannungsvolle<br />
Kombination aus hochmoderner Architektur<br />
und Rekonstruktion“ viele Menschen<br />
anspricht und den Reiz der Innenstadt<br />
ausmachen wird. Auch muss an dieser<br />
Stelle seiner Einschätzung widersprochen<br />
werden, dass Laien den wahren Wert einer<br />
Rekonstruktion erkennen und wertschätzen<br />
können, wie Majer es in seiner Argumentation<br />
angeführt hat.<br />
(Touristische) Vermarktung<br />
Aufgrund des Potenzials, das dem wieder<br />
aufgebauten Thurn-und-Taxis zugeschrieben<br />
wird, wurde die Rekonstruktion in die<br />
gezielte Vermarktungsstrategie des Investors<br />
bzw. Betreibers eingebunden. Ob diese<br />
erfolgreich Kunden als Zielgruppe anlocken<br />
wird, kann erst nach der Öffnung<br />
des Gebäudes abschließend beantwortet<br />
werden. Gleichwohl deuten die Aussagen<br />
Lüpkes, Mohrs und Bartetzkos zum Identifikationsgrad<br />
darauf hin, dass das Gebäude<br />
unabhängig von der inneren Nutzung<br />
schon heute wegen der schlichten<br />
Tatsache des „Vorhandenseins“ und wegen<br />
der äußeren Ästhetik von der Frankfurter<br />
Bevölkerung angenommen wird. Auch die<br />
von den Denkmalpflegern geäußerte Kritik<br />
wird potenzielle Besucher wohl nicht<br />
davon abhalten, das rekonstruierte Palais<br />
als schön zu empfinden und zu akzeptieren.<br />
Dies legt die Vermutung nahe, dass<br />
die zukünftigen Kunden alleine schon aus<br />
der erweckten Neugier über das Gebäude<br />
„mit historischem Ambiente“ dieses nutzen<br />
werden, weniger aus geschichtlichem Interesse,<br />
sondern vor allem wegen des konsumorientierten<br />
Nutzungsangebots.<br />
Im Gegensatz dazu sind Aktivitäten einer<br />
touristischen Vermarktung noch nicht<br />
zu verzeichnen, obwohl das Palais sicherlich<br />
auch hier Potenziale aufweist. Über<br />
die Frage, ob sich das Gebäude wirklich<br />
zu einem „Highlight“ und einer „besonderen<br />
Attraktion“ für Frankfurter und auswärtige<br />
Besucher entwickeln wird, wie es<br />
die Befürworter in der Rekonstruktionsdebatte<br />
vorausgesehen hatten, kann an<br />
dieser Stelle nur spekuliert werden. Dies<br />
würde voraussetzen, dass eine Rekonstruktion,<br />
egal ob sie originalgetreu gemacht<br />
wurde oder nicht, gleichzeitig eine<br />
hohe Identifikation garantiert. Dagegen<br />
sprechen Aspekte wie etwa die im Gegensatz<br />
zur Altstadt vergleichsweise geringe<br />
Verwurzelung im Geschichtsbewusstsein<br />
und im kollektiven Gedächtnis der<br />
Frankfurter Stadtgesellschaft, der geringe<br />
Emotionalitätsgrad und die geringe<br />
Symbolkraft des Gebäudes – denn bisher<br />
strahlt dieses trotz des äußeren Schmuckkästcheneffekts<br />
vor allem den Charme eines<br />
„Konsumtempels“ aus. Vielleicht wird<br />
das Palais im Gegensatz zur Altstadt auch<br />
einfach nicht als „typisch frankfurterisch“<br />
eingestuft. Ungeachtet dessen ordnet sich<br />
damit das Thurn-und-Taxis-Palais als ein<br />
Gebäude unter vielen in die Reihe von<br />
Wiederaufbauprojekten ein, die nach ihrer<br />
Errichtung das heutige und zukünftige<br />
Frankfurter Stadtbild prägen. Es bleibt abzuwarten,<br />
ob hiermit die in der derzeitigen<br />
Ära der Frankfurter Stadtpolitik vertretene<br />
Strategie einer erhofften Imagesteigerung<br />
und Profilierung im Standortwettbewerb<br />
der Städte aufgehen wird.<br />
5.5 Einflussfaktoren auf<br />
Entscheidungsprozesse über<br />
Rekonstruktionsvorhaben und<br />
deren Merkmale<br />
Die ausführlichen Analysen der unterschiedlich<br />
profilierten Fallstudien zeigen<br />
deutlich auf, wie vielfältig sich die Rahmenbedingungen<br />
vor Ort auf die Form<br />
und den Ausgang von Wiederaufbau-Verfahren<br />
auswirken können. Einige besonders<br />
bemerkenswerte Beobachtungen sollen<br />
im Folgenden noch einmal gesondert<br />
hervorgehoben werden. Dabei soll, wo<br />
möglich, auch auf andere als die zuvor untersuchten<br />
Beispiele eingegangen werden.<br />
Sinnvolle Ergänzungen bieten hier insbesondere<br />
die drei im Rahmen der BMVBS-<br />
Baukulturwerkstatt behandelten Wiederaufbauvorhaben,<br />
das im nachfolgenden<br />
Kapitel aufgegriffene Berliner Stadtschloss<br />
sowie das von Wagner-Kyora (2009) ausführlich<br />
untersuchte Braunschweiger Residenzschloss.