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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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Regensburger Marienkalender / 1899<br />

Die „Umm ed Dschamahl“.<br />

Reiseerzählung von Dr. <strong>Karl</strong> <strong>May</strong>.<br />

[171] Es war <strong>in</strong> Bagdad. Ich saß mit me<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en, wackern Hadschi Halef Omar, dem<br />

Scheik der Haddedihn-Araber, den jeder me<strong>in</strong>er Leser kennt, <strong>im</strong> Kaffeehause. Draußen g<strong>in</strong>gen<br />

die Verkäufer vorüber und riefen ihre verschiedenen Waren aus. E<strong>in</strong>er von ihnen kam here<strong>in</strong>;<br />

er hatte e<strong>in</strong>en Kasten voll kle<strong>in</strong>er Thonbüchsen umhängen. An der Thür stehen bleibend, hielt<br />

er e<strong>in</strong>e dieser Ilab <strong>in</strong> die Höhe und rief:<br />

„Ia Letafer, ia Dschamahl, ia Abäd es Sa’ad – oh Anmut, oh Schönheit, oh Unendlichkeit des<br />

Glückes! Die Jugend kommt wieder! Bestreiche die Stirn und die Wangen, so fliehen sie alle,<br />

alle, alle, und ke<strong>in</strong>e bleibt zurück, ke<strong>in</strong>e, ke<strong>in</strong>e, ke<strong>in</strong>e!“<br />

Er bot jedenfalls irgend e<strong>in</strong> Schönheitsmittel feil, und da ich auf solche D<strong>in</strong>ge nichts gebe,<br />

konnte der Mann mir sehr gleichgültig se<strong>in</strong>. Ich sah aber, daß sich diese Gleichgültigkeit nicht<br />

auch auf die andern Besucher des Kaffeehauses erstreckte; viele von ihnen kauften und<br />

steckten die Büchsen e<strong>in</strong>, um sie für ihr „Harem“ mitzunehmen. Der Händler schien, wie ich<br />

bemerkte, nicht nur e<strong>in</strong> bekannter, sondern e<strong>in</strong> gesuchter Mann zu se<strong>in</strong>. Auch Halef schenkte<br />

ihm zu me<strong>in</strong>er Verwunderung e<strong>in</strong>e ganz ungewöhnliche Aufmerksamkeit, welche unbed<strong>in</strong>gt<br />

e<strong>in</strong>en best<strong>im</strong>mten Grund haben mußte. Als der Tutschar 1 auch ihm e<strong>in</strong> Büchschen anbot,<br />

fragte er ihn <strong>in</strong> hörbar gespanntem Tone:<br />

„Willst Du mir vielleicht sagen, von wem Du dieses Mittel der Schönheit beziehst?“<br />

„Warum sollte ich das nicht wollen?“ antwortete der Gefragte. „Ich b<strong>in</strong> ja stolz darauf, der<br />

E<strong>in</strong>zige zu se<strong>in</strong>, der es von der berühmten Verfertiger<strong>in</strong> zum Verkaufe bekommt. Ich darf sie<br />

jährlich nur zwe<strong>im</strong>al besuchen; da warten schon alle Har<strong>im</strong>at 2 auf mich, und so kommt es, daß<br />

me<strong>in</strong>e Marham ed Dschamahl 3 sehr schnell alle wird.“<br />

„Du sagtest vorh<strong>in</strong>, daß ke<strong>in</strong>e zurückbleibe, ke<strong>in</strong>e, ke<strong>in</strong>e. Was me<strong>in</strong>test Du da?“<br />

„Die Falten, Runzeln und alle Entstellungen und Unschönheiten des Angesichtes. Ich sage<br />

Dir: Wenn Du den [172] Stamm besuchst, welchem die Verfertiger<strong>in</strong> dieser Salbe angehört, so<br />

f<strong>in</strong>dest Du nur Frauen und Mädchen, auf deren Wangen der Schnee des Gebirges und der<br />

liebliche Glanz der Morgenröte wohnt. Dieses wunderbare Mittel ist e<strong>in</strong> Gehe<strong>im</strong>nis, welches sie<br />

durch ihre Urgroßmutter von ihrer Ur-Urgroßmutter geerbt hat; diese hatte wieder e<strong>in</strong>e<br />

Urahne, deren Ur-Urahne, e<strong>in</strong>e sehr fromme Frau, es vom Erzengel Dschebrail 4 bekam, der es<br />

ihr als Belohnung für ihre Tugenden direkt aus dem siebenten H<strong>im</strong>mel des Paradieses brachte,<br />

wo es bereitet wird, um den seligen Geistern ewige Jugend zu verleihen?“<br />

„Nun sag’ endlich, wie heißt die Frau?“<br />

„Ihren eigentlichen Namen kenne ich nicht; sie wird nicht anders als „Umm ed Dschamahl“ 5<br />

genannt.“<br />

„Wo wohnt sie?“<br />

„Sie ist bald da und bald dort; denn es gibt tausende von Har<strong>im</strong>at, welche sie besuchen<br />

muß. Sie ist e<strong>in</strong>e Bachtijar<strong>in</strong> von der Unterabteilung Idiz, welche sich meist <strong>im</strong> Norden vor<br />

Kirmanschah aufhält, aber oft auch weiterzieht.“<br />

„Wenn Du die Frau suchst, wie erfährst Du da, <strong>in</strong> welcher Gegend sich ihr Tir 6 bef<strong>in</strong>det?“<br />

„Ich gehe zu Mirza Taras <strong>in</strong> Kirmanschah, welcher Attar 7 ist und die Salbe auch verkauft.<br />

Der weiß stets ganz genau, wo die Umm ed Dschamahl sich bef<strong>in</strong>det. Wieviel Büchsen willst Du<br />

haben, e<strong>in</strong>e, zwei oder drei?“<br />

„Wieviel kostet e<strong>in</strong>e?“<br />

1<br />

Handelsmann.<br />

2<br />

Plural von Harem und Frau.<br />

3<br />

Salbe der Schönheit.<br />

4<br />

Gabriel.<br />

5<br />

„Mutter der Schönheit“.<br />

6<br />

Stammesabteilung bei den Bachtijaren.<br />

7 Apotheker.<br />

I.

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