im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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Burnus gekleidet, sah mich mit scharfen Augen prüfend an und sagte, als der Alte ihm me<strong>in</strong>en<br />
Namen, Beruf und Wunsche mitgeteilt hatte, <strong>in</strong> schlechter arabischer Sprache:<br />
„Du bist mir willkommen, Sel<strong>im</strong> Mesarek. Tritt zu mir e<strong>in</strong>! Vielleicht ist de<strong>in</strong> Kommen von<br />
Vorteil für uns und auch für dich.“<br />
Als wir uns mit e<strong>in</strong>ander alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Hütte befanden, ließ er die Schilfmatte, welche die<br />
Thür bildete, herab und brannte e<strong>in</strong>e Thonlampe an, welche mit Sesamöl gespeist wurde.<br />
Be<strong>im</strong> Sche<strong>in</strong>e derselben sah ich an den Wänden e<strong>in</strong> Cruzifix und verschiedene schlechte<br />
Bilder aus der heiligen Geschichte. Wir setzten uns nieder. Er gab mir e<strong>in</strong>e Pfeife mit Tabak,<br />
brannte sich auch selbst e<strong>in</strong>e an und begann dann e<strong>in</strong> Gespräch, dessen Zweck war, mich<br />
vollständig auszuhorchen. Es gelang mir, ihn ebenso vollständig zu täuschen. Er wurde völlig<br />
überzeugt, daß ich e<strong>in</strong> Sklavenhändler sei, und war schließlich so vertrauensvoll, daß er mir<br />
sagte:<br />
„Du bist der Mann, der grad jetzt für uns paßt. Wir haben achtundzwanzig Sklaven<br />
gemacht, welche wir verkaufen wollen.“<br />
„Herr,“ antwortete ich erstaunt, „man nennt dich den Vater der Liebe und sagt, du seist<br />
Missionar. Ich denke, Christen dürfen nicht Sklaven machen und verkaufen!“<br />
Er lachte klanglos vor sich h<strong>in</strong> und me<strong>in</strong>te:<br />
„Die Schwarzen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Menschen wie wir; sie denken nicht und fühlen nichts. Es ist e<strong>in</strong>e<br />
Wohlthat für sie, Sklaven zu se<strong>in</strong>. Ja, ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Christ, aber nicht e<strong>in</strong> Missionar. Ich lehre<br />
zwar, aber nur zum Sche<strong>in</strong>e, um die Häscher zu täuschen, welche den Sklavenhändlern<br />
aufpassen. Ke<strong>in</strong>er von ihnen wird glauben, daß da, wo e<strong>in</strong> Missionar wohnt, Sklaven gemacht<br />
werden. Seit ich hier b<strong>in</strong>, ist den Baqqara jeder Fang gelungen, und ich stehe mich gut dabei.<br />
Sogar der berühmte Reïs Effend<strong>in</strong>a hat sich von mir betrügen lassen. Hast du von ihm gehört?<br />
Er ist e<strong>in</strong> hoher Beamter des Vizekönigs und betreibt nur den Fang der Sklavenjäger und<br />
Händler. Viele, viele hat er schon gefangen, und ihr Los ist stets der Tod gewesen. Se<strong>in</strong><br />
Helfershelfer war vor e<strong>in</strong>iger Zeit e<strong>in</strong> Deutscher, Kara Ben Nemsi genannt, und dessen [73]<br />
schlauer Gefährte, welcher Hadschi Halef Omar hieß. Diese Beiden s<strong>in</strong>d heut hier plötzlich<br />
aufgetaucht. Unser Scheik ist ihnen begegnet; er hat sie erkannt, weil sie ihm ihre Namen<br />
nannten; er ließ sich natürlich nichts merken und hat sie an e<strong>in</strong>en Ort gelockt, an welchem er<br />
sie fangen wird. Er ist mit e<strong>in</strong>er Anzahl von Kriegern dorth<strong>in</strong> aufgebrochen.“<br />
Das war ja außerordentlich <strong>in</strong>teressant! Also der Baqqara, mit welchem wir gesprochen<br />
hatten, war der Scheik selbst gewesen. Welch e<strong>in</strong> Glück für mich, daß er sich jetzt nicht hier<br />
befand! Es läßt sich denken, welche Gefühle ich gegen diesen Engländer hegte, doch hütete ich<br />
mich wohl, ihm dies durch irgend e<strong>in</strong> Wort oder e<strong>in</strong>e Miene zu verraten. Er war dann so<br />
vertrauensselig, daß Geschäft mit mir abzuschließen. Wir wurden e<strong>in</strong>ig um dreihundert Piaster<br />
für jeden der achtundzwanzig Gefangenen. Zehn Baqqara sollten sie über den Fluß und nach<br />
Karkog br<strong>in</strong>gen, wo ich den Kaufpreis und auch den „Treiberlohn“ zu bezahlen hatte. Dies<br />
konnte aber nicht eher als bis nach der Rückkehr des Scheikes geschehen, weil dieser se<strong>in</strong>e<br />
Genehmigung zu erteilen hatte. Dem Engländer hatte ich vor dem Aufbruche für jeden Sklaven<br />
zwanzig Piaster he<strong>im</strong>lich zu entrichten.<br />
Als diese Verhandlung zu Ende war, begaben wir uns h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong>s Freie, wo mehrere Feuer<br />
brannten, denn es war Nacht geworden. Die Baqqara freuten sich, als sie von dem<br />
abgeschlossenen Handel hörten; es wurden e<strong>in</strong>ige Hammel geschlachtet, um gebraten zu<br />
werden, und große Krüge voll berauschender Merissah herbeigeschafft.<br />
Den Gefangenen wurde ihr Essen auf e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Flosse nach der Insel geschafft. Ich fuhr<br />
mit h<strong>in</strong>über. Da ich sie gekauft hatte, hielt man es für ganz selbstverständlich, daß ich sie<br />
sehen wollte. Sie waren an Pfähle gebunden und wurden von drei Baqqara bewacht. Ihr Essen<br />
bestand <strong>in</strong> aus Durrahmehl gebackenen harten Fladen.<br />
An das Ufer zurückgekehrt, suchte ich unauffällig den Hegelikbaum auf, unter welchem<br />
Halef auf mich wartete. Ich gab ihm den Auftrag, mit vier Nuehrs um Mitternacht hier zu se<strong>in</strong>,<br />
und g<strong>in</strong>g dann <strong>in</strong> das Lager zurück.<br />
Die Baqqara aßen und tranken. Man glaubt nicht, welche Quantitäten so e<strong>in</strong> Bedu<strong>in</strong>e<br />
vertilgen kann. Ich saß mit dem „Vater der Liebe“ vor se<strong>in</strong>er Hütte, aß e<strong>in</strong> [74] Stück Fleisch<br />
und trank e<strong>in</strong>ige Schlucke Wassers dazu. Er erzählte mir von sich, natürlich nur Rühmliches;<br />
ich hörte aber zwischen se<strong>in</strong>en Worten heraus, daß er e<strong>in</strong> verlorener Sohn und gewissenloser<br />
Abenteurer war, dem nichts, auch nicht die Religion, für heilig galt. Später kam das Gespräch<br />
wieder auf den schon erwähnten Reïs Effend<strong>in</strong>a und se<strong>in</strong>en Helfer Kara Ben Nemsi. Der<br />
Engländer ahnte nicht, daß ich dieser letztere war, sonst wäre er nicht <strong>in</strong> die zornige Drohung<br />
ausgebrochen: