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Geburten und Kinderwünsche in Deutschland

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<strong>Geburten</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>derwünsche</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>:<br />

Bestandsaufnahme, E<strong>in</strong>flussfaktoren <strong>und</strong> Datenquellen<br />

stimmung zur Aussage, dass e<strong>in</strong>e erwerbstätige Mutter e<strong>in</strong> genauso warmes<br />

<strong>und</strong> stabiles Verhältnis zu ihren K<strong>in</strong>dern aufbauen kann wie e<strong>in</strong>e nichtberufstätige<br />

Mutter, lagen die Deutschen nur im unteren Mittelfeld der betrachteten<br />

Länder (Rang 59 von 76). Zudem liegt <strong>Deutschland</strong> im Vergleich zu den anderen<br />

europäischen Ländern bezüglich der Aussage, dass K<strong>in</strong>der im Vorschulalter<br />

vermutlich darunter leiden, wenn ihre Mutter berufstätig ist, im oberen Mittelfeld<br />

(Rang 11 von 28). E<strong>in</strong> direkter Vergleich mit Frankreich auf Basis dieser<br />

Daten zeigt, dass die Erwerbstätigkeit von Müttern dort deutlich stärker akzeptiert<br />

wird als <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>: Die erstgenannte Aussage fand im Jahr 2000<br />

unter 77 % der Befragten Zustimmung (D: 67 %), die letztgenannte unter 56 %<br />

(D: 66 %) (Inglehart 2004). Auch Fagnani (2001; ähnlich Brachet et al. 2010)<br />

betont, dass es <strong>in</strong> Frankreich gesellschaftlich legitim ist, als Mutter berufstätig<br />

zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong> die K<strong>in</strong>der extern betreuen zu lassen, während <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

weiterh<strong>in</strong> Normen starke Geltungskraft besitzen, die die Präsenz der Mutter<br />

bei der Erziehung der K<strong>in</strong>der vorschreiben. Ruckdeschel (2009) weist zudem<br />

darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> Frankreich die Vere<strong>in</strong>barkeitsproblematik auf der praktischen,<br />

nicht aber auf der normativen Ebene existiert: „Die Debatte, ob e<strong>in</strong>e<br />

Mutter arbeiten sollte oder nicht, wird schlicht nicht geführt“ (Ruckdeschel<br />

2009: 111). Erwerbsarbeit <strong>und</strong> Mutterschaft werden <strong>in</strong> Frankreich laut<br />

Schultheis nicht als sich ausschließend angesehen, sondern führen e<strong>in</strong>e „friedliche<br />

– wenn auch sche<strong>in</strong>bar paradoxe – Koexistenz“ (Schultheis 1998: 215).<br />

H<strong>in</strong>ter diesen unterschiedlichen Betreuungsnormen <strong>und</strong> damit Mutterrollen <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> <strong>und</strong> Frankreich stehen verschiedene Vorstellungen bezüglich der<br />

Sozialisation von K<strong>in</strong>dern: Laut Luci ist <strong>in</strong> Frankreich die gesellschaftliche Vorstellung,<br />

dass e<strong>in</strong>e Erziehung von K<strong>in</strong>dern im Kollektiv dem Wohl des K<strong>in</strong>des<br />

diene, traditionell verankert. Ausgangspunkt ist die Vorstellung von der Seele<br />

e<strong>in</strong>es Neugeborenen als „weißes Blatt“ (Luci 2011: 12), das erst durch Sozialisation<br />

beschrieben wird <strong>und</strong> möglichst unterschiedlichen E<strong>in</strong>flüssen ausgesetzt<br />

werden sollte. Deswegen schadet e<strong>in</strong>e Mutter, die nicht ihre ganze Zeit<br />

der K<strong>in</strong>dererziehung widmet, sondern dieses auch von anderen Personen betreuen<br />

lässt, nicht dem K<strong>in</strong>deswohl <strong>und</strong> wird durchaus als gute Mutter (bonne<br />

mère) angesehen. In <strong>Deutschland</strong> wird die Seele e<strong>in</strong>es Neugeborenen demgegenüber<br />

traditionell als vollkommen gutwertig angesehen, <strong>und</strong> erst <strong>in</strong> der weiteren<br />

Entwicklung des K<strong>in</strong>des wird sie durch negative E<strong>in</strong>flüsse der Außenwelt<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt. Aus diesem Gr<strong>und</strong> fördert es die charakterliche Entwicklung<br />

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