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PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

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Zusammenfassung<br />

3<br />

nach einer vertrauten, persönlich gestalteten<br />

und nicht nur rein funktionalen Kriterien<br />

entsprechenden Umgebung entstand<br />

also und führte zu einer neuen, offenen<br />

Betrachtungsweise von Heimat, in der gemeinsam<br />

mit anderen selbst an ihrer Gestaltung<br />

mitgewirkt wird. Auch ortspolygame<br />

Menschen können demnach eine<br />

oder mehrere Heimaten haben, die nebeneinander<br />

stehen oder nacheinander<br />

an verschiedenen Punkten der Biographie<br />

als solche anerkannt werden. Zu der Hinwendung<br />

zur Tradition und dem Bezug auf<br />

die Vergangenheit kommt eine aktive Mitarbeit<br />

an der zukünftigen Gestalt der heimatlichen<br />

Umgebung hinzu. Dabei ist<br />

Heimat nur noch eines von mehreren identitätsstiftenden<br />

Elementen des postmodernen<br />

Menschen und als solches weniger exklusiv<br />

geworden. Auch Konservativismus<br />

und Suche nach Leitkultur (vgl. Kap. 3.45)<br />

werden bisweilen als Faktor genannt.<br />

Aufgrund des hohen Wohlstandsniveaus<br />

in der Bundesrepublik lässt sich die Basismotivation<br />

für die Handlungen der Menschen<br />

nicht mehr auf die Beseitigung<br />

eines Mangels, auf das Überleben zurückführen.<br />

Diese ist vielmehr vorrangig an<br />

der Gestaltung eines subjektiv als schön<br />

und aufregend empfundenen Lebens, also<br />

am Erleben orientiert (vgl. Kap. 3.46). Dabei<br />

differenzieren sich Erlebnisbedürfnisse<br />

anhand von verschiedenen Erlebnismilieus<br />

immer weiter aus. Diese Entwicklung<br />

spielt auch für die moderne Stadtentwicklungspolitik<br />

eine Rolle: Die Innenstädte<br />

werden zunehmend als „Gesamterlebnis“<br />

wahrgenommen, in denen sich kulturelle<br />

und wirtschaftliche Funktionen konzentrieren,<br />

und in denen durch vielfältige und<br />

intensive Nutzung Urbanität und metropolitanes<br />

Flair hervorgebracht werden sollen.<br />

Rekonstruktionen können in diesem<br />

Zusammenhang das Rahmen gebende<br />

Element für ein Erlebnis darstellen. Auch<br />

in diesem Abschnitt wird versucht, Rekonstruktionsbefürwortern<br />

den von Schulze<br />

(1992) identifizierten Erlebnismilieus zuzuordnen.<br />

Die Erlebnisgesellschaft führt<br />

auch zu einer stärkeren Eventisierung und<br />

Festivalisierung im Stadtraum, mithilfe<br />

derer sich Städte selbst inszenieren. Sie<br />

werden von Touristen wie von Einheimischen<br />

vor allem ihres Erlebniswerts wegen<br />

aufgesucht, zu dem auch rekonstruierte<br />

Gebäude beitragen. Die Authentizität<br />

eines Ortes oder eines Gebäudes spielt im<br />

Zuge dessen eine zunehmend untergeordnete<br />

Rolle.<br />

Wiederaufbauprozesse<br />

Die Entscheidungsprozesse zu Wiederaufbauverfahren<br />

werden von einem unmittelbaren<br />

politischen Umfeld beeinflusst. Bis<br />

zu einem gewissen Grad gilt das für das jeweils<br />

herrschende Klima, das in den späten<br />

1970er und frühen 1980er Jahren durch<br />

erste realisierte Rekonstruktionsvorhaben<br />

(vgl. Kap. 4.1), die nicht mehr dem Nachkriegswiederaufbau<br />

zugerechnet werden<br />

können, tendenziell zugunsten eines sich<br />

herausbildenden Bewusstseins über die<br />

vermeintliche bauliche Machbarkeit von<br />

Geschichte verändert wurden.<br />

In der westlichen Welt haben Institutionen<br />

des bürgerschaftlichen Engagements (vgl.<br />

Kap. 4.21) seit den 1970er Jahren stark an<br />

Einfluss auf politische Entscheidungen gewonnen.<br />

Besonders in Deutschland fand –<br />

mit der Studierendenbewegung der späten<br />

1960er Jahre als Katalysator – eine weit reichende<br />

Modernisierung und Politisierung<br />

der Gesellschaft statt, im Zuge derer sich<br />

eine Vielzahl basisdemokratischer Bewegungen<br />

und Organisationen gründete. Auf<br />

dem engagierten Bürger bzw. der engagierten<br />

Bürgerin lasten vielfältige und sich stetig<br />

erweiternde Hoffnungen – nicht zuletzt<br />

die, sie könnten in Zeiten chronisch knapper<br />

öffentlicher Kassen und im Zuge eines<br />

fortschreitenden Rückzug des Staates dessen<br />

vormalige Aufgaben teilweise übernehmen<br />

und gleichzeitig eine befürchtete<br />

gesellschaftliche Erosion im Sinne des von<br />

Putnam (2000) für die Vereinigten Staaten<br />

konstatierten „Bowling Alone“ verhindern.<br />

Die Bürger treibt meist aber eine eigene<br />

und ganz individuelle Kombination von<br />

Motivationen, die in diesem Abschnitt aufgezeigt<br />

werden. Zudem lässt sich feststellen,<br />

dass das ungezwungene, das informelle<br />

Engagement immer stärker nachgefragt<br />

wird: Engagement ja, langfristige Mitgliedschaften<br />

eher nein. Selbst wenn die<br />

Engagierten sich oft über Jahre hinweg für<br />

eine Sache einsetzen bzw. für eine Organisation<br />

arbeiten, genießen sie dennoch die<br />

lockeren Strukturen dieser Art der posttraditionalen<br />

Vergemeinschaftung, die ihnen<br />

die Möglichkeit geben, jederzeit „Nein“<br />

zu sagen und sich anderweitig zu orientieren.<br />

Ein Einsatz für Rekonstruk tionen bietet<br />

beispielsweise die Möglichkeit, sich einem<br />

relativ überschaubaren Projekt mit<br />

hoher Außenwirkung anzuschließen, das<br />

– selbst wenn es sich über viele Jahre hinzieht<br />

– immer noch ungleich konkreter<br />

und Erfolg versprechender scheint als das

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