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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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Glutaugen, deren Glanz allerd<strong>in</strong>gs jetzt vor Durst, Hunger, Angst und Leid erblichen war.<br />

„Sprichst Du arabisch?“ fragte ich ihn.<br />

„Targhia und arabisch,“ antwortete er zu me<strong>in</strong>er Freude, und man darf sich darüber,<br />

daß er sich <strong>in</strong> zwei Sprachen, allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> nur k<strong>in</strong>dlicher Weise, ausdrücken konnte, nicht<br />

wundern, weil <strong>in</strong> jenen südlichen Gegenden der Mensch sich weit schneller entwickelt als<br />

bei uns.<br />

„Wie nennt man Dich?“ forschte ich weiter.<br />

„Khaloba.“<br />

„Wer ist De<strong>in</strong> Vater?“<br />

„Rhagata, der oberste Scheik der Kelowi.“<br />

So hatte me<strong>in</strong>e Ahnung mich also nicht getäuscht; er war der Häuptl<strong>in</strong>gssohn der<br />

Tuareg, welche uns überfallen hatten. Ich erfuhr von ihm, wie er <strong>in</strong> die Hände der Tibbu<br />

geraten war. Als se<strong>in</strong> Vater mit den Kriegern fortgeritten war, hatte sich e<strong>in</strong>, natürlich<br />

angeblicher, Haussa e<strong>in</strong>gestellt und um Gastfreundschaft gebeten; man hatte sie ihm<br />

gewährt; aber des Nachts, als alles schlief, hatte er sich des Knaben bemächtigt und ihn<br />

weit, weit fortgeschafft bis zu e<strong>in</strong>er Stelle, wo neunzehn Männer mit e<strong>in</strong>em Tachtirwan<br />

gewartet hatten. Dieser Knabenräuber war der Anführer der Tibbu, der nicht bloß mit den<br />

Kelowi-Tuareg <strong>in</strong> Todfe<strong>in</strong>dschaft, sondern außerdem mit ihrem Scheik <strong>in</strong> Blutrache stand<br />

und darum den allerd<strong>in</strong>gs höchst verwegenen Coup ausgeführt hatte, sich des e<strong>in</strong>zigen<br />

Sohnes se<strong>in</strong>es Blutfe<strong>in</strong>des zu bemächtigen und ihm dadurch den allerschmerzlichsten<br />

Schlag zuzufügen. Der Kle<strong>in</strong>e fragte mich, ob ich ihn zu se<strong>in</strong>em Vater zurückbr<strong>in</strong>gen<br />

wolle, und ich antwortete ich, daß ich das allerd<strong>in</strong>gs und sehr gern thun würde. Me<strong>in</strong> Plan<br />

war folgender: Ich nahm mit Sicherheit an, daß die Tuareg <strong>in</strong> unserm Lager geblieben<br />

seien, und wollte heute Abend h<strong>in</strong>, um ihrem Anführer zu sagen, daß se<strong>in</strong> Sohn <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er<br />

Gewalt, ich aber bereit sei, ihn gegen den Kaufmann Abram Ben Sakir, se<strong>in</strong>e Leute und<br />

alles, was ihm gehörte, umzutauschen. Ich war überzeugt, daß er, wenn auch nach<br />

e<strong>in</strong>igem Zögern, darauf e<strong>in</strong>gehen würde. Kamil sollte <strong>in</strong>dessen den Knaben hier<br />

bewachen, den ich nicht eher auszuliefern beabsichtigte, als bis me<strong>in</strong>e Bed<strong>in</strong>gungen<br />

erfüllt wären und mir außerdem die Gewißheit zugesprochen worden sei, daß man mich<br />

und Kamil als freie Männer und Freunde des Stammes betrachten und behandeln werde.<br />

Nachdem wir e<strong>in</strong> sehr frugales Mahl zu uns genommen hatten, legte ich mich schlafen.<br />

Kamil mußte wachen und mich bei E<strong>in</strong>bruch der Dämmerung wecken. Ich bestieg me<strong>in</strong><br />

Kamel und ritt fort, nachdem ich dem Hasenfuße auf das dr<strong>in</strong>glichste e<strong>in</strong>geschärft hatte,<br />

ja recht kühn und verwegen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>kel auszuharren.<br />

Der abendliche Ritt g<strong>in</strong>g ohne e<strong>in</strong> störendes Ereignis vor sich, bis ich me<strong>in</strong> Ziel<br />

erreichte. Um das Feuer saßen die Sieger, gegen achtzig Tuareg, und <strong>in</strong> der Nähe lagen<br />

die gefesselten Gefangenen, unter denen sich, wie ich später zu me<strong>in</strong>er Freude<br />

bemerkte, auch der unverletzte Kaufmann Abram Ben Sakir aus Mursuk befand. Ich g<strong>in</strong>g<br />

furchtlos auf das Feuer zu, ohne die große Aufregung zu beachten, welche me<strong>in</strong><br />

unerwartetes und freiwilliges Ersche<strong>in</strong>en hervorbrachte. Die Gefangenen riefen e<strong>in</strong>ander<br />

vor Erstaunen zu. Am Feuer sprang e<strong>in</strong>er auf und schrie:<br />

[177] „Das ist Kara Ben Nemsi, der Christenhund, der mich geschlagen hat! Ergreift<br />

und b<strong>in</strong>det ihn! Er soll mir die Mißhandlung mit den Qualen der Dschehennah 30<br />

bezahlen!“<br />

Es war der Khabir, der das sagte. Vor Erstaunen über mich vergaß man, dieser<br />

Aufforderung Folge zu leisten. Da wollte er mich selber packen; ich gab ihm e<strong>in</strong>en Stoß,<br />

daß er zurückflog und fragte:<br />

„Wo ist Rhagata, der Anführer dieser Tuareg?“<br />

„Ich b<strong>in</strong> es,“ antwortete e<strong>in</strong> kühn und f<strong>in</strong>ster aussehender Mann, neben dem der<br />

Khabir, der also doch e<strong>in</strong> Targi war, gesessen hatte. „Bist Du wirklich der Christenhund,<br />

von dem mir dieser me<strong>in</strong> Botschafter erzählt hat, so hat Dich der Wahns<strong>in</strong>n hierher<br />

zurückgetrieben. Der Rächer wird Dich fassen und unter tausend Qualen töten!“<br />

„Urteile nicht zu schnell! E<strong>in</strong> Christ fürchtet nicht die Rache e<strong>in</strong>es Moslem, denn Isa<br />

Ben Marryam 31 ist mächtiger als Muhammed.“<br />

Diese Worte riefen laute Rufe des Gr<strong>im</strong>mes hervor, und Rhagata schrie mich wütend<br />

30 Hölle.<br />

31 Jesus, Sohn Mariens.

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