im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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Wir ritten über e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Hochebene h<strong>in</strong> und lenkten dann thalabwärts e<strong>in</strong>. Bisher hatten<br />
wir nur niedriges Gesträuch getroffen, bald aber wuchsen die e<strong>in</strong>zelnen Büsche zu hohen<br />
Baumscharen empor. Da gab es wilde Hezschir-, Eruk- und Jadschazbäume 24 , Guiz-, Tsch<strong>in</strong>ar-<br />
und Tu-Bäume 25 , um die sich fruchtbare Tri- oder Kundureben 26 rankten, Dari zeitun-, Dari<br />
beru- und Dari benk-Bäume 27 wirr durch-, unter und nebene<strong>in</strong>ander. Und nun öffnete sich<br />
auch e<strong>in</strong>e Art von Weg, der so breit war, daß zwei Pferde nebene<strong>in</strong>ander gehen konnten.<br />
Später führte derselbe über saftige Matten und zwischen sumpfige Flächen h<strong>in</strong>durch, bis er an<br />
e<strong>in</strong>em breiten, rauschenden Bache wieder emporstieg.<br />
Bis hierher hatten wir uns alle sehr schweigsam verhalten, e<strong>in</strong> jeder nur mit se<strong>in</strong>en eigenen<br />
Gedanken beschäftigt. Die me<strong>in</strong>igen waren auf die Gefahr gerichtet, <strong>in</strong> welcher wir uns bei<br />
jedem Schritte befanden. Mit drei Schüssen oder drei guten Speerwürfen konnten die h<strong>in</strong>ter<br />
uns reitenden Kurden uns töten; aber sie mußten es me<strong>in</strong>er Haltung ansehen, daß dann<br />
wenigstens auch ihr neben mir reitender Anführer verloren sei. Dieser that, als bemerke er den<br />
Revolver gar nicht, den ich längst ganz aus dem Gürtel genommen hatte, und fragte mich nun<br />
nach langer Stille:<br />
„De<strong>in</strong> vollständiger Name ist Emir Kara Ben Nemsi?“<br />
„Ja. Wer hat ihn dir genannt?“<br />
„Die beiden Schirwani. Du bist der Fremdl<strong>in</strong>g vom Thale Deradsch. Er soll Löwen geschossen<br />
haben, ganz alle<strong>in</strong> und mitten <strong>in</strong> f<strong>in</strong>strer Nacht?“<br />
„Ja, mit der Büchse, welche du hier auf me<strong>in</strong>em Rücken siehst.“<br />
„Warum führst du zwei Gewehre bei dir?“<br />
„Das große hier ist für sehr große Tiere [349b] und sehr weite Entfernungen; das kle<strong>in</strong>ere<br />
hier am Sattel nehme ich, wenn der Fe<strong>in</strong>d zahlreich und nahe ist. Ich brauche es nicht zu<br />
laden.“<br />
„Solche Waffen gibt es bei uns nicht. De<strong>in</strong> Volk muß e<strong>in</strong> sehr kluges se<strong>in</strong>. Man sagte mir, du<br />
seist e<strong>in</strong> Nessarah 28 , und dennoch trägst du e<strong>in</strong> Hamail 29 am Halse, wie es nur die Pilger<br />
tragen, welche <strong>in</strong> Mekka gewesen s<strong>in</strong>d?“<br />
„Ich verehre Allah und war <strong>in</strong> den heiligen Städten. Allah il Allah – Gott ist Gott, ob man ihn<br />
Allah oder Chodeh nenne. Ist es nicht so?“<br />
„Es ist so. Kennst du auch den Propheten?“<br />
„Ich kenne ihn. Es ist Mohammed, welches ‚der Gepriesene’ heißt. Se<strong>in</strong> Vater war Abdallah<br />
Ibn Abd al Muthallib aus der Familie Haschem des Stammes Koreïsch.“<br />
„Du bist e<strong>in</strong> guter Moslem, obgleich du aus dem Lande der Nemtsche 30 kommst, welches ich<br />
gar nicht kenne. Du sollst bei mir sitzen und mir erzählen von fernen Ländern und von allem,<br />
was du erfahren hast. Siehst du die Nester dort rechts hoch oben am Berge?“<br />
„Ich sehe sie.“<br />
„Das s<strong>in</strong>d unsere Jilacks, <strong>in</strong> denen wir wohnen, wenn die Hitze des Sommers naht.“<br />
„Du bist der Nezanum, der Scheich de<strong>in</strong>es Dorfes. Hast du die Macht, e<strong>in</strong>en Fremdl<strong>in</strong>g<br />
gegen die De<strong>in</strong>en zu schützen.“<br />
„Ich habe sie,“ antwortete er stolz, doch schien mir der Ton se<strong>in</strong>er St<strong>im</strong>me e<strong>in</strong> wenig<br />
unsicher zu se<strong>in</strong>.<br />
Zugleich gab er se<strong>in</strong>em Pferd den Schenkel, so daß es rascher ausgriff, als bisher. Es schien<br />
mir, als ob er ähnlichen Fragen ausweichen wolle.<br />
Um vom Zab bis hierher zu gelangen, hatten wir be<strong>in</strong>ahe die Zeit von zwei Stunden<br />
gebraucht. Nach zehn M<strong>in</strong>uten sah ich e<strong>in</strong>en Verhau von starken Stämmen, der sich quer über<br />
den Weg rechts und l<strong>in</strong>ks <strong>in</strong> den Wald h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zog – wir hatten das Dorf erreicht. Auf e<strong>in</strong>en<br />
lauten Ruf des Anführers öffnete sich die schmale Lücke <strong>im</strong> Verhaue, durch welche wir e<strong>in</strong>zeln<br />
e<strong>in</strong>reiten konnten, und nun erblickte ich e<strong>in</strong>e Halblichtung, welche sich bis be<strong>in</strong>ahe zur Spitze<br />
des Berges emporzog. Auf ihr [350a] standen regellos die Hütten des Dorfes, welche<br />
eigentlich besser Blockhäuser zu nennen waren. Die bedeutendste von ihnen glich e<strong>in</strong>er<br />
kle<strong>in</strong>en, aus Baumstämmen errichteten Festung. Auf sie ritten wir zu.<br />
24<br />
Feigen-, Pflaumen- und Pomeranzenbäume.<br />
25<br />
Nuß-, Ahorn- und Maulbeerbäume.<br />
26<br />
We<strong>in</strong>- und Melonenreben.<br />
27<br />
Oliven-, Eichen- und Terpent<strong>in</strong>bäume.<br />
28<br />
Christ.<br />
29<br />
Kuran <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Futteral.<br />
30<br />
Deutschen.