PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Grundlagen für eine Qualifizierung der Debatten über „Identität durch Rekonstruktion“<br />
293<br />
Zugänglichkeit und Möglichkeit der Beteiligung<br />
und Bereitstellung von Inhalten erlaubt<br />
die Identifizierung von Gebäuden,<br />
die abseits von Fachkreisen als identitätsstiftend<br />
angesehen werden oder zumindest<br />
von besonderer öffentlicher Bedeutung<br />
sind. Die jeweilige Rückkoppelung<br />
zwischen den Informationsquellen und<br />
eine fallbezogene vertiefende Recherche<br />
dienen der Sicherung der Validität.<br />
Entsprechend den vielschichtigen Dimensionen<br />
identitätsstiftender Wirkungen ist<br />
die überwiegende Zahl der aufgeführten<br />
Gebäude oder Orte mehreren Typen zuzuordnen.<br />
Zur besseren Übersichtlichkeit<br />
hervorgehoben ist in der zusammenfassenden<br />
Tabelle, die die typologische Einstufung<br />
deutlich macht, die jeweils dominierende<br />
oder populäre Wahrnehmung<br />
und Belegung.<br />
Zur vertiefenden Auseinandersetzung<br />
wurden hieraus drei Fallbeispiele ausgewählt,<br />
die sich in Erbauungszeitpunkt,<br />
Nutzung, Geschichte und Funktion unterscheiden<br />
und einer detaillierten Analyse<br />
auf ihre identitätsstiftende Wirkung unterzogen.<br />
Neben dem Fernsehturm in Berlin<br />
zählen dazu der Olympiapark in München<br />
und das Hansaviertel in Berlin.<br />
Nutzung mit biographischem Bezug<br />
Im Zentrum stehen hier funktionale Eigenschaften<br />
als Auslöser der Frequentierung.<br />
Diese wird durch individuelle Faktoren<br />
bestimmt, weshalb die Architektur in<br />
den Hintergrund tritt.<br />
• Intensive stadtteilbezogene Nutzung:<br />
Grundlage der Etablierung ist eine stabile<br />
Nutzerschaft, die durch ein oder mehrere<br />
schwer definierbare Qualitätsmerkmale<br />
angesprochen wird, etwa eine gute<br />
Erreichbarkeit, Raum für Nischennutzungen,<br />
individuelle Aneignungs- oder<br />
Versorgungsmöglichkeiten. Auffällig ist,<br />
dass die architektonische Ansprache im<br />
Hintergrund steht oder sogar auf Ablehnung<br />
trifft. Dementsprechend können<br />
Sichtbeton und eine nüchterne Formensprache,<br />
unauffällige oder hässliche Gebäude<br />
wegen einer speziellen Nutzungsattraktivität<br />
und -historie Identifikation<br />
stiften. Ein Beispiel ist die Hamburger<br />
Großmarkthalle. Die unter Denkmalschutz<br />
stehende Spannbetonhalle ist<br />
nicht nur den nach Hamburg einfahren<br />
den Bahnpassagieren bekannt, sondern<br />
fungiert als ein Versorgungszentrum der<br />
Stadt. Die Karl-Marx-Allee und das Hansaviertel<br />
in Berlin sind Baudenkmale, die<br />
unterschiedliche Staats- und Bauideologien<br />
repräsentieren und als Symbol<br />
der gesellschaftlichen Modernisierung<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg dienten. In<br />
der heutigen Wahrnehmung sind sie jedoch<br />
primär beliebte Wohngegenden.<br />
Als Beispiele, die zwar auch aufgrund<br />
der Nutzung wahrgenommen werden,<br />
bei denen allerdings andere Merkmale<br />
in identitätsstiftenden Wirkungen überwiegen,<br />
sind die Grindelhochhäuser in<br />
Hamburg, die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche<br />
in Berlin und die DITIB-Merkez-Moschee<br />
in Duisburg anzuführen.<br />
• Erfolgreiches Kultur-, Veranstaltungsoder<br />
Sportzentrum: Wegen herausragender<br />
Veranstaltungen oder entsprechender<br />
räumlicher Qualitäten (Akustik,<br />
Großzügigkeit des Innenraums usw.)<br />
werden – sogar ansonsten wenig bedeutsame<br />
– Gebäude zu in der breiten<br />
Öffentlichkeit bekannten und hoch geschätzten<br />
Treffpunkten. Als Leitgebäude<br />
in dieser Richtung ist sicherlich das<br />
Centre Pompidou in Paris zu benennen.<br />
In Deutschland anzuführen sind z. B.<br />
das Amphitheater Nordstadtpark in Gelsenkirchen,<br />
das Aalto-Theater in Essen,<br />
das Schauspielhaus in Bochum und der<br />
Olympiapark München. Allesamt bestechen<br />
auch durch eine ansprechende Architektur,<br />
werden allerdings vielmehr<br />
als Veranstaltungsorte kultureller, musikalischer<br />
und Sportevents geschätzt und<br />
aufgesucht. Weitere Beispiele sind die<br />
Bundeskunsthalle (Bonn) und die Allianz<br />
Arena (München).<br />
• Uniforme Wiedererkennung: Vielfach<br />
weisen z. B. Einkaufsstraßen und Einkaufszentren,<br />
wie die Porschestraße<br />
(Wolfsburg), der Westenhellweg (Dortmund),<br />
das Stern-Center (Potsdam) und<br />
das Forum Allgäu (Kempten), durch das<br />
Vorkommen identischer Ladenketten<br />
und wiederkehrende Gestaltungsmuster<br />
eine hohe Uniformität auf. Ausgerichtet<br />
an „international funktionierenden<br />
Maßstäben für Einkaufs- und Freizeitzentren“<br />
(Hauser 2007: 34) werden lokale<br />
Eigenheiten augenscheinlich überformt.<br />
Diese Orte könnten oftmals an anderer<br />
Stelle ebenso ihren Standort finden