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ASPEKTE DES DEUTSCHEN WORTSCHATZES - MEK

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Hinsichtlich der Bedeutungserschließung komplexer Bildungen bedient man sich u.a.<br />

dem Prinzip der Kompositionalität.<br />

Die Kompositionalität (in der Fachliteratur auch als Frege-Prinzip bekannt) basiert<br />

auf der erwähnten kompositionell-regulären Vorgehensweise, nach der komplexe<br />

Ausdrücke interpretiert werden. In dieser Vorgehensweise ergibt sich die Bedeutung<br />

des komplexen Ausdrucks aus der Bedeutung der Bestandteile/ Konstituenten<br />

und der Art und Weise, wie sie miteinander verbunden sind. In diesem<br />

Fall spricht man von morphosemantischer Motivation. Auf dieser Grundlage ist es<br />

meistens auch einfach, die Bedeutung (Bed.) komplexer Wortstrukturen zu interpretieren:<br />

Bed. X + Bed. Y + Relation zwischen beiden = neue Wortbildungsbed.<br />

Die auf diese Weise gebildeten Wortkonstruktionen können mit der Paraphrasierung<br />

(Umschreibung) am leichtesten semantisch beschrieben werden, z.B.<br />

zweirädrig = zwei Räder habend,<br />

Tuchschuhe = Schuhe aus dem Material Tuch angefertigt.<br />

Sehr oft ist es jedoch der Fall, dass wir die Bedeutungen der Komponenten nicht<br />

mehr erkennen (insbesondere aus diachroner Sicht) oder die Gesamtbedeutung ist<br />

nicht mehr an den Teilbedeutungen orientiert. In diesen Fällen haben wir es mit einer<br />

Demotivierung oder Idiomatisierung zu tun. Vergleichen wir mal folgende Wortbildungen<br />

aus semantischer Sicht:<br />

Großstadt = eine große Stadt<br />

Großmutter ≠ eine große Mutter<br />

Lehrer = jemand, der lehrt<br />

Tischler ≠ der Tische herstellt<br />

Letztere Berufsbezeichnung ist nicht mehr transparent, weil ein Tischler nicht nur<br />

Tische herstellt. Genauso kann ein Handtuch nicht nur zum Abtrocknen der Hände<br />

dienen.<br />

Zwischen den vollmotivierten Bildungen (morphosemantische Motivation) und<br />

den Idiomatisierungen gibt es viele Zwischenstufen. So kennen wir teilmotivierte<br />

Bildungen, wie Brombeere, die zwar Beeren sind, aber Brom- kann nicht mehr mit<br />

einer konkreten Bedeutung identifiziert werden.<br />

Ähnliche Beispiele sind herrlich und herrisch, wobei ersteres völlig idiomatisiert<br />

ist, letzteres teilmotiviert ist, weil in der Gesamtbedeutung von der ursprünglichen<br />

Bedeutung von ‚Herr’ noch etwas enthalten ist.<br />

Auch die Lexikalisierung soll hier erwähnt werden, wobei es darum geht, dass von<br />

mehreren Bedeutungsalternativen sich nur eine durchsetzt, die in den Wortschatz der<br />

Sprache (mentales Lexikon) eingeht, und so bekannt und gebraucht wird. So könnte<br />

das Wort Holzkiste vieles bedeuten: Kiste aus Holz (Material), Kiste für Holz<br />

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