ASPEKTE DES DEUTSCHEN WORTSCHATZES - MEK
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Synonymie und Referenzidentität<br />
Die Benennung des gleichen Denotats durch Lexeme mit unterschiedlichem Formativ<br />
wird auch Referenzidentität genannt. Die Referenzidentität darf jedoch nicht mit<br />
der Synonymie gleichgesetzt werden. Goethe und der Verfasser des Werther beziehen<br />
sich zwar auf die gleiche Person, haben aber verschiedene Bedeutungen. Man<br />
kann ja auf denselben Gegenstand oder Sachverhalt mit sehr unterschiedlichen Ausdrücken<br />
hinweisen, z.B. auf einen Hund mit Waldi, Hund, Tier, Mistvieh usw. Solche<br />
Lexeme sind dann zwar referenzidentisch aber nicht synonym. Den Unterschied zwischen<br />
Referenzidentität und Synonymie illustrieren die verhüllenden Ersatzausdrücke,<br />
die sog. Euphemismen sehr gut.<br />
Lexempaare, wie sterben – von uns gehen, lahm – gehbehindert, Kriegsminister –<br />
Verteidigungsminister bezeichnen dasselbe auf andere Weise (mehr zu den Euphemismen<br />
vgl. Kap. 4).<br />
Polyseme Wörter liefern einen überzeugenden Beweis dafür, dass Synonymie<br />
nicht zwischen den Lexemen im Allgemeinen besteht, sondern sie richtet sich nach<br />
den Bedeutungen des polysemen Wortes, z.B. frommer Mensch – gläubiger, religiöser<br />
Mensch, aber frommes Pferd – gehorsames, nicht tückisches Pferd.<br />
Funktionen der Synonymie<br />
In der Fachliteratur werden folgende Funktionen von Synonymie auseinandergehalten<br />
(Schippan 1992):<br />
a.) Synonyme benennen jeweils ein Merkmal oder einen Aspekt des Denotats,<br />
z.B. Löwenzahn, Pusteblume, Kuhblume, Milchstängel sind Bezeichnungen<br />
für eine und dieselbe Pflanze. Dabei deutet Kuh- auf die<br />
Pflanze als Futterpflanze, Milch- auf den Milchsaft im Stängel usw. hin.<br />
Die benannten Aspekte oder Merkmale bringen jeweils andere Assoziationen<br />
mit ins Spiel.<br />
b.) Synonyme haben in Texten oft eine erläuternde Funktion: z.B. Lexeme<br />
können kompatibel, d.h. vereinbar sein.<br />
c.) Die Aufzählung von Synonymen kann auch eine Steigerung bewirken,<br />
z.B. Die Tatsache, dass es Widersprüche, Kollisionen, Konflikte gibt.<br />
d.) Synonyme können unterschiedliche Wertungen oder Emotionalität ausdrücken,<br />
z.B. Hund – Köter.<br />
Ursachen der Synonymie<br />
Die Entstehung von neuen Synonymen ist vielfältig motiviert, wobei kommunikative<br />
und kognitive Bedürfnisse eine Rolle spielen. Die Ursachen der Synonymie korrelieren<br />
selbstverständlich mit deren Funktionen.<br />
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