im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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R<strong>in</strong>gen, und nach Verlauf von wenigen M<strong>in</strong>uten waren wir Herren des Platzes; die Fe<strong>in</strong>de lagen<br />
gebunden an der Erde; ke<strong>in</strong>er von ihnen war tot, doch hatten e<strong>in</strong>ige, die nur mit der Waffe zu<br />
überwältigen gewesen waren, Wunden davongetragen.<br />
Um die Befreiung der Gefangenen brauchte ich mich nicht zu kümmern, das besorgte der<br />
Scheik mit se<strong>in</strong>em Sohne, welcher laut jubelnd se<strong>in</strong>e Schefaka <strong>in</strong> die Arme schloß.<br />
Während alle laut jubelten und jeder mit sich selbst beschäftigt war, zog ich den kle<strong>in</strong>en<br />
Hadschi mit mir fort.<br />
„Komm, Halef! Wir nehmen zwei Schirwanipferde und reiten nach unserm Lager, um dort zu<br />
verkünden, daß unser Werk gelungen ist.“<br />
„Jetzt fort, Sihdi?“ fragte er. „Denkst Du denn gar nicht daran, daß wir jetzt den<br />
wohlverdienten Dank e<strong>in</strong>zuernten haben?“<br />
„Eben darum will ich fort. Wir haben selbst zu danken, nämlich Gott dafür, daß wir, die wir<br />
uns ja auch <strong>in</strong> großer Not befanden, allen Gefahren glücklich entgangen s<strong>in</strong>d. Also komm!“<br />
Wir bestiegen zwei Pferde und lenkten sie nach der Furt.<br />
[184c] „Halt, Emir, woh<strong>in</strong>?“ rief der Scheik, der das bemerkte.<br />
„Nach unserm Lager.“<br />
„Bleib da, bleib da; Schefaka will mit Dir sprechen.“<br />
„Später, später.“<br />
Wir trieben die Pferde <strong>in</strong> das Wasser und ritten, drüben angekommen, am Flusse aufwärts,<br />
bis wir das Lager erreichten, wo unsere Botschaft die größte Freude erregte, denn Schefaka<br />
war wiedergefunden, und alles, was den Besiegten gehörte, natürlich auch ihre Pferde, g<strong>in</strong>g als<br />
Beute <strong>in</strong> den Besitz der Zibarikurden über. Me<strong>in</strong> Hadschi Halef konnte es nicht unterlassen, zu<br />
dem Armeni zu treten und ihm frohlockend zu sagen:<br />
„Wir haben gesiegt, und ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger von De<strong>in</strong>er Bande ist entkommen. Wo bleibt nun De<strong>in</strong><br />
großes Maul und De<strong>in</strong>e noch viel größere Rache? Wessen Tod hat unser Wiedersehen zu<br />
bedeuten, den me<strong>in</strong>es Sihdi oder den De<strong>in</strong>igen? Du wirst mit Schande <strong>in</strong> die Hölle fahren; wir<br />
aber haben unsern Ruhm vergrößert und werden besungen werden, von allen Männern, Frauen<br />
und Töchtern des türkischen Reiches, Arabiens und Farsistans 34 . Du bist nichts als e<strong>in</strong>e<br />
sterbende Kröte; ich aber b<strong>in</strong> der oberste Scheik der Haddedihn und heiße Hadschi Halef Omar<br />
Ben Hadschi Abul Abbas Ihn Hadschi Dawud al Gossarah!“<br />
Sobald der Morgen anbrach, wurde unser Lager aufgehoben und nach dem jenseitigen Ufer<br />
auf die Stätte unseres Sieges verlegt. Da konnte ich freilich dem Danke der Geretteten nicht<br />
entgehen. Me<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Halef war <strong>in</strong> dieser Beziehung etwas unbescheiden; er stellte sich<br />
neben mich und nahm mir den größten Teil des gespendeten Ruhmes weg, was ich ruhig<br />
geschehen ließ, denn ich wußte, wie er es me<strong>in</strong>te, und gönnte ihm die Triumphe, die er sich<br />
selbst am lautesten spendete.<br />
Mirza Muzaffar befand sich mir gegenüber <strong>in</strong> großer Verlegenheit; ich befreite ihn von<br />
derselben, <strong>in</strong>dem ich so freundlich mit ihm sprach, als ob von e<strong>in</strong>er Beleidigung gar ke<strong>in</strong>e Rede<br />
gewesen sei. Er war ganz entzückt, den „Stern se<strong>in</strong>es Hauses“ wiederzuhaben, und als ich ihn<br />
bat, bei se<strong>in</strong>er He<strong>im</strong>kehr die drei Mädchen aus Serdascht mitzunehmen, zeigte er sich gern<br />
bereit dazu und sagte:<br />
„Du bist, o Emir, dort gefangen genommen und verdächtigt worden; ich werde De<strong>in</strong>en<br />
Ruhm verkünden und den Leuten mitteilen, daß die drei Töchter von Serdascht nur Dir ihre<br />
Rettung zu verdanken haben.“<br />
Er reichte mit bei diesem Versprechen die Hand, ohne sich zu fragen, ob er dadurch<br />
verunre<strong>in</strong>igt werde.<br />
Der alten, falschges<strong>in</strong>nten Scheik der Schirwani strafte ich mit Verachtung, war aber für ihn<br />
und die Se<strong>in</strong>en zu ihrem Vorteile thätig. Sie hatten schwere Strafe verdient; es gelang mir<br />
jedoch durch den H<strong>in</strong>weis auf die Folgen der Blutrache, Scheik Scheri Schir zu best<strong>im</strong>men, die<br />
Schirwani ziehen zu lassen, ohne sich an ihnen zu rächen; ihr Eigentum blieb freilich als Beute<br />
zurück. Sie waren gezwungen, ihren He<strong>im</strong>weg zu Fuß anzutreten. Vorher aber mußten sie<br />
Zeugen der Strafe se<strong>in</strong>, welche ihre Verbündeten, die Armenier, traf.<br />
Diesen stand e<strong>in</strong> schl<strong>im</strong>meres Los bevor, als ihren kurdischen Kumpanen, denn sie waren<br />
die eigentlichen Anstifter des Mädchenraubes. Scheri Schir fragte mich <strong>in</strong> Bezug auf sie:<br />
„Was würdest Du mit ihnen thun, Emir?“<br />
„Nach dem Kanun ’ilm elhukuk 35 müßtest [185a] Du sie dem Mutessarif von Schehrsor zur<br />
Bestrafung ausliefern.“<br />
34 Persien.<br />
35 Justizgesetz.