ASPEKTE DES DEUTSCHEN WORTSCHATZES - MEK
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Unter Variante verstehen wir unterschiedliche Realisierungen abstrakter linguistischer<br />
Einheiten auf allen Beschreibungsebenen.<br />
Die Wahl der im Sprachsystem vorhandenen Varianten wird von vielen außersprachlichen<br />
Faktoren wie Situation, Thema, Gesprächspartner, Zeit, Raum etc. beeinflusst,<br />
durch die jeweilige Norm der Leitvarietät (richtungsgebende Varietät) einer Sprache<br />
sowie durch die jeweilige Disposition des Sprechers eingeschränkt. Auch sind die<br />
Varianten nicht gleichrangig, manche besitzen in der Sprache/Sprachgemeinschaft<br />
ein höheres Prestige, andere eben das Gegenteil. Varietäten werden von der Sprachgemeinschaft<br />
unterschiedlich beurteilt, bewertet und sie können auch stigmatisiert<br />
oder einem Tabu unterworfen werden (vgl. Kap. 4).<br />
Dieses veränderbare und veränderliche Verhältnis zwischen Sprachsystem, Sprechern<br />
und Sprachgebrauch ist eine der wichtigsten Triebkräfte des Sprachwandels.<br />
Sprachliche Variation ist beim näheren Beobachten sprachlicher Äußerungen auf<br />
allen Ebenen des Sprachsystems wahrzunehmen:<br />
Im Bereich der Orthographie, auf der graphematischen Ebene (Variation in der<br />
Schreibung) haben wir ß/ss/sz bzw. SS/SZ als Varianten des deutschen Graphems (ß)<br />
(scharfes s). Die Grapheme ph und f als Varianten für das Phonem [f] kommen insbesondere<br />
in Lehnwörtern aus dem Griechischen (z.B. Photo-Foto, Graphik-Grafik<br />
vor.<br />
Bei der phonemischen Variation (Lautung) kennen wir verschiedene Bildungsweisen<br />
des Phonems r als Zungenspitzen-r (dental-alveolar), Zäpfchen/Rachen-r (uvular),<br />
sowie den Gaumen-Hinterzungen, sog. Reibe-r. Es geht also bei den einzelnen Typen<br />
um modifizierte Bildungsweisen, so um einmal/mehrmals bzw. kurz/länger angeschlagen<br />
oder vokalisierte Phonemvarianten; oft wird dieser Laut auch in regionaler<br />
Variation geprägt, z.B. bestimmte Varianten des Zungen-r in Bayern, Österreich, der<br />
Schweiz, in Hessen, usw.<br />
Vielfältig ist auch die Variation in der Aussprache, so kennen wir das Zungenspitzen<br />
-r, das mit mehreren Zungenschlägen gerollte r (wie im Ungarischen), das<br />
Zäpfchen-r und die r-Vokalisierung im Auslaut. Man könnte wohl sagen, dass jede<br />
Region ihre eigene Variation in der Aussprache der einzelnen Laute hat, insbesondere,<br />
wenn ihre Sprecher eine dialektale Basis haben.<br />
Die Variation im Flexionsbereich ist in der geschriebenen Sprache nicht auffallend,<br />
z.B. das Vorhandensein oder das Fehlen des -e im Dativ Singular bestimmter Substantive<br />
(am Tage - Tag). Die Variation ist hier im Allgemeinen geregelt, so steht<br />
das Flexiv -e vor konsonantischem Anlaut (am Tage danach - am Tag einmal), zum<br />
anderen hat -e auch eine historisch-archaisch-poetische Funktion oder es kann auch<br />
regional bestimmt sein. Die morphosyntaktische Variation betrifft die Realisierung<br />
einzelner grammatischer Kategorien, die allerdings bestimmten situativen, sozialen<br />
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