PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
96 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
de Bildhaftigkeit durchaus auch für Ruinen<br />
gilt (vgl. Wagner-Kyora 2004: 89).<br />
Neben dieser gesteigerten Nachfrage der<br />
Medienschaffenden nach Ereignissen,<br />
Nachrichten und Bildern, die ihnen eine<br />
Verwertung ermöglichen, besteht auch auf<br />
der Anbieterseite der politisch handelnden<br />
– bzw. letztlich aller in einem öffentlichen<br />
Wettbewerb stehenden, einschließlich<br />
der Städte – ein Drang zur „Selbstmedialisierung“,<br />
die aus einer Abhängigkeit von<br />
der medialen Präsenz für den eigenen Erfolg<br />
resultiert. (Meyer/Ontrüp 1998) Meyer<br />
(2002: 12) sieht in dieser eigenständigen Inszenierung<br />
gar einen Ideologieersatz nach<br />
dem Wegfall der Systemkonkurrenz. Er<br />
beschreibt mit Event-Politik (Scheinereignisse),<br />
Image-Projektion und Scheinhandlung<br />
drei wesentliche Strategien, die letztlich<br />
mit der höfischen Öffentlichkeit und<br />
herrschaftlichen Selbstdarstellung vor-demokratischer<br />
Gesellschaften vergleichbar<br />
seien (Schicha 1999). Entsprechend können<br />
Wiederaufbauvorhaben zum einen<br />
Teil solcher Inszenierungsstrategien der<br />
Städte oder städtischen Eliten bilden, die<br />
als Inhalt dann auch ein bestimmtes Geschichtsbild<br />
vermitteln sollen.<br />
Da die mediale Vermittlung den Unterschied<br />
zwischen Original und „Fälschung“<br />
bzw. Rekonstruktion weiter unschärfer<br />
werden lässt und zumeist ein Großteil des<br />
„Publikums“ einer Wiederherstellung diese<br />
(zunächst) nur medial vermittelt erlebt,<br />
verliert die Originalität eines Gebäudes gegenüber<br />
seiner (zumal indirekten, auf das<br />
optische reduzierten) Wirkung. Entsprechend<br />
der Unterscheidungsschwierigkeiten<br />
zwischen inszeniertem politischem<br />
Theater und realer Auseinandersetzung<br />
(Meyer 2002: 12–13) werden dieses für Wiederherstellungen<br />
ohnehin bestehende Problem<br />
in der medialen Präsentation noch<br />
verstärkt, wenngleich hier andererseits<br />
auch eine erweiterte Möglichkeit besteht,<br />
zusätzliche Inhalte zu transportieren.<br />
Wiederaufbauten stellen im Prinzip in<br />
sich selbst Massenmedien dar, die die ursprüngliche<br />
Wirkung eines verlorenen<br />
Gebäudes und seine Geschichtlichkeit<br />
vermitteln können, sofern dies durch ermöglicht<br />
wird. Am deutlichsten ist diese<br />
Wesensart sicher bei musealen Nachbauten<br />
(wie etwa steinzeitlichen Siedlungen<br />
oder dem Globe Theatre in London) er<br />
kennbar. Doch wird sie auch für andere<br />
Rekonstruktionen behauptet und insbesondere<br />
als Argument gegen eine behauptete<br />
Geschichtsfälschung angeführt. Insofern<br />
ließe sich zur Auswirkung des<br />
„Mediums“ Rekonstruktion auf die Wahrnehmung<br />
von Geschichte in ähnlicher<br />
Weise reagieren wie auf die der Kolonisierung<br />
der Politik durch die Massenmedien.<br />
Meyer (2002: 7) sieht hier nicht die puristisch-elitäre<br />
Abneigung gegen die populär-kulturellen<br />
Künste im Vordergrund. Er<br />
fragt vielmehr, ob die mediale Vermittlung<br />
noch hinreichende Informationen zum<br />
tatsächlichen politischen Geschehen (jenseits<br />
des für die Medien inszenierten Theaters)<br />
biete.<br />
4.3 Erwartungen an Rekonstruktionen<br />
und deren potenzielle<br />
Funktionen<br />
Als einen zusätzlichen Versuch der Systematisierung<br />
des aktuellen Rekonstruktionsgeschehens<br />
in der Bundesrepublik<br />
Deutschland soll im Folgenden eine Gliederung<br />
der an die wiederhergestellten<br />
Bauten und Räume gerichteten Hoffnungen<br />
hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und<br />
Funktionalität erstellt werden. Dies erfolgt<br />
auch im Sinne der These Seyfarths (vgl.<br />
Kapitel 6), der den Akteuren der Rekonstruktionsbewegung<br />
Pragmatismus unterstellt<br />
und ihre Bemühungen für Wiederaufbauten<br />
als ein eindeutig zielgerichtetes,<br />
zweckbestimmtes Handeln begreift. Der<br />
These soll hier zunächst versuchsweise gefolgt<br />
werden. Ausgehend von der Identifikation<br />
und Beschreibung von Funktionen,<br />
die innerhalb von lokalen Rekonstruktionsdebatten<br />
wie auch im bundesweiten<br />
Diskurs als Motivationen für Wiederaufbauvorhaben<br />
genannt werden, soll analysiert<br />
werden, welche Argumente für bzw.<br />
gegen die Fähigkeit von Rekonstruktionen<br />
sprechen, diese Funktionen auch tatsächlich<br />
wahrzunehmen. Daraus ergibt<br />
sich letztlich auch die Möglichkeit einer<br />
ersten Überprüfung von Seyfarths These:<br />
Erscheint die überwiegende Zahl der genannten<br />
potentiellen Funktionen als nicht<br />
realisierbar, so erscheint letztlich auch der<br />
Pragmatismus ihrer Verfechter fraglich.<br />
Da davon ausgegangen wird, dass in den<br />
meisten Fällen eine eindeutige Klärung der<br />
tatsächlichen Fähigkeit – noch dazu über