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Fallstudien<br />

247<br />

Verschiedentlich ist darauf hingewiesen<br />

worden, dass unterschiedliche örtliche<br />

oder regionale Traditionen einen wesentlichen<br />

Einfluss auf den Wiederaufbau<br />

besitzen. Das gilt zunächst für die Beobachtung,<br />

dass in der ehemaligen DDR offenbar<br />

weniger prinzipienfest mit Dehio<br />

und der Charta von Venedig umgegangen<br />

werde und dies auf den Rest der Repubimmer<br />

als stichhaltig gesehen werden. Gegen<br />

die ganz schnöden immobilienwirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen ist sie<br />

aber an vielen Stellen machtlos. Daraus<br />

resultiert der weitgehende Übergang von<br />

der Leitbauten- zur Leitfassadenkonzeption,<br />

die von der Gesellschaft Historischer<br />

Neumarkt Dresden e. V (GHND) vehement,<br />

gleichwohl völlig erfolglos, beklagt<br />

wird. Wo der Politik Gesichtsverlust droht<br />

und keine immobilienwirtschaftliche Bindung<br />

besteht, setzt sich die GHND am Gewandhaus<br />

allerdings mit Unterstützung<br />

vieler Stadtratsmitglieder vehement gegen<br />

eine Realisierung des nach allen Regeln<br />

der Kunst ausgewählten Wettbewerbsentwurfs<br />

durch.<br />

In Frankfurt ergeben sich Kompromisse<br />

aus der Suche nach einer Vereinbarkeit<br />

der Umsetzung des Projekts und des Rekonstruktionswunsches.<br />

Dieser wird darüber<br />

deutlich in die Schranken gewiesen.<br />

Die gefundene Lösung ist aber trotz ihrer<br />

deutlichen Abweichung von jeglicher herrschender<br />

Lehre für die Politik offenbar<br />

zwanglos vertretbar, besänftigt sie doch so<br />

den herrschenden Konflikt, ohne dass der<br />

daraus resultierende vermeintliche Gesichtsverlust<br />

für sie problematischer einzuschätzen<br />

wäre als andere Alternativen.<br />

In Leipzig spielt das Zusammenwirken von<br />

Stadt und Universität auf der einen Seite<br />

und Freistaat Sachsen auf der anderen Seite<br />

eine wichtige Rolle. Die Universitätskirche<br />

ist jedenfalls kein solches Symbol, als<br />

dass die rekonstruktionskritischen kirchenfernen<br />

Akteure darüber übermäßig<br />

irritiert wären. Ihr Eintreten für den vermittelnden<br />

Entwurf kann im Nachhinein<br />

als integrative Geste gewertet werden. Angesichts<br />

der Tatsache, dass sich das Land<br />

auf die Kostensteigerungen eingelassen<br />

hat, haben die Rekonstruktionsgegner keinen<br />

Gesichtsverlust zu befürchten. Die Befürworter<br />

wiederum sind deutlich weniger<br />

handlungsfähig als etwa die GHND, so<br />

dass ihr vergleichsweise geringer Einfluss<br />

auf die schließlich realisierte Lösung auch<br />

ihr begrenztes Potential zum Ausdruck<br />

bringt, die gefundene Lösung als modernistischen,<br />

bürgerfeindlichen Fehlschlag<br />

zu denunzieren. Die zwischen den Positionen<br />

vermittelnde Lösung zeigt sich dabei<br />

allerdings auch im Hinblick auf Sieger und<br />

Verlierer des Prozesses als nicht eindeu­<br />

tig inter pretierbar, womit die Verhandlung<br />

über das Bauwerk in eine Diskussion seiner<br />

Bedeutung übergeht.<br />

5.55 Rekonstruktionsdebatte und<br />

Stadtproduktionsalltag<br />

Vergleicht man noch einmal die überregional<br />

diskutierten Wiederaufbauvorhaben<br />

mit dem weniger spektakulären Alltag<br />

in kleineren Städten, lässt sich bei<br />

aller Konflikthaftigkeit doch eine weniger<br />

dogmatisch geführte Debatte beobachten.<br />

Dies wird auch durch weitere Fälle<br />

bestätigt, die hier nicht im Detail untersucht<br />

wurden. Der unspektakuläre Wiederaufbau-Diskussionsalltag<br />

außerhalb<br />

von Frankfurt, Berlin und Dresden ist damit<br />

auch nicht in der Gefahr, von allen Seiten<br />

als Stellvertreterdebatte auf höchstem<br />

kulturellem und kulturkritischem Niveau<br />

in Dienst genommen zu werden. So kann<br />

sich fern aller Ideologisierungen offenbar<br />

eine unspektakuläre Wiederaufbauunterstützung<br />

einstellen, die selbstverständlich<br />

anfällig für Instrumentalisierungen durch<br />

Investoren und engagierte Einzelkämpfer<br />

ist. Ob die lokale Architektenschaft<br />

hier dagegenhält, ist an Voraussetzungen<br />

gebunden, wie sie etwa wieder in der Debatte<br />

um den Nürnberger Pellerhof in einer<br />

architektonisch-baukulturellen Initiative<br />

gegeben sind, aber keineswegs überall<br />

vorliegen. Der Fall Wesel zeigt, wie in einem<br />

solchen Umfeld die schnöde Finanzierbarkeit<br />

zum ausschlaggebenden Argument<br />

wird. In der Debatte gewinnen so<br />

Argumente an Gewicht, denen ein kulturphilosophischer<br />

Impetus über die Vertretbarkeit<br />

von Wiederaufbauvorhaben relativ<br />

fremd ist wie etwa beim Wiederaufbau<br />

des Unteren Tors in Neumarkt i. d. Opf. als<br />

Projekt einer zwanglosen Stadtreparatur,<br />

wenn auch in vereinfachter Form.<br />

5.56 Rekonstruktionsdebatte und<br />

örtliche Tradition

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