ASPEKTE DES DEUTSCHEN WORTSCHATZES - MEK
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Warum die „Sommerfrische“ so schnell veraltete, lässt sich erklären.<br />
Der Begriff wurde zu eng, als das Verreisen zum Wintersport („Winterfrische“)<br />
immer beliebter wurde und schließlich Urlaubsreisen das ganze<br />
Jahr hindurch üblich geworden sind. „Urlaub“ ist älter, nämlich althochdeutsch,<br />
aber neutraler: „Ferien“ noch älter, nämlich lateinisch,<br />
und ebenfalls ein allgemeiner Begriff. Außerdem haftet der Sommerfrische<br />
etwas Bürgerliches, wenn nicht Spießbürgerliches an. Es war der<br />
„Mittelstand“, der sommers „Erholung“ auf dem Lande suchte, jahrelang<br />
am selben Ort. Jetzt düsen sie nach Süden. Der Untergang eines<br />
Wortes quittiert also wechselnde Gewohnheit.<br />
Das Wort soll nicht ohne Nachruf verschwinden. Eltern und Großeltern<br />
können den Verlust ermessen. Die Jungen wissen gar nicht, was sie verloren<br />
haben. Die Kurdirektion von Oberbozen, der ersten Sommerfrische<br />
der Welt, müsste eine Trauerfeier terminieren. Oder wenigstens eine<br />
kleine Gedenktafel ans Fitness-Center heften lassen.<br />
Hans Daiber (aus: Kölner Stadtanzeiger vom 26.6.1985)<br />
Eben bekomme ich vom Customer Care der deutschen Telekom AG die<br />
Message, dass ich jetzt meine Rechnung Online bekomme. Ich kann sie<br />
dann downloaden und auf meine Hard Disc storen. Nachdem ich sie auf<br />
meinem Laser-Jet geprintet habe, kann ich sie dann dort wieder deleten,<br />
damit sie mir nicht zuviel Space wegnimmt. Für künftigen Access habe<br />
ich mir sicherheitshalber die URL der Web Site gebookmarkt. Bei Unklarheiten<br />
darf ich die Hotline contacten.<br />
(zitiert nach Sprachreport 2002/Heft 3. Zifonun, Gisela: Überfremdung<br />
des Deutschen: Panikmache oder echte Gefahr?)<br />
Der Wortschatz einer natürlichen Sprache ist nicht statisch, sondern zeigt viele dynamische<br />
Züge auf. Die Entwicklung des Wortschatzes des Deutschen nimmt besonders<br />
seit dem 19. Jahrhundert rasant zu. Das kann auf mehrere außersprachliche<br />
(Punkte 1,2,3,4,5) und sprachliche Ursachen (Punkt 6) zurückgeführt werden:<br />
1) auf die Erkenntnisse der Wissenschaft, der Technik und der Wirtschaft<br />
2) durch die fortdauernde Verwissenschaftlichung und Technisierung<br />
3) durch lexikalische Internationalisierung (Kontakte und Entlehnungen mit anderen<br />
Sprachen und Kulturen)<br />
4) durch lexikalische Ausdifferenzierung (z.B. Freizeit- und Reisesprache)<br />
5) durch lexikalische Popularisierung/Deutlichmachung (z.B. jargonale Wörter)<br />
6) durch die Entstehung neuer Wörter auf dem Wege der Wortbildung<br />
Die genannten Ursachen zur rasanten Vermehrung des deutschen Wortschatzes sind<br />
keinesfalls homogen, sondern sie deuten auf unterschiedliche Veränderungen hin, die<br />
durch das Wechselverhältnis zwischen Sprachgemeinschaft und Sprache entstehen.<br />
So stehen bei Punkt 1 und 2 die Benennungsbedürfnisse der Sprachgemeinschaft im<br />
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