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Geburten und Kinderwünsche in Deutschland

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Sozial-normative Determ<strong>in</strong>anten der Fertilität<br />

rung des klassischen Modells des demografischen Übergangs, das europäischen<br />

Ländern e<strong>in</strong>e Verschiebung des Gleichgewichts von hoher Sterblichkeit<br />

<strong>und</strong> hoher Fertilität h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em Gleichgewicht von niedriger Sterblichkeit<br />

<strong>und</strong> niedriger Fertilität zuschreibt. Im Mittelpunkt der Theorie des zweiten<br />

demografischen Übergangs stehen nun allerd<strong>in</strong>gs nachhaltige Veränderungen<br />

von Familie <strong>und</strong> Lebensformen, die dabei ebenfalls auf e<strong>in</strong>en Wertewandel <strong>in</strong><br />

Richtung Postmaterialismus zurückgeführt werden. Dah<strong>in</strong>ter steht die Annahme<br />

e<strong>in</strong>es „umfassenden, qualitativ neuartigen <strong>und</strong> unumkehrbaren demografischen<br />

Regimewechsels <strong>in</strong> den europäischen Ländern“ (Hu<strong>in</strong><strong>in</strong>k <strong>und</strong> Konietzka<br />

2007: 114), der dabei mit e<strong>in</strong>em soziokulturellen Umbruch e<strong>in</strong>hergeht, der<br />

den Wandel der Familien- <strong>und</strong> <strong>Geburten</strong>entwicklung als Ausdruck <strong>und</strong> Folge<br />

desselben versteht. Allerd<strong>in</strong>gs wurde auch die Erklärungskraft dieses, <strong>in</strong>sbesondere<br />

von Lesthaeghe (1992) <strong>und</strong> van de Kaa (1987) vertretenen Ansatzes<br />

bereits von verschiedener Seite kritisiert (vgl. dazu zum Beispiel Coleman<br />

2004). Zwar lässt sich empirisch e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>schneidender Wandel h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

demografischen Entwicklung feststellen, die Theorie des zweiten demografischen<br />

Übergangs lässt aber wesentliche Fragen offen. So bleibt beispielsweise<br />

unklar, ob sich der konstatierte Wertewandel als unabhängige Dimension des<br />

Modernisierungsprozesses darstellt. Auch kann mit Hilfe des Ansatzes nicht<br />

geklärt werden, wann <strong>und</strong> wie Werte die Entscheidungen der <strong>in</strong>dividuellen<br />

Akteure h<strong>in</strong>sichtlich Fertilität, Lebensformen <strong>und</strong> Familie bee<strong>in</strong>flussen <strong>und</strong><br />

auch der E<strong>in</strong>fluss gesellschaftlicher Rahmenbed<strong>in</strong>gungen bleibt ausgeklammert.<br />

Auch <strong>in</strong> der Population Policy Acceptance Study konnte ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutiger Trend<br />

zu postmaterialistischen Werten <strong>und</strong> größerer Selbstverwirklichung festgestellt<br />

werden (Dorbritz et al. 2005: 28). Die Ergebnisse der Studie zeigten vielmehr,<br />

dass K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Paarorientierung im Vergleich zu anderen Werten (wie<br />

zum Beispiel Berufsorientierung, Freizeit<strong>in</strong>teressen <strong>und</strong> Selbstverwirklichung)<br />

vorne <strong>in</strong> der Werthierarchie liegen. Allerd<strong>in</strong>gs zeigte sich dennoch, dass <strong>in</strong>sbesondere<br />

der Faktor Selbstverwirklichung, der mit Erwerbstätigkeit <strong>und</strong> Freizeit<br />

e<strong>in</strong> weiteres gr<strong>und</strong>legendes Wertebündel bildet, e<strong>in</strong>e Ablehnung der Familiengründung<br />

maßgeblich stützt. Dieser Bef<strong>und</strong> spricht damit für die These, dass<br />

familiale Orientierungen <strong>und</strong> Selbstverwirklichungsansprüche als mite<strong>in</strong>ander<br />

konkurrierende Werte auftreten, da sie potenziell unvere<strong>in</strong>bar sche<strong>in</strong>en (vgl.<br />

dazu auch Ruckdeschel 2007).<br />

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