PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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118 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
private Initiativen verhindert und Grundeigentum<br />
enteignet werden konnte. Sie<br />
führte, wie bereits erläutert, zu einer radikalen<br />
Beräumung des Ruinenfelds. Im<br />
Ergebnis entstand zunächst am Altmarkt<br />
eine Dresdener Barockmotive zitierende<br />
Randbebauung. Dem Aufbrechen des historischen<br />
Stadtgrundrisses am Altmarkt<br />
folgte der Bereich der Wilsdruffer Straße,<br />
die nach ihrem Ausbau und der Umbenennung<br />
zur Ernst-Thälmann-Straße als neue<br />
Ost-West-Erschließungsstraße sowie Demonstrations-<br />
und Aufmarschmagistrale<br />
fungierte (vgl. Landeshauptstadt Dresden<br />
2008: 19, Schwarzbach 2000: 18, Donath<br />
2006: 104). Das geplante Turmgebäude<br />
wurde nach erbitterten Auseinandersetzungen<br />
nicht errichtet, an seiner Stelle trat<br />
der spätere Flachbau des Kulturpalastes<br />
(Paul 1997: 25). Im Nachhinein wertet die<br />
Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden<br />
e.V. (2000: 7) den „politischen Ehrgeiz,<br />
aus Dresden eine sozialistische Großstadt<br />
zu machen“ als einen glücklichen Umstand,<br />
der das Areal um die Frauenkirche<br />
mit einer Nachkriegsbebauung verschont<br />
hat. Gleichwohl hebt der Verein deutlich<br />
hervor, dass durch den „Verzicht auf<br />
die Wiederherstellung des Altmarktes zu<br />
Gunsten einer Neukonzeption“ und durch<br />
das „Auslöschen der gewachsenen Strukturen“<br />
weder am Altmarkt noch am Neumarkt<br />
kein neues Stadtzentrum entstehen<br />
konnte (ebd.: 8).<br />
Ein 1950 durchgeführter städtebaulicher<br />
Wettbewerb für das Neumarktgebiet war<br />
von „luftkriegssicherer“ Blockrandebauung<br />
und großen öffentlichen Freiflächen<br />
geprägt. Die Idee, den Neumarkt zu rekonstruieren,<br />
wurde bis auf Ausnahme weniger<br />
historischer Bauten aufgegeben. Dieser<br />
sollte nach Aufhebung des historischen<br />
Stadtgrundrisses mit modernen Wohnblöcken<br />
wiederbebaut werden. Der Siegerentwurf<br />
aus dem Wettbewerb zu einem<br />
„Haus der Kultur“, der ein monumentales<br />
Hochhaus als „sozialistische Höhendominante“<br />
als Abtrennung zwischen Alt- und<br />
Neumarkt vorsah, sprengte schließlich die<br />
historischen städtebaulichen Strukturen,<br />
wurde jedoch nicht realisiert (Schwarzbach<br />
2000: 18). Der Tod Stalins 1953 markierte<br />
eine Abkehr von der stalinistischen<br />
Architekturrichtung. 1955 stand nach der<br />
Baukonferenz als neue Doktrin nach sowjetischem<br />
Vorbild die Rationalisierung<br />
und Industrialisierung des Bauens im<br />
Städtebau und in der Architektur im Vordergrund.<br />
In diesem Sinne waren der Vorrang<br />
für den Industrie- und Wohnungsbau,<br />
die Anwendung industrieller Baumethoden<br />
und eine großzügige Verkehrserschließung<br />
Grundprinzipien (Schwarzbach<br />
2000: 18, Donath 2006: 105). Die Nordseite<br />
der Wilsdruffer Straße wurde mit Wohnblöcken<br />
im sachlichen Stil der „Frankfurter<br />
Moderne“ besetzt. Für den „Kulturpalast“<br />
setzte sich die moderne Konzeption<br />
von Leopold Weil in Form eines kompakten,<br />
flachen Baukörpers durch. Mit dem<br />
1969 vollendeten Bau als räumlicher Abschluss<br />
des Platzes geriet der inzwischen<br />
großflächig abgeräumte und als Parkplatzfläche<br />
genutzte Neumarkt in eine Hinterhofsituation<br />
und verödete. Bereits 1956<br />
waren im Nachgang zur Flächenenttrümmerung<br />
die wiederaufbaufähigen Ruinen<br />
der Bürgerhäuser an der Rampischen<br />
Straße gesprengt worden. Für viele Bürger<br />
stellte das Bild der politisch gewollten<br />
Zerstörung einen großen Verlust dar,<br />
obwohl es ihnen zuvor gelungen war, die<br />
Hinterlassenschaften der einstigen Bürger-<br />
und Residenzstadt zu bewahren (Kulke<br />
29.08.2009). Die Ruine der Frauenkirche<br />
wurde 1966 als begrüntes Mahnmal gegen<br />
den Krieg belassen und nicht beseitigt. Einige<br />
größere Bauten wurden wiederaufgebaut<br />
und mit kulturellen Nutzungen belegt:<br />
Zu diesen zählte das Johanneum, das<br />
1956 als Verkehrsmuseum wiedereröffnet<br />
wurde, das Albertinum sowie das 1965<br />
wieder aufgebaute Landhaus. Die Ruinen<br />
des Kurländer Palais blieben ebenso erhalten<br />
wie die Torbauten des Coselpalais. Das<br />
wenig beschädigte Polizeipräsidium erhielt<br />
1977 einen raumabschließenden, stufenförmigen<br />
Anbau in Plattenbauweise.<br />
In den Jahren 1971–1990 stellte das Wohnungsbauprogramm<br />
die Typenprojektierung<br />
in industrieller Bauweise in den<br />
Mittelpunkt, in dessen Phase vor allem<br />
Großwohnsiedlungen am Stadtrand entstanden.<br />
Die Chancen, die Stadtmitte qualitativ<br />
hochwertig zu bebauen, schwanden<br />
zunächst bis auf wenige Ausnahmen. Als<br />
ersten Hoffnungsschimmer zu damaliger<br />
Zeit werten Schwarzbach (2008) und Donath<br />
(2006) vor allem die von den innerstädtischen<br />
Rekonstruktionsvorhaben der<br />
Semperoper von 1977 und den bereits erwähnten<br />
rekonstruierten Torbauten des