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Medizinische Physik 3: Medizinische Laserphysik [2004]

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170 C. Cremer<br />

Weiterentwicklung von Computermodellen der Genomarchitektur ab, die in<br />

zunehmender Weise auch die physikalischen, chemischen, biochemischen,<br />

molekularbiologischen und biologischen ” Randbedingungen“ einbezieht<br />

( ” Theoretische Biophysik des Zellkerns“).<br />

Ein menschliches Chromosom mittlerer Größe besitzt (inklusive Proteine)<br />

mehrere Milliarden Atome und ca. 150 Mio. Basenpaare. Eine atomare Struktursimulation<br />

eines gesamten Chromosomenterritoriums oder gar eines Zellkerns<br />

auf dieser Ebene und unter Einbeziehung der o.g. Randbedingungen<br />

wäre derzeit vermutlich ein aussichtloses Unternehmen.<br />

Ein Weg zur Lösung besteht darin, bei möglichst einfachen geometrischen<br />

Modellen zu beginnen [27, 68] und dann zu immer komplexeren Modellen<br />

fortzuschreiten. Dies kann auf verschiedenen Ebenen geschehen. Zum Beispiel<br />

kann man bei ganzen Domänen oder sogar Territorien als ” Element“ beginnen.<br />

Bei der Struktursimulation der Domänen selbst kann man z.B. einfache<br />

geordnete Elemente wie eine 30 nm Faser annehmen oder auch von<br />

einem ” Zig-Zag“-Modell des Chromatins [102] ausgehen. Je nach Annahmen<br />

über die Wechselwirkungskräfte und Randbedingungen können dabei<br />

Strukturen mit höchst unterschiedlichen Ordnungsgraden simuliert werden.<br />

Eine Übertragung der formalen Grundprinzipien der Bildung von 3D-Proteinstrukturen<br />

aus der Faltung zunächst linearer Polyaminosäureketten [78, 95]<br />

würde z.B. die Möglichkeit ergeben, dass auch die nach der Replikation<br />

zunächst linearen DNA-Doppelstränge sich spontan zu höchst komplexen<br />

3D-Strukturen von funktioneller Bedeutung falten könnten. Derzeit erscheint<br />

es nicht mehr ausgeschlossen, dass auch die DNA die für eine derartige<br />

Übertragung erforderlichen Wechselwirkungsmechanismen besitzt: außer den<br />

abstoßenden elektrostatischen Kräften der Phospatgruppen sind auch sequenzspezifische<br />

anziehende Wechselwirkungen denkbar, z.B. über die Bildung<br />

tripelhelikaler Abschnitte [99]; die für die Strukturbildung von Proteinen<br />

wichtige Disulfidbrückenfunktion könnte bei DNA durch DNA-sequenzspezifische<br />

” Linker“-Proteine gegeben sein.<br />

Wie oben angedeutet, kann die Weiterentwicklung von Computermodellen<br />

für sich selbst ein äußerst reichhaltiges Spektrum von Chromatinmodellen<br />

generieren; offensichtlich wird eine sinnvolle Modellbildung nur in ständigem<br />

Vergleich mit quantitativen Strukturmessungen am tatsächlich existierenden<br />

Chromatin möglich sein.<br />

Die Integration von theoretischer Modellbildung und experimentellen<br />

quantitativen Verfahren in einer Biophysik des Zellkerns lässt ein wesentlich<br />

vertieftes Verständnis der funktionellen Organisation des Genoms erwarten;<br />

daraus ergibt sich auch eine unmittelbare Relevanz für eine dreidimensionale<br />

Genompathologie.<br />

Verfahren der konfokalen Mikroskopie und andere Methoden der hochauflösenden<br />

dreidimensionalen Bildgewinnung können hier weitere wichtige<br />

Beiträge leisten.

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