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86 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

Etwas anders sieht etwa Spier (2006: 37)<br />

das universelle Merkmal in populistischen<br />

Handlungsweisen in einer Ansprache des<br />

„Volkes“ bzw. des „kleinen Manns auf der<br />

Straße“ als homogene Masse, das verstärkt<br />

werde durch das Feindbild der „korrupten<br />

Elite“. Auch Meyer (2006: 81) sieht das<br />

„Volk“ stärker im Zentrum des Populismusbegriffs<br />

als die Polarität zwischen Volk<br />

und Elite. Im Mittelpunkt ständen dessen<br />

Angst und Misstrauen gegen „die da oben“.<br />

Allerdings erweitert Meyer hier den Begriff<br />

des Volkes, wenn er darin Unter- und<br />

Mittelschicht zusammenfasst, womit er<br />

ein Stück weit Priesters (2007) Fokussierung<br />

auf die Mitte der Gesellschaft vorwegnimmt.<br />

Verstärkt wird diese Polarisierung<br />

bzw. Fixierung auf „die kleinen Leute“<br />

durch eine von den Autoren als „romantisch“<br />

bezeichnete Überhöhung des Volkes.<br />

Innerhalb populistischer Rhetorik werden<br />

dem Volk positive Eigenschaften wie einfach,<br />

ehrlich, vernünftig, hart arbeitend<br />

oder grundanständig zugeschrieben, die<br />

einer „korrupten Elite“ verloren gegangen<br />

seien (Spier 2006: 37). Decker (2006: 12; vgl.<br />

Canovan 1981: 290) erweitert dies, indem<br />

er in diese „Romantisierung“ auch frühere<br />

Zustände einbezieht wie etwa das Ideal<br />

„einer gewachsenen und überschaubaren<br />

Gemeinschaft, die vom Staat gegen Übergriffe<br />

geschützt wird“.<br />

Neben dieser inhaltlichen Begriffsbestimmung<br />

bestehen aber auch solche, die Populismus<br />

anhand der diskursiven Form<br />

populistischer Personen und Gruppen her<br />

bestimmen wollen. Dann wird ein übergreifendes<br />

Merkmal des Populismus etwa<br />

in charismatischen Führerfiguren als Vertretern<br />

des Volkes gesehen (Spier 2006: 37–<br />

38). Inzwischen hat sich offenbar die Auffassung<br />

durchgesetzt, dass populistische<br />

Tendenzen sich am besten in einer Verbindung<br />

von Form und Inhalt charakterisieren<br />

lassen. (Meyer 2006: 81) So stehen<br />

sowohl die Technik der Ansprache und<br />

Überzeugung als auch Aufbau und Funktionsweise<br />

einer populistischen Gruppe<br />

in (zumindest scheinbarem) Einklang mit<br />

deren Inhalten (vgl. Decker 2006: 11). Für<br />

Rensmann (2006: 76–77) spiegelt sich diese<br />

Verbindung „in der Berufung auf plebiszitäre,<br />

anti-konstitutionelle Politikformen,<br />

die der Parteiendemokratie und<br />

ihrer überkommenen Formen der Interessenvermittlung<br />

normativ entgegen gestellt<br />

werden“, wider. Meyer (2006: 81) sieht hier<br />

den Populismus nicht nur als eine soziale<br />

Protestbewegung gegen entfremdete Herrschaft,<br />

sondern auch als eine Herrschaftstechnik.<br />

Eine populistische Strategie<br />

setze auf Einfachschablonen und die Zuspitzung<br />

oder Entdifferenzierung in einem<br />

Freund-Feind-Schema, während verständigungsorientierte<br />

Kommunikationsformen<br />

abgebrochen würden. Zudem würden<br />

populäre Vorurteile verschärft und komplexe<br />

Lösungen und Kompromisse als korrupt<br />

verdächtigt. Gleichzeitig verweist er<br />

explizit darauf, dass der Populismus in jeder<br />

Form ohne konstruktives „Handlungsprogramm“<br />

auskomme.<br />

Da nachfolgend Verbindungen mit der<br />

zeit genössischen Rekonstruktions welle<br />

un ter sucht werden sollen, soll nachfolgend<br />

etwas vertieft auf die weiterführende<br />

Populismustheorie von Priester (2007)<br />

eingegangen werden, die davon ausgeht,<br />

dass der heutige Populismus auch den teilweise<br />

in den obigen Kapiteln dargestellten<br />

gesellschaftlichen Wandel inkorporiert<br />

hat. Durch höhere Bildungsabschlüsse,<br />

Emanzipationsbewegungen und Modernisierung<br />

sei spätestens heute weniger das<br />

„Volk“ bzw. die Unterschicht als vielmehr<br />

der „mündige[...], kalkulierende[..] Bürger“<br />

und somit die gesellschaftliche Mitte<br />

der Bezugsrahmen für populistisches<br />

Handeln. Wenn er den Interessen dieser<br />

Personengruppe folgt, könne der zeitgenössische<br />

Populismus auch als Auseinandersetzung<br />

zwischen dem Staatssektor<br />

und der emanzipierten (Klein-)Bürgertum<br />

als neues Feld sozialer Auseinandersetzungen<br />

verstanden werden. „Populismus<br />

ist, zugespitzt formuliert, die Revolte gegen<br />

den modernen Staat“ (auch i. F. Priester<br />

2007: 10), der sich als intervenierender,<br />

expertengeleiteter, technokratisch-steuernder<br />

und planender Staat gebärde. Der<br />

Populismus sei somit „eine Volksvariante<br />

des konservativen ‚Denkstils‘“ nach Karl<br />

Mannheim und „angesiedelt im Dreieck<br />

von Anarchismus, Liberalismus und Konservativismus“.<br />

Damit widerspricht sie indirekt<br />

auch Decker (2006: 26–27), der mit<br />

Verweis auf Rosenberger (2001: 106–107;<br />

vgl. auch Rensmann 2006: 77) „den Populismus<br />

als eine im Kern anti-liberale Ideologie“<br />

bezeichnet hatte. Unterstützung erhält<br />

sie hingegen von de Bryn (2003) und<br />

Lootsma (2008), die beide auch dem Wir­

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