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90 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

Ein wesentlicher Argumentationsstrang<br />

von Rekonstruktionsbefürworter, der sich<br />

in vielen Wiederaufbauvorhaben wieder<br />

findet, wendet sich gegen eine den Bürger<br />

oktroyierte Vorstellung vom Bauen (vgl.<br />

etwa Mäckler zit. in BMVBS 2009: 36, Battis<br />

zit. in BMVBS 2009: 43). Verallgemeinernd<br />

wird dem „Volk“ eine homogene<br />

Vorstellung von „Schönheit“ zugesprochen,<br />

die ihm von einer elitären Gruppe von Architekturschaffenden<br />

bzw. Bestandswahrer<br />

vorenthalten wird. Damit wird dem<br />

„Volk“ auch eine Fähigkeit zugestanden,<br />

die die des Experten übersteigt: Anstelle<br />

üblicher „romantischer“ Überhöhung“<br />

wird ihm das bessere Geschmacksurteil<br />

zugeschrieben. Das populistische Argument<br />

kann zunächst nur dort bestehen,<br />

wo es gegen ein in seiner Architektursprache<br />

einer Elite zuzuschreibendes Gebäude<br />

gerichtet ist, also sowohl einen zeitgenössischen,<br />

als „hässlich“ erachteten Neubau<br />

oder ein vorhandenes Gebäude, deren<br />

Denkmalwert von der Allgemeinheit nicht<br />

erkannt wird bzw. aus Gründen der historischen<br />

Einordnung abgelehnt wird. Hier<br />

ist die Gegnerschaft zu einer vorherrschenden<br />

Meinung als Kernelement des Populismus<br />

deutlich erkennbar. Im Weiteren ist es<br />

aber auch möglich, in Rekonstruktionsdebatten,<br />

die ohne Gegnerschaft zu einem<br />

konkreten „modernen“ Gebäude oder einer<br />

entsprechenden Planung auskommen<br />

müssen, populistische Argumente auszumachen,<br />

da hier etwa allgemein von den<br />

durch die moderne Planung entstandenen<br />

„Wunden“ gesprochen wird, die durch das<br />

Vorhaben „geheilt“ werden sollen (etwa die<br />

„Wunde Dresden“, die durch die Rekonstruktion<br />

von Frauenkirche und Neumarkt<br />

geschlossen werden soll; vgl. das entsprechende<br />

Kapitel). Ganz allgemein ist auch<br />

eine Tendenz zu einer Orientierung demokratischer<br />

Entscheidungen allein am<br />

Mehrheitswillen festzustellen, während<br />

konstitutionelle Politikformen, die in ihrem<br />

Entscheidungsprozess auch Experten-<br />

und Mindermeinung integrieren, als<br />

vom Volkswillen „entfremdet“ dargestellt<br />

werden (vgl. Battis zit. in BMVBS 2009: 41).<br />

Folgt man dem von Priester (2007) formuzeugt<br />

werde. Der Konsument wolle, „was<br />

auch immer die Lifestyle-Magazine in diesem<br />

Jahr gerade propagieren“. Für die Niederlande<br />

sieht er einen daraus erwachsenden<br />

Boom traditioneller Bauformen, die<br />

in der Liberalisierung des Baugeschehens<br />

und Ideenlosigkeit der lokalstaatlichen<br />

Planung begründet liege. Während international<br />

die zeitgenössische niederländische<br />

Architektur hoch geschätzt sei, gebe<br />

es dort mittlerweile eine „Architekturverdrossenheit“.<br />

Da aber nur wenige Produzenten<br />

entsprechende Gebäude lieferten,<br />

sei eine Angebotsökonomie entstanden,<br />

„die sich nur andeutungsweise das Mäntelchen<br />

des Retro-Stils umgehängt hat“.<br />

Populismus und Rekonstruktion<br />

Ausgehend von dieser Beschreibung aktueller<br />

wie allgemeiner populistischer<br />

Tendenzen in der Gesellschaft soll nachfolgend<br />

versucht werden, mögliche Verbindungen<br />

zu der hier betrachteten Rekonstruktionswelle<br />

zu untersuchen, die<br />

zeitlich weitgehend parallel mit der aktuellen<br />

Form des europäischen Populismus<br />

in der Bundesrepublik entstanden ist.<br />

Hierbei sollen vier Thesen überprüft werden:<br />

• Rekonstruktionsbefürworter bedienen<br />

sich populistischer Argumente. Sie bedienen<br />

sich damit der vorhandenen populistischen<br />

Ideologie und verbreiten<br />

diese.<br />

• Der „eingebaute“ Populismus der bundesrepublikanischen<br />

Parteiendemokratie<br />

unterstützt das Aufkommen und die<br />

Durchsetzung von Rekonstruktionswünschen,<br />

da Wiederaufbauvorhaben<br />

als symbolische Handlungen funktionieren.<br />

• Ist das populistisch-plebiszitäre Demokratiekonzept<br />

innerhalb einer Stadtgesellschaft<br />

hinreichend stark vertreten, so<br />

begünstigt dies die erfolgreiche Durchsetzung<br />

von Wiederaufbauvorhaben.<br />

• Die Rekonstruktionswelle ist politischer<br />

Inhalt einer eigenständigen populistischen<br />

Bewegung.<br />

Populistische Argumente<br />

in Wiederaufbau-Prozessen<br />

An dieser Stelle soll vor allem untersucht<br />

werden, ob sich innerhalb der Argumente<br />

von Rekonstruktionsbefürworter populistische<br />

Inhalte nachweisen lassen. Weniger<br />

geht es darum, die Form der Auseinandersetzung<br />

auf populistische Tendenzen hin<br />

zu überprüfen.

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