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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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Jetzt wurde ich von Turnerstick und dem Buchhalter abgeholt. Der letztere führte uns noch<br />

e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> den Hof, weil dort die nach Tr<strong>in</strong>kgeld lüsterne Dienerschaft versammelt war. Wir<br />

verteilten e<strong>in</strong>ige Münzen unter sie und standen nun <strong>im</strong> Begriffe, zu gehen, als es vorn an der<br />

E<strong>in</strong>gangsthüre klopfte. Der Schwarze eilte fort, um zu öffnen, und wir trafen mit dem Manne,<br />

welchen er e<strong>in</strong>gelassen hatte, noch <strong>in</strong> der Ecke des Hofes zusammen; es war – – unser Fe<strong>in</strong>d,<br />

der Moslem, welcher auf mich geschossen hatte.<br />

Als er uns erblickte, stand er erst e<strong>in</strong>ige Sekunden lang wie vor Betroffenheit erstarrt; dann<br />

aber brach der Gr<strong>im</strong>m los. Er stieg e<strong>in</strong>en unartikulierten Schrei der Wut aus, faßte mich mit<br />

der L<strong>in</strong>ken an der Gurgel, zog mit der Rechten die Pistole, richtete sie auf me<strong>in</strong>e Brust und<br />

drückte ab – – freilich, ohne zu treffen, denn ich schlug sie ihm <strong>im</strong> letzten Momente aus der<br />

Hand und machte mich von ihm los.<br />

Turnerstick wollte mir zu Hilfe kommen, aber die Diener, welche soeben erst se<strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kgeld<br />

e<strong>in</strong>gesteckt hatten, fielen über ihn her, so daß er, der kräftige Seemann, sich ihrer kaum zu<br />

[179] erwehren vermochte. Me<strong>in</strong> Gegner zog das Messer und wollte wieder auf mich<br />

e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen; da wurde e<strong>in</strong>e aus dem Harem auf den Hof führende Thüre aufgerissen, und die<br />

Frau, welche den Schuß gehört hatte, trat heraus. Sie sah, daß er se<strong>in</strong> Messer auf mich zückte,<br />

und schrie entsetzt:<br />

„Ja issai-jidi, ja Jesuji, ja Mesihji, wakkif, wakkif – o heilige Jungfrau, o me<strong>in</strong> Jesus, o me<strong>in</strong><br />

Messias, halt e<strong>in</strong>, halt e<strong>in</strong>!“<br />

Sie streckte ihre Hände flehend aus. Er ließ das Messer fallen. Se<strong>in</strong> Weib erschien, wenn<br />

auch verschleiert, vor uns Fremden; sie nahm sich unser an, und sie bediente sich dabei der<br />

Namen, welche ihr streng verboten waren. Er starrte e<strong>in</strong>e Weile wie abwesend nach ihr h<strong>in</strong>;<br />

dann befahl er:<br />

„H<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, sofort!“<br />

„Ne<strong>in</strong>, ne<strong>in</strong>,“ antwortete sie. „Laß erst diese Männer fort; es soll ke<strong>in</strong> Mord geschehen!“<br />

Er machte e<strong>in</strong>e Bewegung, als ob er auf sie losspr<strong>in</strong>gen wolle; da ergriff ich se<strong>in</strong>e beiden<br />

Oberarme, drückte sie ihm fest gegen die Brust und fragte:<br />

„Du, also Du bist der Henker des Bey, Du?“<br />

„Ja, ich b<strong>in</strong> der Dschellad. Ihr müßt sterben,“ antwortete er, <strong>in</strong>dem er sich loszumachen<br />

versuchte.<br />

„Töte uns, wenn Du es fertig br<strong>in</strong>gst!“ me<strong>in</strong>te ich, <strong>in</strong>dem ich ihn freigab und den Revolver<br />

zog. „De<strong>in</strong> Leben gegen das unserige!“<br />

In se<strong>in</strong>en Zügen waren die Spuren e<strong>in</strong>es gewaltigen, <strong>in</strong>neren Kampfes zu bemerken; dann<br />

deutete er nach dem E<strong>in</strong>gange und rief:<br />

„Fort, fort, Ihr Hunde, Ihr Hundesöhne! Erst muß ich erfahren, was Ihr hier zu suchen<br />

hattet, und dann werde ich Euch richten. Euch wäre besser, wenn Ihr nie geboren wäret!“<br />

Wir g<strong>in</strong>gen. – –<br />

Viertel Kapitel.<br />

Unserm Vorsatze treu, waren wir mit dem Dampfer der Società Rubatt<strong>in</strong>o von Tunis nach<br />

Sfaks gefahren, und Turnerstick hatte gefunden, daß er hier e<strong>in</strong> reiches Feld abernten könne.<br />

Er konnte nicht nur den Rest se<strong>in</strong>er Waren, welcher unter der Aufsicht des Steuermannes<br />

zurückgelassen worden war, verkaufen, sondern auch neue Ladung e<strong>in</strong>nehmen. Er war ebenso<br />

schlau und umsichtig <strong>im</strong> Handel wie tüchtig zur See und befand sich <strong>in</strong>folge se<strong>in</strong>er Erfolge <strong>in</strong><br />

der rosigsten Laune, machte Besuche über Besuche, hielt Conferenzen und war für mich nur<br />

des Abends zu sprechen. Darum beschloß ich, mich anderweit zu unterhalten und zu diesem<br />

Zwecke die nahen, hoch <strong>in</strong>teressanten Karkehna-Inseln zu besuchen. Mandi, der bedeutendste<br />

Handelsmann der Stadt, [180] e<strong>in</strong> Maltheser, bei welchem wir uns gern befanden, stellte mir<br />

se<strong>in</strong> Segelboot und e<strong>in</strong>ige Leute zur Verfügung. Ich blieb vier volle Tage dort und kehrte erst<br />

gegen Abend des fünften zurück. Nach e<strong>in</strong>er Stunde, welche ich mit der Aufbesserung me<strong>in</strong>es<br />

etwas angegriffenen Anzuges verbracht hatte, g<strong>in</strong>g ich zu Mandi, um ihm zu danken. Der Tag<br />

war <strong>in</strong>dessen vergangen, aber der frühe Mond stand schon am H<strong>im</strong>mel. E<strong>in</strong> Diener, den ich<br />

nach se<strong>in</strong>em Herrn frug, sagte mir, daß derselbe vor e<strong>in</strong>iger Zeit <strong>in</strong> den Garten gegangen sei,<br />

und <strong>in</strong>folge dessen begab ich mich <strong>in</strong> den letzteren, <strong>in</strong> welchem ich schon e<strong>in</strong>ige Male gewesen<br />

war.<br />

Zu erwähnen ist, daß Sfaks sehr schöne Blumen-, Obst- und Südfruchtgärten besitzt; es<br />

leben viele Europäer hier, besonders Franzosen, Italiener und Maltheser, und das hat dem<br />

geselligen Leben e<strong>in</strong>en mehr französischen Anstrich gegeben.

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