PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Grundlagen für eine Qualifizierung der Debatten über „Identität durch Rekonstruktion“<br />
287<br />
aufbau des beschädigten Palais stark gemacht,<br />
obwohl es im Gegensatz zu anderen<br />
kriegszerstörten Bauten (vgl. die<br />
Diskussion um das Goethehaus) innerhalb<br />
der Bevölkerung hierzu keine Forderungen<br />
gab. Dies stieß auf Opposition der Bundespost,<br />
die sich darum bemühte, das Areal in<br />
ihr Vorhaben zur Erweiterung der angrenzenden<br />
Hauptpost an der Zeil einzubeziehen.<br />
Dieses Vorhaben wurde realisiert,<br />
dafür allerdings die beiden weitgehend<br />
erhaltenen Kopfbauten sowie das Portal<br />
wiederhergestellt und durch einige bauliche<br />
Veränderungen (etwa Verzicht auf die<br />
Mansarddächer) an die dahinter liegende,<br />
moderne Hochhausbebauung angepasst.<br />
Wie sich beim späteren Abriss der Hauptpost<br />
zeigte, wurden die Flügelbauten dabei<br />
offenbar abgetragen, um einen Betonkern<br />
unter Verwendung von Originalteilen<br />
rekonstruiert.<br />
Auch als das gesamte Areal durch den<br />
schrittweisen Rückzug der mittlerweile<br />
in zwei Unternehmensteile getrennten<br />
Bundespost erneut in das Blickfeld der<br />
städtischen Planungen geriet, gab es kein<br />
nennenswertes Interesse innerhalb der<br />
Bevölkerung, das Gebäude zu rekonstruieren.<br />
Stattdessen wurde ein solches Wiederaufbauvorhaben<br />
wiederum von der Spitze<br />
des Stadtplanungsamtes ins Gespräch gebracht<br />
und schließlich durchgesetzt. In einer<br />
stark durch historisches Vorwissen bedingten<br />
Wahrnehmung wird dabei das<br />
Palais als ehemaliger Sitz des Deutschen<br />
Bundestages mit der für die Frankfurter<br />
wie auch die deutsche Geschichte wichtigen<br />
Paulskirche in Verbindung gebracht:<br />
Wäre nicht von 1816 bis 1866 hier der Sitz<br />
des Bundestages gewesen, hätte die Paulskirchenversammlung,<br />
die sich auf den<br />
Deutschen Bund bezog, wohl in einer anderen<br />
Stadt getagt. Entsprechend war auch<br />
die Kritik vor allem fachlicher Natur und<br />
wurde vor allem von leitender Stelle innerhalb<br />
der Denkmalpflege formuliert. Zudem<br />
gibt es Hinweise darauf, dass der Abriss<br />
des Fernemeldehochhauses als Ausgangssituation<br />
des Wiederaufbauvorhabens<br />
auch im Zusammenhang mit der „Entsorgung“<br />
(Arning 22.9.2009) weiterer Gebäude<br />
der (Nachkriegs-)Moderne in Frankfurt<br />
(insbesondere Zürichhochhaus, Technisches<br />
Rathaus) diskutiert wird. Überraschenderweise<br />
gänzlich ohne Diskussion<br />
verlief die erneute Umnutzung des Ge<br />
ländes mit seiner sehr wechselvollen Geschichte<br />
vom Verwaltungs- und Dienstleistungsstandort<br />
hin zur Shopping Mall.<br />
War diese zusätzliche Konzentration von<br />
Ladenflächen in der Innenstadt in Konkurrenz<br />
mit einer Cityrandlage (Europaviertel)<br />
für Teile der Kommunalpolitik das<br />
wesentliche Argument für das Projekt einschließlich<br />
Rekonstruktion, blieb die für<br />
solche Vorhaben ansonsten übliche Kritik<br />
etwa von Einzelhändlern aus.<br />
Die „Leerstelle“ des Historischen Rathauses<br />
Wesel<br />
Der Standort des früheren Weseler Rathauses<br />
sowie die gesamte Gebäudezeile am<br />
Großen Markt blieben bis Mitte der 1990er<br />
Jahre unbebaut, da zwei Wettbewerbe in<br />
den 1950er und 1980er Jahren keine Ergebnisse<br />
erbrachten, die in Wesel die kommunalpolitischen<br />
Entscheidungsträger<br />
überzeugten und offenbar auch bei der Bevölkerung<br />
keinen Anklang fanden. Im Vorgriff<br />
war allerdings im Rahmen des umfassenden<br />
Nachkriegswiederaufbaus der<br />
Innenstadt die hinter der Zeile verlaufende<br />
Pastor-Bölitz-Straße aufgeweitet und dabei<br />
auch das Rathausgrundstück beschnitten<br />
worden. Erschwert wurde eine städtebauliche<br />
Lösung durch die Verlagerung<br />
des Schwerpunkts der Weseler „City“ aus<br />
dem ältesten Teil der Stadt in die östlich<br />
angrenzende Neustadt, wo auch ein erster<br />
Rathausneubau entstand, bevor auch dieser<br />
zu Gunsten eines zusätzlichen Warenhauses<br />
und damit zur Attraktivierung der<br />
Innenstadt als Einzelhandelsstandort aufgegeben<br />
wurde. Damit war dem Großen<br />
Markt seine frühere Funktion im Wesentlichen<br />
abhanden gekommen. Durch die<br />
Lage am westlichen Ende der Fußgängerzone<br />
und die Straßenaufweitung bot sich<br />
der durch Nichtbebauung erweiterte Große<br />
Markt als günstiger Parkplatzstandort<br />
zwischen City und Innenstadtring an. Somit<br />
wurden trotz der in der offiziellen Planung<br />
stets vorgesehenen Wiederbebauung<br />
auch Stimmen laut, die in der brach gefallenen<br />
„Leerstelle“ einen positiven Beitrag<br />
für eine „autogerechte“ Innenstadt sahen.<br />
In der extrem stark zerstörten und im Wesentlichen<br />
modern, wenngleich in Orientierung<br />
an wesentlichen Grundparametern<br />
des Vorkriegsstädtebaus (Straßenführung,<br />
Gebäudehöhen, zum Teil Parzellierung)