PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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15<br />
3 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen<br />
und Hintergründe<br />
3.1 Einleitung und Überblick<br />
3.11 Ziel des Kapitels<br />
Das Für und Wider von Rekonstruktion<br />
verloren gegangener Gebäude hat in den<br />
vergangenen Jahren erhöhte Aufmerksamkeit<br />
in der öffentlichen Wahrnehmung erhalten.<br />
Erstaunlicherweise sind bisher jedoch<br />
nur wenige Versuche unternommen<br />
worden, Antworten auf die Fragen zu finden,<br />
woher diese gestiegene gesellschaftliche<br />
Akzeptanz von Rekonstruktionen<br />
kommt bzw. welche Motivation das Engagement<br />
der verschiedenen städtischen Akteure<br />
um Rekonstruktionen trägt.<br />
Im Folgenden werden verschiedene Ansätze<br />
zusammengestellt und aufeinander<br />
bezogen. Keiner der Ansätze kann jedoch<br />
für sich beanspruchen, eine allgemeingültige,<br />
alles umfassende Antwort auf die<br />
oben genannten Fragen gefunden zu haben<br />
– sie sind demnach als Bausteine, als<br />
Teile eines Mosaiks zu betrachten, die in<br />
ihrer Gesamtheit ein vielfältiges Bild der<br />
gesellschaftlichen Entwicklungen und Voraussetzungen<br />
hinter der derzeitigen „Rekonstruktionswelle“<br />
ergeben. Es liegt in<br />
der Natur der Sache, dass sie nicht immer<br />
exakt voneinander abzugrenzen sind,<br />
sondern sich vielmehr ergänzen, überschneiden<br />
und sich in Einzelfällen auch<br />
widersprechen. Dieser Umstand sagt alleine<br />
jedoch nichts über die Plausibilität der<br />
einzelnen Ansätze aus, sondern weist nur<br />
darauf hin, dass es die eine Erklärung nicht<br />
gibt, sondern alle Rekonstruktionsvorhaben<br />
aus einer komplexen Überlagerung individueller<br />
und kollektiver Beweggründe<br />
gespeist sind, die zu einer schwer vorhersagbaren<br />
Mobilisierung von Einzelpersonen,<br />
Gruppen und Organisationen sowie<br />
Amtsträgern und Politikern führen, die unterschiedlichste<br />
Ressourcen für und wider<br />
das jeweilige Vorhaben in Stellung bringen.<br />
Erst in der Überlagerung individueller<br />
Motive ergibt sich im Zusammenhang mit<br />
den politischen Rahmenbedingungen vor<br />
Ort (vgl. Abb. 2), ob Rekonstruktionsvorhaben<br />
sich in baulich-planerischen Entscheidungsverfahren<br />
durchsetzen. Daher<br />
behandelt das Kapitel kulturwissenschaftliche,<br />
sozialwissenschaftliche und politikwissenschaftliche<br />
Erklärungsansätze zum<br />
besseren Verständnis der Hintergründe<br />
der aktuellen Rekonstruktionswelle. Vorgeschaltet<br />
ist zum besseren Verständnis<br />
eine Einführung zu denkmalpflegerischen<br />
Positionen und zum Wiederaufbaugeschehen<br />
vor 1975 in Deutschland.<br />
3.12 Hintergrund: Denkmalpflegerische<br />
Positionen und<br />
Wiederaufbau vor 1975<br />
Die momentane Konjunktur des inter- und<br />
transdisziplinären Diskurses, aber auch<br />
der im Wesentlichen Denkmalpflege und<br />
Kunstgeschichte sowie die Architektur betreffenden<br />
fachinternen Diskussionen um<br />
Wiederaufbauvorhaben sind nur vor dem<br />
Hintergrund einer langen Entwicklung<br />
von Theorie, Diskurs und Praxis der Denkmalpflege<br />
zu verstehen, die mit der Ausbildung<br />
der wissenschaftlichen Denkmalpflege<br />
und den Rekonstruktionsdebatten<br />
an der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert<br />
eine wesentliche Fundierung erlebten und<br />
den Grundstein für relativ stabile fachliche<br />
Prinzipien gelegt haben, die bis heute<br />
eine weit reichende Gültigkeit bewahren<br />
konnten. Fachinterne Diskussionen dienten<br />
dabei vor allem einer Verfestigung und<br />
Weiterentwicklung.<br />
Diese stabilen und daher von Außenstehenden<br />
teilweise als starr empfundenen<br />
Paradigmen sind durch den Nachkriegswiederaufbau<br />
vorübergehend in Frage gestellt<br />
worden. Die betreffende Darstellung<br />
soll u. a. deutlich machen, wie der Umgang<br />
mit der Kriegszerstörung als Ausnahmesituation<br />
der Denkmalpflege verstanden<br />
wurde, wie sich aber dennoch<br />
das Rekonstruktionsverbot auf die Praxis<br />
des Wiederaufbaus auswirkte. Die neuerliche<br />
Herausforderung des Rekonstruktionsverbots<br />
erfolgte durch die aktuelle<br />
Rekonstruk tionswelle. Hierfür war aber<br />
zunächst nicht der Fachdiskurs verantwortlich.<br />
Vielmehr waren es verschiedene<br />
lokale Debatten, an denen sich dann aber<br />
auch überregionale Experten aus den drei<br />
Disziplinen und die Fachpresse (vgl. Bartezko<br />
23.9.2009) beteiligt haben.