ASPEKTE DES DEUTSCHEN WORTSCHATZES - MEK
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sich auf eine ungenannte, sprachexterne Größe. Hierher zählt man die sog. Possessivkomposita<br />
(auch: Bahuvrihi-Bildungen), die in ihrer Struktur den Determinativkomposita<br />
ähnlich sind, aber ihrer Bedeutung nach nicht. Das Zweitglied bestimmt<br />
nämlich nicht die Gesamtbedeutung des Kompositums. Das Zweitglied ist meist ein<br />
Körperteil, das für den ganzen Menschen steht: Dickkopf (ein störrischer Mensch),<br />
Langfinger (ein Mensch der stiehlt), Heulsuse (eine Person, die dauernd weint, quengelt),<br />
Angsthase (ängstlicher Mensch), Blauhelme (UNO-Soldaten, erkennbar an den<br />
blauen Helmen).<br />
Oft werden sie als Determinativkomposita mit übertragener Bedeutung gebraucht.<br />
Sie haben einen stilistischen Wert, jedoch ist ihr Gebrauch durch Situation, Thema<br />
und Textsorte sehr eingeschränkt. Manche Fachliteratur erwähnt (vgl. Erben 1983),<br />
dass auch die früher „Satznamen“ (auch Zusammenrückungen) genannten Bildungen<br />
zu dieser Gruppe gehören: Tunichtgut, Gernegroß, Dreikäsehoch.<br />
Zu den Determinativkomposita zählen auch die Zusammenbildungen, bei denen<br />
zwischen den UK eine Wortgruppe-Relation besteht: Rundtischgespräch (Gespräch<br />
am runden Tisch), vierhändig (mit vier Händen).<br />
Eine Besonderheit der Komposita stellt die Klammerform dar: Hier wird ein<br />
mittleres Glied des Kompositums eingespart, wie in Bier(glas)deckel,<br />
Fern(sprech)meldeamt.<br />
Als eine Stütze bei der Interpretation der substantivischen Komposita kann die Erkenntnis<br />
dienen, dass wir nach einem internen grammatischen Verhältnis der Glieder<br />
zueinander zwischen Rektions- und Nicht-Rektionskomposita unterscheiden können.<br />
Nicht-Rektionskomposita sind dadurch gekennzeichnet, dass sie potenziell unendlich<br />
viele Lesarten haben können, d.h. die Relation zwischen den Konstituenten<br />
äußerst vielfältig ist. Hierfür stehe das bekannte Beispiel von Heringer (1984: 2, 9):<br />
Fischfrau<br />
1. Frau, die Fisch verkauft<br />
2. Frau des Fischs<br />
3. Frau, die im Sternbild geboren wurde<br />
4. Frau, die gerade Fisch isst<br />
5. Frau und Fisch (Nixe)<br />
6. Frau, die Fisch produziert<br />
7. Frau, die vom Fisch abstammt<br />
8. Frau, die kühl ist wie ein Fisch<br />
9. Frau, die den Fisch gebracht hat<br />
10. Frau, die beim Fisch steht<br />
11. Frau, die ein Fischgesicht hat.<br />
Die Lesarten sind weitgehend offen, auch abhängig von vielen außersprachlichen<br />
Faktoren. Erst - und Zweitglied haben keine spezifische Beziehung, die aktuelle Lesart<br />
entsteht durch die Situation, den Kontext, durch das Zusammenspiel vieler prag-<br />
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