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Fallstudien<br />

175<br />

zent der Studierenden einer Konfession<br />

angehören, in Zweifel gezogen – zumal<br />

ein entsprechender Bau aus staatlichen<br />

Mitteln nicht möglich sei (Schroth/Tesch<br />

26.8.2009, Häuser 10.9.2009, vgl. Wolff<br />

10.9.2009, Koch/Koch 2006: 155–162).<br />

Entsprechend wurde etwa der Wiederaufbaubeschluss<br />

der Landesregierung<br />

als „Zwangschristianisierung“ interpretiert.<br />

Die Argumentation hat sich insgesamt<br />

mit der Auseinandersetzung um<br />

den Innenraum des „Paulinums“ zugespitzt.<br />

So wendet sich die neu entstandene<br />

„Bürgerinitiative pro Uni“ gegen eine<br />

aus ihrer Sicht übermächtige kirchliche<br />

Nutzung, Symbolik und Aneignung, die<br />

einer „weltoffenen, weltlichen“ und religionsungebundenen<br />

Nutzung entgegenstehe.<br />

Das maßgebliche Argument für die Universität<br />

war allerdings ein gänzlich anderes,<br />

das auch von den Rekonstruktionsbefürworter<br />

lange Zeit kaum ausreichend<br />

beachtetet wurde: Sie wollte vor allem die<br />

Funktionalität des Gebäudes gewahrt wissen.<br />

Diese besteht in einer Aula, die in den<br />

Gebäudezusammenhang des Innenstadtcampus<br />

integriert sein soll, und der alle<br />

weiteren Funktionen, sei es die Erinnerung<br />

an die Geschichte, die repräsentative<br />

Wirkung oder auch die kirchliche Nutzung,<br />

nachgeordnet sind. (vgl. Häuser 10.9.2009)<br />

„Es entsteht hier eine Universitätsaula, die<br />

an die Paulinerkirche erinnern soll – keine<br />

Paulinerkirche, die an eine Universitätsaula<br />

erinnert.“ (Benedict Rehbein; zit.<br />

in Universität Leipzig 2008: 2) Das wesentliche<br />

Argument der Landesregierung war<br />

hingegen, solange sie sich gegen den Wiederaufbau<br />

stellte, das fiskalische: Sie wollte<br />

die Kosten der Campus-Umgestaltung<br />

minimieren und forderte daher in allen<br />

Wettbewerben den Erhalt eines möglichst<br />

großen – wenn auch von Mal zu Mal kleiner<br />

werdenden – Teils des Gebäudebestandes.<br />

Im Zusammenhang mit der Aufkündigung<br />

der Absprachen zum Neubau einer Universitätsaula<br />

durch die Landesregierung<br />

Anfang 2003 und der ohne weitere Absprache<br />

gefällten Entscheidung für einen Wiederaufbau<br />

wurde als wesentliches Argument<br />

die Autonomie der Hochschule und<br />

der Verbleib von Entscheidungskompetenz<br />

in der Stadt Leipzig angeführt.<br />

(Angeführte) Argumente für vermittelnde<br />

Varianten<br />

Es gehört zu den Besonderheiten des Leipziger<br />

Falles, dass sich innerhalb der Gruppe<br />

der Wiederaufbaugegner keine Stimmen<br />

finden lassen, die eine bauliche<br />

Erinnerung an die verlorene Paulinerkirche<br />

ablehnen würden. So ist hier das stete<br />

Bemühen erkennbar, durch diverse architektonische<br />

Mittel eine Vermittlung<br />

zum Vorgängerbau herzustellen. Insofern<br />

sind viele der Pro- und Contra-Argumente<br />

gleichzeitig auch als Argumente für<br />

vermittelnde Varianten bzw. in der Aushandlung<br />

über die konkrete Bebauung<br />

zu verstehen und sind die verschiedenen<br />

Wettbewerbsbeiträge und sonstigen Vorschläge<br />

auch als ein Prozess der Suche<br />

nach dem „richtigen“ Maß der Vermittlung<br />

deutbar. Letztlich wird diese grundsätzlich<br />

hohe Kompromissbereitschaft<br />

innerhalb des Diskurses um die Neubebauung<br />

am Ort der ehemaligen Universitätskirche<br />

noch verstärkt durch die Meinungsvielfalt<br />

innerhalb des Lagers der<br />

Wiederaufbaubefürworter bzw. des Paulinervereins.<br />

Andererseits erscheint als wesentliches<br />

Argument für die Einigung auf<br />

eine Kompromisslinie die Machbarkeit:<br />

Der Paulinerverein hat immer wieder einsehen<br />

müssen, dass ein originalgetreuer<br />

Wiederaufbau nicht durchzusetzen war.<br />

Dies führte angefangen vom damaligen<br />

Vereinsvorsitzenden Behrends, der bereits<br />

2001 einen originalgetreuen Wiederaufbau<br />

als „nicht realistisch“ (LVZ 17.7.2001)<br />

bezeichnet hatte, über Blobels „euphorische“<br />

Zustimmung zum van Egeraat-Entwurf,<br />

bis zur Einsicht des heutigen Vorsitzenden<br />

Stötzner (28.8.2009), dass sich an<br />

der äußeren Gestalt des Gebäudes nichts<br />

ändern werde, aber immer wieder auch<br />

zu unterschiedlichen Kompromissvorschlägen,<br />

die häufig in Teilrekonstruktionen<br />

(vgl. Koch/Koch 2006: 173) bestanden.<br />

Andererseits war auch die Universität<br />

stets darum bemüht, möglichst bald von<br />

der Entscheidungsfindung zur Umsetzung<br />

überzugehen, da einerseits an der Bebauung<br />

auf dem Grundstück der ehemaligen<br />

Paulinerkirche auch der Umbau der sonstigen<br />

Gebäude des Innenstadtcampus hing<br />

und andererseits das Universitätsjubiläum<br />

als fixes Datum zusätzlichen Zeitdruck bedeutete<br />

(vgl. Häuser 10.9.2009).

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