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Die aktuelle Fachdebatte – Tendenzen eines inter- und transdisziplinären Diskurses<br />

261<br />

Das Plädoyer für solche Positionen führt<br />

in letzter Konsequenz zu einer Einschränkung<br />

des Arguments der Originalität. Es<br />

betont aber einen Dualismus aus Geschichte<br />

und Gedächtnis, aus Originalität<br />

und Emotionalität, aus Substanz und<br />

Veränderung, die mit einem Denkmal verbunden<br />

sind. Die „Charta von Burra“ (1979,<br />

zuletzt aktualisiert 1999) ist dafür ein<br />

Zeugnis. Diese Charta des australischen<br />

ICOMOS-Komitees ist in ihrem denkmalpflegerischen<br />

Wert als ein Äquivalent zur<br />

„Charta von Venedig“ zu sehen, wenn auch<br />

im europäischen Raum wenig bekannt. In<br />

diesem Dokument wird der Terminus der<br />

„kulturellen Bedeutung“ (cultural significance)<br />

eingeführt. „Kulturelle Bedeutung<br />

meint ästhetische, historische, wissenschaftliche,<br />

gesellschaftliche oder spirituelle<br />

Werte für vergangene, gegenwärtige<br />

oder zukünftige Generationen. Träger<br />

kultureller Bedeutung sind das Objekt an<br />

sich, seine Substanz, sein Umfeld, sein Gebrauch,<br />

seine Assoziationen, Bedeutungen,<br />

Quellen sowie mit ihm in Beziehung<br />

stehende Objekte und Gegenstände. [...]<br />

Denkmalpflege meint alle Verfahren [Unterhalt,<br />

Konservierung, Restaurierung, Rekonstruktion,<br />

Anpassung] der Fürsorge für<br />

ein Objekt mit dem Ziel, seine kulturelle<br />

Bedeutung zu bewahren (Charta von Burra<br />

1979: Artikel 1.2, 1.4).“<br />

6.31 „Das Prinzip Rekonstruktion“ –<br />

Tagung an der ETH Zürich,<br />

24./25. Januar 2008<br />

Da eine ausführliche Dokumentation der<br />

Tagung, die vom Institut für Denkmalpflege<br />

und Bauforschung der ETH gemeinsam<br />

mit dem Architekturmuseum der TU München<br />

veranstaltet worden ist, noch aussteht<br />

und auch für die wissenschaftliche<br />

Auswertung nicht erhältlich war, muss an<br />

dieser Stelle auf Sekundärquellen zurückgegriffen<br />

werden, die in Form zweier ausführlicher<br />

Besprechungen von Hillmann<br />

(2008) und Kerkhoff (2008) sowie ein weitere,<br />

deutlich kürzere von Baus (2008a) zur<br />

Verfügung stehen. Zusätzlich kann ein Artikel<br />

von Winfried Nerdinger (2008), der<br />

gemeinsam mit Uta Hassler die Tagung organisiert<br />

hat, hinzugezogen werden, der in<br />

etwa zeitgleich erschienen ist.<br />

Die ganz wesentliche Leistung der Tagung<br />

scheint darin zu bestehen, einer breiten<br />

Öffentlichkeit zu vermitteln, dass die Dis­<br />

ziplin der Denkmalpflege nicht geschlossen<br />

und prinzipiell Rekonstruktionen<br />

widerspricht. Ob dies der insbesondere innerhalb<br />

der Veranstaltungen zum „Nachdenken<br />

über Denkmalpflege“ als notwendig<br />

beschriebenen Aktualisierung der<br />

Disziplin dient oder ihr letztlich einen Bärendienst<br />

erweist, weil Denkmale als reproduzierbare<br />

Objekte keines Schutzes bedürfen,<br />

sei dahingestellt. Auch ist damit<br />

keine Aussagen zu Mehrheiten gegeben<br />

oder gar einer feineren Gliederung bei der<br />

Frage, wann, wo und unter welchen Bedingungen<br />

eine Wiederherstellung möglich<br />

ist. Immerhin scheint darin ein Potential<br />

zu liegen, die Rekonstruktionsdebatte<br />

zu versachlichen und weniger konfrontativ<br />

zu führen (vgl. Baus 2008a).<br />

Das zentrale Argument der historischen<br />

Kontinuität scheint allerdings für die – hier<br />

weit weniger als beim „Nachdenken über<br />

Denkmalschutz“ zelebrierte – Abweichung<br />

von der denkmalpflegerischen „Norm“ allein<br />

nicht auszureichen. Einerseits wird<br />

in mehreren Beiträgen an der Stichhaltigkeit<br />

dieser These gezweifelt, was ganz wesentlich<br />

im Fehlen einer Begriffsdefini tion<br />

für Rekonstruktion begründet gelegen haben<br />

dürfte (das, was Lipp eine „wissenschaftliche“<br />

Rekonstruktion nennt, war<br />

ja über lange Zeit rein technisch gar nicht<br />

möglich). Andererseits bleibt die Frage unbeantwortet<br />

– bzw. nach derzeitigem Informationsstand<br />

ungestellt –, ob die Ablehnung<br />

von Rekonstruktionen nicht auch als<br />

ein zivilisatorischer Fortschritt betrachtet<br />

werden könnte, der mit dem Entstehen<br />

der Denkmalpflege einhergegangen ist.<br />

Auch der bereits von Ottomeyer (in: Bingen/Hinz<br />

2005: 9) angeführte umgekehrte<br />

kategorische Imperativ, also die Begründung<br />

durch bereits durchgeführte Vorhaben,<br />

ist wenig hilfreich, so lange man nicht<br />

davon ausgeht, dass hier nicht ein einzelner<br />

„Sündenfall“ (Kerkhoff 2008: 45) bereits<br />

zur allgemeinen Vertreibung aus dem<br />

Paradies führt.<br />

Daneben ist – vielleicht auch durch die<br />

Wahl des Tagungsorts außerhalb Deutschlands<br />

(vgl. Baus 2008a) – eine differenziert<br />

Betrachtung möglich, an der die Debatte<br />

ansonsten oftmals krankt. Wesentliche<br />

Ansätze zu einer solchen Analyse liefern<br />

etwa die Ordnungsvorschläge von<br />

Lipp und Vegas, wenngleich sie stark phä­

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