PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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272 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
in Teilen der Feuilleton- und Fachbeiträge<br />
als solche aufgebaut wird.<br />
Fortführung der Debatte um Erfordernis,<br />
Nutzung, Kosten und Authentizität<br />
Schon am Tag nach der Pressekonferenz<br />
stellt Severin Weiland (28.11.2008) fest,<br />
dass der „Meinungskrieg […] weiter [gehe]“.<br />
Obwohl der Entwurf durch die Verbindung<br />
von rekonstruierten und modernen Teilen<br />
– also durch Lösung der Wettbewerbsaufgabe<br />
– das Potenzial besitze, zu einer Beilegung<br />
des Streits beizutragen, könne<br />
man „getrost darauf vertrauen, dass auch<br />
der Siegerentwurf von den Gegnern zerpflückt“<br />
werden würde. Schon während<br />
der Vorstellung habe es Detailfragen wie<br />
die nach der Unterbringung der großen<br />
Museumsexponate gegeben. Tatsächlich<br />
hat Bruno Flierl (zit. in: Nedo, 28.11.2008)<br />
die Kritik bereits während der Pressekonferenz<br />
weiter gefasst, indem er das Nutzungskonzept<br />
scharf kritisiert. Nicht die<br />
hier präsentierte Fassade sei wichtig, sondern<br />
eine Nutzung, die den Bürgern etwas<br />
bringe, anstatt „nur Museen unterzubringen,<br />
die […] Raumnot haben“. Ähnliche<br />
Vorahnungen wie Weiland hat auch Peter<br />
Richter (29.11.2008), der prognostiziert,<br />
es werde „alles so weitergehen wie in den<br />
letzten 15 Jahren. Mit einem Unterschied:<br />
es wird noch schlimmer. Noch lähmender.<br />
Noch bekümmernder.“ Er selber allerdings<br />
nutzt seinen FAZ-Artikel im Wesentlichen,<br />
einerseits erheblich Kritik an Stellas Entwurf<br />
(s.u.) zu üben und andererseits auf<br />
zwei bekannte Schwachpunkte des Vorhabens<br />
zu verweisen: die unangemessene<br />
Nutzung durch das Humboldtforum als<br />
„Mittel zum Zweck“ und das Fehlen von<br />
Handwerkern für die Steinmetzarbeiten.<br />
Allerdings bemüht er sich auch darum, die<br />
Debatte auf den aktuellen Stand zu bringen:<br />
Durch den Palastabriss dürfe „man<br />
sich aus einer geschichtlich und staatsbürgerlich<br />
begründeten Verpflichtung zur Anteilnahme<br />
hier entbunden fühlen“.<br />
Spätestens mit dem Artikel von Christoph<br />
Seils (29.11.2008) einen weiteren Tag später<br />
beginnt dann die wohl zu erwartende Reihe<br />
der Meinungsbekundungen, die weniger<br />
das konkrete Ergebnis als vielmehr das<br />
Vorhaben als solches kritisieren und das<br />
aus ihrer Sicht zumeist ebenfalls unbefriedigende<br />
Wettbewerbsergebnisse hier<br />
für als einen – durchaus willkommenen –<br />
Anlass nehmen. „Stoppt das Stadtschloss“,<br />
fordert Seils dementsprechend bereits in<br />
der Überschrift, und nennt den Wiederaufbau<br />
gleich im zweiten Satz „borniert<br />
und überflüssig“, das Gegenteil des Berliner<br />
Images einer „kreativen Stadt“. Anstatt<br />
„mutig“ einen zeitgenössischen Bau<br />
zu wagen, flüchte sich Berlin „lieber ängstlich<br />
in die Vergangenheit“. Sodann wiederholt<br />
er eine Reihe der üblichen Argumente:<br />
die Symbolik des Palastabrisses und<br />
Schlossneubaus, die geringe Eignung für<br />
die Museumsnutzung, die wahrscheinlich<br />
die geschätzte Summe noch übersteigenden<br />
Baukosten. Wenngleich es „vielen Berlinern<br />
[…] mittlerweile schnuppe [sei], was<br />
auf dem Schlossplatz passiert“, die Politik<br />
sich anderen Themen zugewendet habe<br />
und die Architektenschaft nur mehr durch<br />
Verweigerung protestiere, sieht er im Hinweis<br />
der Jury, dass das Wettbewerbsergebnis<br />
„‚einen guten Ausgangspunkt“ biete,<br />
die Chance, dass es doch noch jemand<br />
wagen könnte, „den Irrtum zu korrigieren“.<br />
Zusätzlichen Auftrieb gewinnen entsprechende<br />
Kritiken sicher durch die Äußerung<br />
mehrere Jury-Mitglieder, unter<br />
anderem des Vorsitzenden Vittorio Lampugnani,<br />
die vorab die engen Wettbewerbsvorgaben<br />
und insbesondere das Rekonstruktionsgebot<br />
kritisiert haben (vgl.<br />
etwa Weiland 28.11.2009).<br />
Das von Seils ganz allgemein angeführte<br />
Baukosten-Argument erhält dann gut zwei<br />
Wochen später weiteren Auftrieb durch einen<br />
Bericht des Bundesbauministeriums<br />
an den Haushaltsausschuss des Bundestages,<br />
demzufolge Stellas Entwurf den vorgegebenen<br />
Kostenrahmen nicht einhalten<br />
könne und der entsprechende Nachbesserungen<br />
einfordert (Ij/dpa/hed 16.12.2008).<br />
Eckhard Fuhr (17.12.2008) stellt wiederum<br />
in Frage, ob angesichts der Wirtschaftskrise<br />
der Spendeneingang in der erwarteten<br />
Höhe und Geschwindigkeit realisiert<br />
werden könne. Die daraufhin entstehende<br />
„allgemeine Kostendebatte“ veranlasst den<br />
Architekten- und Ingenieur-Verein (AIV<br />
20.1.2009) dazu, ein „Konjunkturpaket für<br />
die Baukultur des Stadtschlosses“ zu fordern<br />
(vgl. auch Jenatsch 2009), da schon<br />
bei der Wettbewerbsausschreibung hätte<br />
klar sein müssen, dass die veranschlagten<br />
Mittel nicht ausreichen würden.