im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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„Wo?“<br />
„In Alemannia, woh<strong>in</strong> Du wahrsche<strong>in</strong>lich niemals kommen wirst; dennoch wird das<br />
Andenken, welches ich Dir bewahre, stets e<strong>in</strong> herzliches se<strong>in</strong>.“<br />
Es läßt sich denken, daß wir nun <strong>in</strong> anderer Weise als bisher mit e<strong>in</strong>ander verkehrten. Er<br />
entwickelte e<strong>in</strong>e Lebhaftigkeit, welche für e<strong>in</strong>en Türken wirklich selten war, und erzählte mir <strong>in</strong><br />
kurzer Zeit se<strong>in</strong>en ganzen Lebenslauf. Leider erlitt unsere Unterhaltung zuweilen recht<br />
gehässige Unterbrechungen. Je mehr wir uns Boghaslajan näherten, desto mehr Leute gab es,<br />
die ihn kannten, und da wir nur Muhammedanern begegneten, welche die Pilgerreise<br />
angetreten hatten, also fanatischen Muhammedanern, so hatte er, so oft man ihn erkannte,<br />
die niederträchtigsten Sch<strong>im</strong>pfreden anzuhören, und wir bogen oft felde<strong>in</strong>, um auf e<strong>in</strong>em<br />
Umwege derartigen Beleidigungen zu entgehen. In Boghaslajan weigerte sich der Wirt sogar,<br />
ihn zu behalten, und es bedurfte der wiederholten H<strong>in</strong>deutung auf die Tenbihs des Wali, ehe er<br />
sich aus Angst vor der Strafe bereit f<strong>in</strong>den ließ, uns Quartier und Essen zu geben und am<br />
nächsten Morgen für drei frische Pferde zu sorgen. Es stieg dabei die Ahnung <strong>in</strong> mir auf, daß es<br />
vielleicht noch schl<strong>im</strong>mer kommen könne. –<br />
[145] 2. Kapitel.<br />
Nicht aus Sorge für unser Wohlergehen, sondern aus Rücksicht auf sich selbst und auf die<br />
Ruhe se<strong>in</strong>es Hauses machte der Wirt uns bemerklich, daß es geraten sei, uns nicht vor den<br />
andern Gästen sehen zu lassen. Er sagte, die Stube sei voller Pilger, welche während der Nacht<br />
hier bleiben würden, und brachte uns h<strong>in</strong>ter das Haus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en von vier halb verfallenen<br />
Lehmmauern umschlossenen Raum, den er se<strong>in</strong>en Gülistan, se<strong>in</strong>en Blumengarten, nannte. Es<br />
gab da e<strong>in</strong>en ziemlich verdorrten Jasm<strong>in</strong>strauch, e<strong>in</strong>en welken Zitronenbaum und – last, not<br />
least – e<strong>in</strong>e Rose mit zwei Knospen und mehreren Würmern dr<strong>in</strong> und hunderten von Läusen<br />
auf den Blättern. Die e<strong>in</strong>e Ecke dieses Gartens war durch e<strong>in</strong>e alte, viel geflickte Le<strong>in</strong>wand<br />
abgesperrt und sollte wohl e<strong>in</strong> Zelt, e<strong>in</strong>e Laube oder so etwas Ähnliches bedeuten. In e<strong>in</strong>er<br />
andern Ecke stand e<strong>in</strong>e solche Menge von Gras, daß e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Kan<strong>in</strong>chen es <strong>in</strong> fünf M<strong>in</strong>uten<br />
hätte wegfressen können. Das also war e<strong>in</strong> türkischer Blumengarten. Vielleicht begeistert diese<br />
Beschreibung e<strong>in</strong>en germanischen Dichter, ihn <strong>in</strong> vierundzwanzig Sonetten zu bes<strong>in</strong>gen.<br />
„Hier müßt Ihr schlafen, wenn Ihr unbelästigt bleiben wollt,“ me<strong>in</strong>te der Wirt, <strong>in</strong>dem er auf<br />
die Le<strong>in</strong>wand deutete. „Euer Gepäck werde ich br<strong>in</strong>gen und dann auch Essen und Wasser<br />
besorgen.“<br />
Nach diesen Worten g<strong>in</strong>g er fort, <strong>in</strong>dem es ihm unmöglich zu se<strong>in</strong> schien, daß wir irgend<br />
welche Wünsche haben könnten. Was mich betraf, so schlief ich <strong>in</strong> diesem famosen Gülistan<br />
ebenso gern wie dr<strong>in</strong> <strong>im</strong> schmutzigen Hause, und der Kysrakdar dachte jetzt an nichts als an<br />
die Aussöhnung mit se<strong>in</strong>em Vater; alles andere war ihm gleichgültig.<br />
Nach kurzer Zeit brachte der Wirt die Sachen me<strong>in</strong>es Gefährten geschleppt, die me<strong>in</strong>igen<br />
hatte ich bei mir, und dann das Abendessen. Dieses bestand ausschließlich aus e<strong>in</strong>em<br />
trockenen und lederzähen Kuchen, welcher mit ranzigem Öle getränkt war. Das Wasser befand<br />
sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kruge, welcher den Henkel und den halben Rand verloren hatte, was <strong>im</strong> Oriente<br />
der Vollkommenheit bekanntlich ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>trag [146] thut. Während er uns diese Delikatessen<br />
präsentierte, sagte er <strong>in</strong> wichtigem Tone:<br />
„Seid froh, daß ich Euch hierher gebracht habe! Soeben frugen die Arnauten wieder nach<br />
Euch.“<br />
„Welche Arnauten?“ fragte ich, da me<strong>in</strong> Verdacht sofort rege war.<br />
„Die heute Nachmittag gekommen s<strong>in</strong>d. Sie frugen gleich nach ihrer Ankunft nach Euch,<br />
besonders nach Dir,“ fügte er, zu mir gewendet, h<strong>in</strong>zu. „Sie sagten, ich solle Dich nicht<br />
aufnehmen, denn Du seist e<strong>in</strong> Christ und wollest Dich den Pilgern anschließen, um die heiligen<br />
Gebräuche kennen zu lernen und dann später zu verhöhnen.“<br />
„E<strong>in</strong> Christ bis ich, das ist wahr; aber eben gerade deshalb habe ich mit Euern heiligen<br />
Gebräuchen nichts zu schaffen. Du hast diesen Arnauten nicht gesagt, daß wir angekommen<br />
s<strong>in</strong>d?“<br />
„Ne<strong>in</strong>, noch nicht.“<br />
„So hüte Dich überhaupt, es zu thun! Wenn Du plauderst, zeige ich es dem Wali an, dessen<br />
Empfehlung ich besitze. Wo bef<strong>in</strong>den sich die Arnauten?“<br />
„Im Pferdestalle, ganz h<strong>in</strong>ten wo das Futter liegt.“<br />
„So haben sie sich also versteckt?“<br />
„Ja.“