Geburten und Kinderwünsche in Deutschland
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Sozial-normative Determ<strong>in</strong>anten der Fertilität<br />
6 Sozial-normative Determ<strong>in</strong>anten der Fertilität<br />
Dieses Kapitel befasst sich mit dem E<strong>in</strong>fluss gesellschaftlicher Determ<strong>in</strong>anten<br />
wie Normen, Rollenbilder <strong>und</strong> Wertvorstellungen auf die Fertilität. Der E<strong>in</strong>fluss<br />
dieser Faktoren soll dabei nicht nur durch e<strong>in</strong>e Analyse der spezifischen Situation<br />
<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> deutlich gemacht werden, sondern er zeigt sich <strong>in</strong>sbesondere<br />
durch e<strong>in</strong>e Kontrastierung mit Ländern, die der B<strong>und</strong>esrepublik <strong>in</strong> vielerlei<br />
H<strong>in</strong>sicht (zum Beispiel wirtschaftlicher Entwicklungsgrad, Ausbau des Wohlfahrtsstaates,<br />
Erfahrung e<strong>in</strong>es historischen <strong>Geburten</strong>rückgangs) ähneln, heute<br />
jedoch e<strong>in</strong>e höhere Fertilität zu verzeichnen haben. Im Fokus wird hierbei an<br />
vielen Stellen e<strong>in</strong> Vergleich mit Frankreich stehen. Mit Blick auf die wohlfahrtsstaatliche<br />
Ausrichtung anhand der Typologie von Esp<strong>in</strong>g-Andersen<br />
(1990) ersche<strong>in</strong>en Frankreich <strong>und</strong> <strong>Deutschland</strong> ähnlich; beide werden dem<br />
konservativen Typ zugerechnet. Gauthier (1999) weist allerd<strong>in</strong>gs richtigerweise<br />
darauf h<strong>in</strong>, dass die klassische Wohlfahrtsstaatsforschung Unterschiede<br />
<strong>in</strong> den familienpolitischen Entwicklungen nur unzureichend erklären kann. So<br />
bestehen beispielsweise zwischen Frankreich <strong>und</strong> <strong>Deutschland</strong> deutliche Unterschiede<br />
<strong>in</strong> der Total Fertility Rate (im Folgenden kurz TFR). Als Erklärung für<br />
die höhere TFR Frankreichs wird häufig das Argument angeführt, diese sei<br />
durch e<strong>in</strong>en höheren Anteil <strong>und</strong> unterschiedliche Herkunftsländer der Migranten<br />
bed<strong>in</strong>gt (zum Beispiel Sobotka 2010: 42). Diverse Studien (zu den neueren<br />
zählen Davie <strong>und</strong> Mazuy 2010, Héran <strong>und</strong> Pison 2007, Sievert <strong>und</strong> Kl<strong>in</strong>gholz<br />
2009, Prioux 2007, Sobotka 2010, Toulemon 2004) können jedoch belegen,<br />
dass der E<strong>in</strong>fluss von Migranten auf die Fertilität, wenn auch vorhanden, nicht<br />
als entscheidender Faktor für die höhere Fertilität Frankreichs gegenüber<br />
<strong>Deutschland</strong>s gelten kann. Vielmehr kann im Folgenden gezeigt werden, dass<br />
sich die beiden Nachbarländer <strong>in</strong>sbesondere bezüglich familienbezogener<br />
Normen <strong>und</strong> Werte unterscheiden, welche sich – worauf das sich anschließende<br />
Kapitel 6 näher e<strong>in</strong>gehen wird – <strong>in</strong> unterschiedlichen politisch-rechtlichen<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen widerspiegeln.<br />
6.1 Normen zu Biografiegestaltung <strong>und</strong> Elternschaft im Lebenslauf<br />
Die Entscheidung für oder gegen e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d stellt e<strong>in</strong>es von vielen Ereignissen im<br />
Lebenslauf dar <strong>und</strong> muss immer im Zusammenhang mit anderen Lebenslaufentscheidungen<br />
analysiert werden. Birg, Flöthmann <strong>und</strong> Reiter (1991) (siehe<br />
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