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82 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
auf andere stadtbildprägende Aktivitäten<br />
konzentriert.<br />
Eine besondere Spielart des – stets auch finanziellen<br />
– zivilgesellschaftlichen Engagements<br />
für den Wiederaufbau verlorener<br />
Bausubstanz ist das Mäzenatentum. Während<br />
die Pflege von Kunst und Kultur in<br />
der BRD zumindest bis in die 1980er Jahre<br />
hinein als Aufgabe des Staates galt und<br />
nur am Rande privaten Initiativen überlassen<br />
wurde, wurden mit dem Wandel des<br />
demokratischen Sozialstaates und einer<br />
Rückkehr subsidiärer Aufgabenwahrnehmung<br />
auch kulturelle Leistungen wieder<br />
vermehrt durch private Akteure übernommen<br />
(vgl. Lohmann 2003, Fuchs 2003). Allein<br />
in den Jahren 2000 bis 2005 wurden<br />
rund 4.800 Stiftungen neu gegründet (vgl.<br />
Maecenata Instiut 2006). Dabei hat eine<br />
wachsende Zahl von Stiftungen die Aufgabe<br />
des privaten Mäzenatentums unter<br />
Aufsicht des Staates übernommen („institutionelles<br />
Mäzenatentum“). Wenngleich<br />
das Mäzenatentum weiterhin einen geringen<br />
Anteil an der Kulturförderung hat<br />
(1994 in der BRD gerade vier Prozent), ist<br />
der im 19. Jahrhundert entstandene Mythos<br />
des Mäzens als „Idealtypus des idealistischen<br />
und selbstlosen Gönners“ dennoch<br />
nicht verschwunden. Da bei dieser<br />
Art der Förderung in der Regel auch eine<br />
gewisse Erfolgsorientierung der Spender<br />
bezeichnend ist, sieht Frey (1998: 26; vgl.<br />
auch 24–26) „nicht de[n] ‚selbstlos[n]‘, sondern<br />
de[n] in diesem Sinn ‚interessierte[n]‘<br />
Mäzen“, der „sein Augenmerk auf die Tradierung<br />
und gegebenenfalls auf die Modernisierung<br />
kultureller Wertmuster als<br />
grundlegende Bedingungen des gesellschaftlichen<br />
Zusammenlebens“ richte.<br />
Entsprechend ist zwischen einer Vielzahl<br />
von Kleinspenden, die durchaus den Willen<br />
und das Engagement eines bedeutenden<br />
Teils der Bevölkerung repräsentieren,<br />
und einzelnen Großspendern zu unterscheiden,<br />
deren Mäzenatentum nicht wie<br />
in anderen Künsten dem Künstler zu Gute<br />
kommt, sondern sich stadtbildprägend auswirken<br />
soll. Letzteres muss nicht mit einem<br />
entsprechenden Mehrheitswillen einhergehen,<br />
kann aber als Argument meinungsbildend<br />
wirken. Sie können in diesem Sinne<br />
auch Ausdruck des Gestaltungswillens und<br />
des Willens der Spender sein, ein imposantes,<br />
Zeiten überdauerndes Denkmal zu hin<br />
terlassen, obwohl deren Selbstdarstellung<br />
eher davon spricht, „etwas zurückgeben“<br />
zu wollen (vgl. Otto o.J.).<br />
Neben solchen persönlichen Motiven weist<br />
Wagner-Kyora (2006) allerdings auch nach,<br />
dass hinter den Bürgerinitiativen häufig<br />
mächtige Lobbygruppen standen. Durchsetzungsfähig<br />
werden die Initiativen ohnehin<br />
nur dadurch, dass sie sich in quer<br />
durch die politischen Fraktionen entstehenden<br />
Diskurskoalitionen organisieren,<br />
auf die oben bereits hingewiesen wurde<br />
(Hajer 1995). In diesem Zusammenhang<br />
spielt die Besetzung des öffentlichen Diskurses<br />
mit langfristig mobilisierenden Argumenten<br />
eine besondere Rolle. Sie kann<br />
dazu führen, dass auch politische Schlüsselpersonen<br />
sich auf die Seite der Befürworter<br />
schlagen, gerade wenn sie vorher<br />
keine explizite Meinung vertreten haben<br />
und diese erst in der aufkommenden Auseinandersetzung<br />
schärfen. Zwar ist in einigen<br />
eher politisierten Prozessen die Befürworterschaft<br />
von Rekonstruktionen<br />
deutlich im Lager von CDU und FDP zu<br />
finden, doch gilt dies nicht durchweg, gerade<br />
wenn sich auf kommunaler Ebene andere<br />
Koalitionen bilden oder Rekonstruktionsprojekte<br />
aus allen Lagern verstreute<br />
Anhänger finden.<br />
4.22 Experten-Laien-Kommunikation<br />
Die politischen und gesellschaftlichen<br />
Auseinandersetzungen um Wiederaufbauvorhaben<br />
spiegeln auch das Verhältnis<br />
und die Kommunikation von Experten<br />
und Laien wider. Während Initiativen für<br />
originalgetreue Rekonstruktionen zumeist<br />
von Laien ausgehen (seien es Bürgerinitiativen,<br />
Stadtpolitiker oder Unternehmer),<br />
sind es immer wieder Teile der Architektenschaft,<br />
des Kulturjournalismus und der<br />
institu tio nalisierten Denkmalpflege, die<br />
aus ihrem fachlichen Zugang heraus kritische<br />
Positionen formulieren.<br />
Die Unterscheidung dieser beiden Akteursgruppen<br />
erscheint dabei für Ablauf und<br />
Ergebnisse politischer Entscheidungsprozesse<br />
innerhalb einer demokratischen Gesellschaft<br />
– zumal auf lokaler Ebene – insgesamt<br />
von großer Bedeutung. Nach einer<br />
Phase, in der die aufgeklärte moderne Gesellschaft<br />
sich in ihren demokratischen<br />
Entscheidungen vom Expertenrat leiten<br />
ließ, hat sich auch aus der fundamentalen