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Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Hintergründe<br />

41<br />

nachgemachten, am Unechten.“ (Safranski<br />

2007: 283–284)<br />

Wenngleich Nietzsche diese Tendenzen<br />

letztlich als unromantisch, seinem dionysischen<br />

Ideal nicht entsprechend verwarf,<br />

so kann Safranski (2007: 284) auch im Historismus,<br />

der in dieser Beschreibung einigen<br />

Deutungen der aktuellen Rekonstruktionswelle<br />

sehr nahe kommt, doch<br />

auch wieder einen Rückgriff auf einen Teil<br />

der Romantik festmachen: „Erneut triumphiert<br />

der Geist des ‚Als ob‘. Eindruck<br />

machte, was nach etwas aussah.“ Ganz<br />

im Sinne Nietzsches Kritik aber erscheint<br />

manche zeitgenössische Kritik an Wiederaufbauvorhaben.<br />

So mag es sein, dass eine<br />

idealistisch-ursprüngliche romantische<br />

Geisteshaltung heute zwar nach einer Erinnerungskultur<br />

sowie einer auch baulichräumlichen<br />

Vermittlung von Verlusterfahrung<br />

und Ortsgeschichte verlangt, aber<br />

aus einer ebenso idealisierten Vorstellung<br />

von Echtheit und Wahrhaftigkeit Wiederaufbauten<br />

ablehnt.<br />

Safranski (2007: 12) geht davon aus, dass<br />

das „Romantische“ als Geisteshaltung<br />

zwar nicht auf Deutschland beschränkt<br />

sei, hier aber „eine besondere Ausprägung<br />

erfahren [habe], so sehr, dass [sic!] man<br />

im Ausland bisweilen die deutsche Kultur<br />

mit der Romantik und dem Romantischen<br />

gleichsetzt[e]“. Den Beweis dafür bleibt er<br />

allerdings weitgehend schuldig, da er eben<br />

allzu wenig auf entsprechende internationale<br />

Strömungen eingeht (vgl. Lützeler<br />

2007), um das zusätzliche Maß für die<br />

deutsche Geistesgeschichte nachweisen<br />

zu können (Oschmann 2008: 3). Die deutsche<br />

Romantik unterscheidet sich für Safranski<br />

(2007: 347; vgl. Oschmann 2008: 5)<br />

insbesondere in ihrem Hang, politisch zu<br />

werden:<br />

„Immer aber bleibt das Missverständnis<br />

[sic!], dass [sic!] man in der Politik etwas<br />

sucht, was man dort niemals finden wird:<br />

Erlösung, das wahre Sein, Antwort auf die<br />

letzten Fragen, Verwirklichung der Träume,<br />

Utopie des gelingenden Lebens, den<br />

Gott der Geschichte, Apokalypse und Eschatologie.<br />

Wer solches aber doch in der<br />

Politik sucht, der gehört zur politischen<br />

Romantik.“<br />

Geht man wie Fischer (2009) zudem davon<br />

aus, dass Architektur und Städtebau<br />

in Deutschland weitaus stärker mit politi­<br />

schen Zielen verbunden wird (etwa zu sehen<br />

in Ansätzen „totaler Architektur“, „flächendeckenden“<br />

Raumvorstellungen und<br />

dem „Krieg der Dächer“), so ist es leicht,<br />

einen zusätzlichen Zusammenhang zwischen<br />

politischer Romantik und ihrem<br />

Hang zu finden, das in der Politik nicht<br />

Findbare im Raum schaffen zu wollen. Damit<br />

ist allerdings noch nicht aufgezeigt,<br />

dass solche „gebauten Utopien“ rückwärts<br />

gewandt sind oder auch nur sein können.<br />

Schließlich legt sich Safranski (2007: 13)<br />

allerdings darauf fest, in der 1968er-Bewegung<br />

und ihren Ausläufern den „vorläufig<br />

letzten größeren romantischen Aufbruch“<br />

bestimmen zu können. Oschmann<br />

(2008: 2) geht daher soweit zu fragen, ob<br />

die von Safranski beschriebene, mit Herder<br />

– und nicht mit Luther (vgl. Mann 1995)<br />

– beginnende „deutsche Affäre“ in dessen<br />

Augen „seit den sicher anstrengenden Ereignissen<br />

von 1968 endgültig vorüber ist“.<br />

Wenn man in der beschriebenen Rekonstruktionswelle<br />

eine echte romantische Bewegung<br />

sehen wollte, so wäre sie Safranski<br />

zumindest entgangen. Beziehungen zu<br />

1968 lassen sich zwar an verschiedenen<br />

Stellen herstellen, doch findet sich auch<br />

hierauf bei Safranski (2007) keinerlei direkter<br />

Hinweis. Allein, dass mit den „68ern“<br />

auch die Kritik an der so genannten „skeptischen<br />

Generation“, die im Nachkriegsdeutschland<br />

ihre Vorbehalte gegenüber<br />

dem Romantischen hatte festsetzen können,<br />

einsetzte, die zu einer umfassenden<br />

Kritik der Nachkriegsmoderne auswuchs,<br />

scheint nicht ausreichend, um die antimodernen<br />

Züge der Rekonstruktionsbewegung<br />

sogleich als romantisch zu bezeichnen.<br />

Zudem geht Safranski (2007: 134)<br />

davon aus, dass erhebliche Unterschiede<br />

zwischen Romantik und Postmoderne<br />

bestehen, da die Romantiker in Zukunftserwartung<br />

lebten, während die Postmoderne<br />

davon ausgehe, „das meiste schon<br />

hinter sich zu haben“. Oschmann (2008: 4)<br />

verweist allerdings auch auf die – für ihn<br />

allerdings kaum belegte – These Safranskis<br />

(2008: 208), dass die Romantiker „unsere<br />

Zeitgenossen“ seien. Er sieht hier einen<br />

deutlichen Widerspruch zu seiner Ablehnung<br />

einer Parallele von Romantik und<br />

Postmoderne, da wir doch „weithin posthistorisch<br />

und postmodern gestimmt“ seien.<br />

In der Tat erscheint Safranskis Haltung<br />

hier sehr vage, ist doch die Postmoderne

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