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136 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

Die Vermarktung des Neumarkts bildet<br />

lediglich ein untergeordnetes Argument<br />

in der Wiederaufbau-Debatte, wenngleich<br />

der Neumarkt mit der Frauenkirche<br />

zur touristischen Attraktion und der Wiederaufbau<br />

zum vermarktbaren Event geworden<br />

ist. Dagegen ist die Identifikation<br />

ganz wesentlich. Sie hat bereits in<br />

der Frauenkirchen-Debatte eine zentrale<br />

Rolle gespielt, wird jetzt implizit dafür<br />

bemüht, dass die Frauenkirche ein angemessenes<br />

Umfeld benötige, und schwingt<br />

ständig mit, wenn es um den Mythos<br />

von Dresden, die Betroffenheit durch die<br />

Kriegszerstörung und die Möglichkeit der<br />

Wiederherstellung einer identitätsstiftenrelle<br />

Selbstdarstellung schaffen soll und<br />

muss. […] Der so gerne gezogene kritischabfällige<br />

Vergleich mit Disneyland bringt<br />

nichts. Gewiss, das hat etwas miteinander<br />

zu tun. Aber es bedeutet keine Wertung.<br />

Disneyland gilt verlogen, als unmoralische<br />

kulturelle Verführung. Verführen kann<br />

man jemand nur zu etwas, was dieser gern<br />

möchte. Disneyland ist eine Geschmacksfrage,<br />

keine moralische Frage. Und der Unterschied<br />

zwischen Disneyland (oder einem<br />

historischen Themenpark) und dem<br />

Dresdner Neumarkt ist, dass Disneyland<br />

eine ortlose, klischeehafte Erfindung ist,<br />

während am Neumarkt versucht wird, einen<br />

authentischen historischen Ort als gebautes<br />

Bild zurück zu gewinnen.“<br />

Bedeutung von Fachargumenten<br />

Die regionale Architektenschaft stellt sich<br />

moderat gegen Rekonstruktionen. In einer<br />

Stellungnahme übernimmt der BDA<br />

Sachsen die Pehntschen Kriterien für<br />

die Vertretbarkeit von Wiederaufbauten.<br />

Grundsätzlich spricht er sich deutlich für<br />

zeitgenössische und gegen „pseudohistorische“<br />

Architektur aus. Stärker ins Detail<br />

geht er aber nicht (BDA Sachsen 2007). Die<br />

Positionierung macht die Haltung der Architektenschaft<br />

deutlich, die nahe an der<br />

auch anderswo bekannten Position ist und<br />

dabei auch kritische Rekonstruktionen des<br />

Stadtgrundrisses immer wieder mit einer<br />

gewissen Skepsis aufnimmt. Sie findet neben<br />

den öffentlichen Stellungnahmen der<br />

Berufsgruppen auch Eingang in Wettbewerbs-<br />

und Gutachterverfahrensentwürfe<br />

sowie Gestaltungskommisionspositionen<br />

wie die von Johanne Nalbach:<br />

„Am Neumarkt sollen die Leitbauten möglichst<br />

originalgetreu errichtet werden, aber<br />

nur, wenn es dafür ausreichend Vorlagen<br />

gibt. Wo das nicht möglich ist, sollte gute<br />

zeitlose Architektur die Lücken füllen, erläuterte<br />

Johanne Nalbach. Historisierende<br />

Häuser hält sie für verlogen. Das Spiel<br />

zwischen moderner und historischer Architektur<br />

funktioniert überall in der Welt.<br />

Die Dresdner sollten den Fachleuten vertrauen,<br />

die Jahrzehnte ihre Augen geschult<br />

haben.‘“ (Sächsische Zeitung vom<br />

28.03.2009).<br />

Obwohl die Architekten in der Neumarkt-<br />

Debatte selten lautstark auftreten und<br />

einzelne von ihnen immer wieder ein­<br />

mal gegen ein modern gestaltetes Bauwerk<br />

Stellung beziehen oder sich gar stärker für<br />

die Leitbauten ins Zeug legen, bilden sie<br />

den stabilen Kern einer fachlichen Argumentation<br />

für zeitgenössische Architektur<br />

sowie deren Ausgestaltung, Beurteilung<br />

und Kontextualisierung, ohne den<br />

der Konflikt über Einzelbauten vermutlich<br />

mit dem Gegenspieler GHND nicht immer<br />

wieder so scharf ausgetragen würde. Dabei<br />

kann im Handeln der Architekten keine<br />

wesentliche Abweichung vom auch<br />

anderswo vertretenen common sense beobachtet<br />

werden, so dass die Haltung aus<br />

fachlicher Sicht völlig plausibel erscheint.<br />

Angesichts der aber viel stärker mobilisierten<br />

und organisierten Gegnerschaft,<br />

die zudem viel stärker als anderswo in die<br />

Denkmalpflegeprofession hineinreicht<br />

und kunsthistorisch argumentationsfähig<br />

ist, werden aber die sich im Wesentlichen<br />

in Entwürfen, auswärtigen kritischen Stellungnahmen<br />

am Rekonstruktionsgeschehen<br />

insgesamt und nicht öffentlichen Bewertungen<br />

in Fachgremien äußernden<br />

Argumente auch viel stärker hinterfragt<br />

und in Kompromisse gezwungen als anderswo.<br />

Dies hat auch damit zu tun, dass<br />

derart viele Einzelvorhaben unter dem Rubrum<br />

Wiederaufbau Neumarkt geführt<br />

werden, so dass sich die rekonstruktionsfreundlichen<br />

Gegner zeitgenössischer Architektur<br />

am Neumarkt sehr oft zu Wort<br />

melden, was anderswo nicht der Fall ist,<br />

wo kein gesamtes Stadtquartier zum Gegenstand<br />

eines Wiederaufbauverfahrens<br />

wird.<br />

Bedeutung von Identifikation und<br />

Vermarktung

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