ASPEKTE DES DEUTSCHEN WORTSCHATZES - MEK
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gesprochene Sprache<br />
Möglichkeit des Unterbrechens<br />
der Sprechsituation,<br />
„Sprache der Nähe“.<br />
geschriebene Sprache<br />
Kommunikationskanal nur sprecherseitig<br />
offen,<br />
„Sprache der Distanz“.<br />
Die aufgezählten Unterschiede sind zwar selbst für Laien in Alltagsgesprächen- und<br />
situationen eindeutig wahrzunehmen, dennoch steht man bei der medialen Differenzierung<br />
vor großen Schwierigkeiten, weil es eine ganze Reihe von Texten, Textsorten<br />
gibt, die nicht eindeutig der einen oder anderen medialen Varietät zuzuordnen<br />
sind. So kann z.B. ein wissenschaftlicher Vortrag zwar mündlich realisiert sein, aber<br />
seine übrigen Charakteristika (Wortwahl, Syntax, Textaufbau) sind eher für den<br />
schriftlichen Bereich typisch. Ähnliche Schwierigkeiten können wir bei den neuen<br />
elektronischen Kommunikationsformen sehen, wie die E-Mail- und Chat-<br />
Kommunikation, die zwar schriftlich realisiert werden, doch die meisten ihrer Eigenheiten<br />
gehören in den Bereich der mündlichen Kommunikation. Diese Schwierigkeiten<br />
hängen mit der Begriffsdifferenzierung von ‚mündlich’ und ‚schriftlich’ zusammen,<br />
weil diese Begriffe in zweifacher Lesart erscheinen: Zum einen beziehen sie<br />
sich auf das Medium der Realisierung sprachlicher Äußerungen, in einer anderen<br />
Lesart bedeuten diese Termini die Modalität der Äußerungen, also die Konzeption<br />
selbst, die die Äußerung prägt und bestimmt (vgl. Koch/Österreicher 1994: 587).<br />
Somit kann unter Mündlichkeit/Schriftlichkeit einmal eine rein technische Realisierung,<br />
die äußere Form von Texten, verstanden werden. Andererseits kann darunter<br />
auch die konzeptionelle Mündlichkeit/Schriftlichkeit verstanden werden, durch die<br />
Angabe der Umstände der konkreten Kommunikationssituation: ob die Kommunikation<br />
in einer raum-zeitlichen Nähe oder Distanz verläuft, ob die Kommunikation<br />
öffentlich oder privat ist, spontan oder themenfixiert usw.<br />
Zwischen gesprochener und geschriebener Sprache gibt es viele sprachliche und<br />
außersprachliche Unterschiede, doch auch viele Übergangsformen und auch solche,<br />
die den beiden Polen nicht eindeutig zuzuordnen sind. Das Medium alleine genügt<br />
also nicht, zwei separate Sprachsysteme anzunehmen (vgl. Dürscheid 2003). Notwendig<br />
sind weitere funktionale Differenzierungen, die zusätzliche Parameter für die<br />
Unterscheidung von Textsorten und Redekonstellationen angeben. Die weiteren Differenzierungen<br />
zwischen ‚gesprochen’ und ‚geschrieben’ werden auch Textsorten<br />
genannt mit vielen Übergangsformen. Mithilfe des Konzepts der Mündlichkeit/Schriftlichkeit-Skala<br />
lassen sich die Textsorten mehr oder weniger medial und<br />
konzeptionell einordnen (vgl. Ammon 2001: 363ff.).<br />
1.3.2 Die nationalen und regionalen Varietäten<br />
Deutsch ist unter den europäischen Sprachen als plurinationale (eine Sprache verteilt<br />
auf mehrere Nationen) Sprache zu betrachten, genauso wie das Englische und<br />
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