ASPEKTE DES DEUTSCHEN WORTSCHATZES - MEK
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3.2 Bedeutungsbeschreibungsverfahren<br />
Stichworte: analytisches Modell, Merkmalsemantik, Semem, Sem, notwendige<br />
und hinreichende Merkmale, holistisches Modell, Prototypentheorie, Prototyp,<br />
Familienähnlichkeit, graduelle Kategorienzugehörigkeit, Prototypensemantik,<br />
Vagheit der Bedeutung, Heckenausdrücke/hedges<br />
In der lexikalischen Semantik wurden grundsätzlich zwei Verfahren zur Beschreibung<br />
der lexikalischen Bedeutung entwickelt: die analytischen und die holistischen<br />
Verfahren oder Modelle.<br />
3.2.1 Analytische Modelle<br />
Zu den sog. analytischen Modellen lassen sich unterschiedliche Arten der Merkmalskonzeption<br />
oder Merkmalsemantik rechnen.<br />
Sie gehen davon aus, dass Bedeutungen keine ganzheitlichen Einheiten sondern<br />
zerlegbar sind. Sie setzen sich aus elementaren Inhaltselementen, den semantischen<br />
Merkmalen, auch semantischer Marker oder Sem genannt, zusammen. Die Bedeutung<br />
des Wortes Frau lässt sich zerlegen in folgende semantische Merkmale oder<br />
Seme: LEBENDIG, MENSCHLICH, ERWACHSEN, WEIBLICH. Die Summe der<br />
ermittelten semantischen Merkmale legt die innere Struktur der Bedeutung nahe,<br />
somit kann die Bedeutung als Merkmalbündel repräsentiert werden. Die Bedeutung<br />
wird auch als Semem bezeichnet. Der Prozess der Ermittlung der Bedeutung wird<br />
Komponentialanalyse genannt.<br />
Semantische Merkmale (= Seme) sind definiert als kleinste nicht mehr zerlegbare<br />
Elemente. Sie haben distinktive Funktionen, sie grenzen Wortbedeutungen voneinander<br />
ab. Durch das semantische Merkmal MÄNNLICH wird die Bedeutung von<br />
Frau von der von Mann abgegrenzt, durch MENSCHLICH etwa von Kuh, durch<br />
ERWACHSEN etwa von Mädchen usw.<br />
Dabei müssen die semantischen Merkmale notwendig und hinreichend sein. Semantische<br />
Merkmale, die in jeder Situation, in der das Wort benutzt wird, gültig und<br />
präsent sind, gelten als notwendig. Das Kriterium „hinreichend“ bedeutet, dass es die<br />
Unterscheidbarkeit von Bedeutungen sichert. Der Mensch z.B. ist als vernunftbegabtes,<br />
aufrecht gehendes Lebewesen definiert, diese Merkmale sind genügend, um die<br />
Bedeutung des Wortes Mensch von anderen Bedeutungen abzugrenzen. Die Haut-,<br />
Augen- oder Haarfarbe dieses Lebewesens als semantische Merkmale sind z.B. absolut<br />
irrelevant hinsichtlich der Bedeutung des Wortes Mensch.<br />
Bei der Analyse werden also jeweils zwei Wörter kontrastiert und eine Art Minimalpaar,<br />
wie sie in der Phonologie beschrieben wurde, aufgestellt. Die Minimalpaare<br />
sind Wortpaare, die sich nur in einem semantischen Merkmal unterscheiden (Frau-<br />
Mann, Frau-Kuh, Frau-Mädchen), sonst eine größtmögliche semantische Gemeinsamkeit<br />
aufweisen.<br />
Die Merkmalzuschreibung erfolgt dabei nach dem Prinzip „Alles oder Nichts”.<br />
Entweder gehört ein Ding zur Klasse X, oder es gehört nicht dazu. Ein Merkmal ist<br />
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