PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
187<br />
ermög lichen, wurden auch „diplomatische“<br />
(Stötzner 28.8.2009) Wege gesucht, im direkten<br />
Kontakt mit Entscheidungsträgern<br />
Einfluss zu nehmen. Neben Blobel haben<br />
auch weitere Vorstandsmitglieder und Personen<br />
aus dem Umfeld des Vereins und<br />
der Leipziger CDU briefliche und sonstige<br />
Kontakte zu verantwortlichen Personen<br />
des Wettbewerbs und Personen des öffentlichen<br />
Lebens aufgenommen. Zudem wurden<br />
zu verschiedenen Zeiten Unterschriften<br />
für den jeweils aktuellen Anlass (etwa<br />
Zulässigkeit des Wiederaufbaus im Wettbewerb,<br />
Glaswand) geworben.<br />
Durch sein Engagement gelang es dem<br />
Paulinerverein, einen Status zu erreichen,<br />
durch den im Jahr 2004 eine Vertreterin<br />
zur Beratung in die Wettbewerbsjury aufgenommen<br />
wurde. Während der Verein<br />
ansonsten nicht unbedingt zu spektakulären<br />
Aktionen oder gar zivilem Ungehorsam<br />
neigt, wurde das geordnete Verfahren<br />
des Architekturwettbewerbs durch gezielte<br />
Indiskretion massiv gestört. (Vgl. Friedrich<br />
2004)<br />
Bedeutung realisierter<br />
Wiederaufbauvorhaben<br />
Aufgrund der räumlichen Nähe, ihrer insgesamt<br />
herausgehobenen Bedeutung und<br />
der besonderen Beziehung der beiden<br />
sächsischen Städte Leipzig und Dresden<br />
ist der Frauenkirchen-Wiederaufbau von<br />
zentraler Bedeutung für die Debatte um<br />
die Rekonstruktion der Paulinerkirche und<br />
wird von Befürwortern wie Gegnern beständig<br />
als Parallele angeführt (vgl. Quester<br />
25.8.2009, Heymann 26.8.2009, Stötzner<br />
28.8.2009, Gormsen 10.9.2009). Topfstedt<br />
(2000: 329) geht sogar davon aus, dass erst<br />
das Vorbild des Dresdner Förderkreises zu<br />
der Idee einer entsprechenden Initiative in<br />
Leipzig geführt habe. Ganz persönlich berichtet<br />
Stötzner (28.8.2009), dass, obwohl<br />
er eine ähnliche Idee bereits im Herbst<br />
1989 geäußert habe, erst der erkennbare<br />
Fortschritt des Dresdner Wiederaufbauvorhabens<br />
für ihn die Realisierbarkeit einer<br />
Rekonstruktion der Universitätskirche<br />
gezeigt habe und er erst in diesem Moment<br />
Vereinsmitglied geworden sei. Hingegen ist<br />
Gormsen (10.9.2009) der einzige, der auch<br />
andere Vorhaben bzw. realisierte Objekte<br />
nennt, so sei er zu Beginn der Debatte<br />
zum Beispiel nach Hildesheim gereist und<br />
habe hier Passanten befragt. Deren positive<br />
Aufnahme der an sich zu kritisierenden<br />
Nachbildung habe ihn überzeugt, dass die<br />
Fassade für die Stadtbevölkerung wichtiger<br />
sei als das Innere. Gleichwohl war sein<br />
Vorschlag nicht der der originalgetreuen<br />
Rekonstruktion, sondern der Wiederaufnahme<br />
zentraler Teile der ehemaligen<br />
Kubatur. Der Vergleich zu Dresden, der<br />
innerhalb der geführten Interviews immer<br />
wieder spontan angestellt wurde, fällt<br />
unterschiedlich aus. Während Stötzner<br />
(28.8.2009) vor allem die Parallelen sieht<br />
und sich daher fragt, warum eine ähnliche<br />
Initiative dort funktionieren konnte, aber<br />
nicht in Leipzig, so weisen andere vor allem<br />
auf die Unterschiede hin.<br />
Stötzner (28.8.2009) führt aus, dass in<br />
Dresden zunächst kein Interesse am Wiederaufbau<br />
der Frauenkirche bestanden<br />
habe, erst durch Sammlung von Spendengeldern<br />
– über deren Umfang in Leipzig allerdings<br />
außer der Millionenspende Blobels<br />
niemals berichtet wurde, laut Stötzner<br />
aber ähnlich habe laufen können – sei<br />
etwa der Bischof überzeugt worden (vgl.<br />
Wolff 10.9.2009). Quasi als nachträgliches<br />
Argument führt er an, dass die Frauenkirche<br />
zwar zunächst aus kirchlicher Sicht<br />
als nicht notwendig eingestuft worden sei,<br />
nun aber nicht nur voll sei, sondern auch<br />
anderen Kirchen volle Ränge beschere, da<br />
Touristen auf andere Gottesdienste ausweichen<br />
müssten.<br />
Gormsen (10.9.2009; vgl. Heymann<br />
28.8.2009) geht allerdings davon aus, dass<br />
das erheblich größere historische Unrecht<br />
der Universitätskirchensprengung diesem<br />
Wiederaufbauvorhaben größere Erfolgsaussichten<br />
beschieden hätte, während<br />
Heymann (26.8.2009) gerade die fehlende<br />
internationale Bedeutung nennt, die im<br />
Vergleich dazu das Symbol der kriegszerstörten<br />
Frauenkirche und der frühere barocke<br />
Zentralbau (vgl. Quester 25.8.2009)<br />
hatten und die auch zu einem erheblichen<br />
Spendenaufkommen in den Ländern der<br />
ehemaligen Kriegsgegner, insbesondere in<br />
Großbritannien und den USA, führten. Zusätzlich<br />
könnte hier die des Öfteren konstatierte<br />
Mitschuld der Leipziger Verwaltungsspitze,<br />
der Universität und der nicht<br />
hinreichend protestierenden Bevölkerung<br />
an der Zerstörung angeführt werden, die<br />
zwar zu einem „Sühnebau“ führen hätte