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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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Allah sei Lob, Preis, Ehre und tausend Dank gesagt, da0 er uns erlaubt hat, Eure Gefangenen<br />

zu werden! Wieviel kostet die Büchse De<strong>in</strong>er Wundersalbe? Ich kaufe gleich zehn, zwanzig,<br />

vielleicht auch fünfzig Stück, wenn sie nicht zu teuer ist!“<br />

„Du?“ fragte sie. „Du bekommst nicht e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige.“<br />

„Warum nicht?“<br />

„Weil die Haddedihn die Fe<strong>in</strong>de unserer Freunde s<strong>in</strong>d. Es fällt mir nicht e<strong>in</strong>, die Falten und<br />

Runzeln De<strong>in</strong>es Harems auszugleichen; ich wünsche vielmehr, daß sie so tief wie die<br />

Schluchten und Abgründe unserer Berge werden mögen! Wieviel Frauen hast Du?“<br />

„E<strong>in</strong>e.“<br />

„Wie ist ihr Name?“<br />

„Hanneh. Sie ist die lieblichste und schönste Rose unter allen duftenden Blüten des<br />

Blumenreiches.“<br />

„Die lieblichste und schönste? Und doch verlangst Du für sie die Salbe? Ihr Gesicht wird<br />

e<strong>in</strong>er trocknen Hagebutte und ihre Gang dem Wanken e<strong>in</strong>es jungen Kamelkalbes gleichen. In<br />

den Har<strong>im</strong>at der Haddedihn wohnt ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges schönes Weib!“<br />

Das war für me<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en, jähzornigen Hadschi wie e<strong>in</strong> Funke <strong>in</strong> das Pulverfaß.<br />

„Was höre ich?“ schrie er entsetzt. „Me<strong>in</strong>e Hanneh, die Perle und Krone aller Frauen, soll<br />

e<strong>in</strong>er Hagebutte und e<strong>in</strong>em Kalbe des Kameles gleichen! Wäre ich nicht gefesselt, und wärest<br />

Du nicht e<strong>in</strong> Weib, so spukte ich Dich erst an und schlüge Dich dann zu Boden, daß Du nie<br />

wieder aufstehen könntest! Wie siehst denn Du aus? Bist Du etwa schön? Bilde Dir nichts e<strong>in</strong>!<br />

Die Haddedihn besitzen die herrlichsten Frauen aller Erdenvölker; Eure Weiber s<strong>in</strong>d gegen sie<br />

wie langbe<strong>in</strong>ige Taranteln, welche man mit goldfl<strong>im</strong>mernden Schmetterl<strong>in</strong>gen vergleicht. Die<br />

Salbe der Schönheit ist für sie überflüssig; ich mag sie nun gar nicht. Wenn man von ihr nicht<br />

schöner wird, als Du bist, so mag [188] ich sie gar nicht sehen; denn sie würde das holde<br />

Angesicht des Liebl<strong>in</strong>gs me<strong>in</strong>er Seele nur entstellen und verderben!“<br />

E<strong>in</strong> berühmter Psycholog hat den Satz aufgestellt, e<strong>in</strong>e Frau könne alles, selbst die<br />

schwerste Beleidigung und Kränkung verzeihen, nur nicht die Behauptung, daß sie häßlich sei.<br />

Ob dies richtig oder falsch ist, weiß ich nicht, da ich noch nie e<strong>in</strong> weibliches Wesen häßlich<br />

genannt habe und auch <strong>in</strong> dem jetzigen Falle die Wirkung nicht zu best<strong>im</strong>men war, denn die<br />

Nezaneh sagte ke<strong>in</strong> Wort; sie richtete e<strong>in</strong>en langen, verachtungsvollen Blick auf ihn und<br />

wendete sich dann von uns ab, um sich zu entfernen.<br />

„Habe ich es recht gemacht, Sihdi?“ fragte er mich, als sie fort war.<br />

„Ne<strong>in</strong>. Du hättest schweigen sollen.“<br />

„Schweigen? Wenn man Hanneh, das Licht me<strong>in</strong>er Augen und die Sonne me<strong>in</strong>es Lebens,<br />

verleumdet? E<strong>in</strong>e Hagebutte! Ich wollte, diesem alten Weibe wüchse dafür e<strong>in</strong> Schnurrbart, so<br />

groß wie der e<strong>in</strong>es persischen Sipähsalars! 28 Sie mag die Salbe behalten und ihre Ziegen und<br />

Schafe damit e<strong>in</strong>reiben!“<br />

Er mußte <strong>im</strong> Ergusse se<strong>in</strong>es Herzens abbrechen, denn der Wächter kehrte zurück und teilte<br />

uns <strong>in</strong> strengem Tone mit, die Nezaneh habe befohlen, daß wir ke<strong>in</strong> Essen bekommen und<br />

nicht mite<strong>in</strong>ander sprechen dürften; be<strong>im</strong> ersten Worte würde man uns vore<strong>in</strong>ander trennen.<br />

Das war die Folge von Halefs Zungenfertigkeit!<br />

Mir war das Schweigen ganz recht; ihm aber fiel es noch schwerer als das Fasten; das sagte<br />

er durch die zwar stummen, aber doch sehr beredten Blicke, welche er mir von Zeit zu Zeit<br />

zuwarf. Das Beste <strong>in</strong> unserer Lage war, den Versuch zu machen, e<strong>in</strong>zuschlafen. Noch ehe uns<br />

das gelang, wurde unser Wächter durch zwei andere ersetzt, welche uns das Verbot des<br />

Sprechens noch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>schärften. Die Nacht wurde kalt; das Feuer wärmte nicht, und die<br />

Fesseln h<strong>in</strong>derten uns, bequem zu liegen; dennoch schlief ich ziemlich gut und wurde nur<br />

durch die Ablösung der Wächter e<strong>in</strong>ige Male aufgeweckt.<br />

Als es Tag geworden war, erhob sich draußen e<strong>in</strong> lautes Geschrei; es klang so gefährlich,<br />

als ob das Lager von Fe<strong>in</strong>den überfallen worden sei. Man rannte lebhaft h<strong>in</strong> und her; wir<br />

hörten zornige Flüche; Pferde stampften und wieherten. Ich wurde um die Unsrigen besorgt.<br />

E<strong>in</strong>e der Wachen hatte sich entfernt, um nach der Ursache dieser Aufregung zu sehen; wir<br />

aber erfuhren doch nichts, als der Mann wieder kam, denn er machte se<strong>in</strong>e Mitteilung dem<br />

Gefährten flüsternd; doch sah man beiden an, daß das, was sich ereignet hatte, etwas ebenso<br />

Unangenehmes wie Wichtiges gewesen war.<br />

Wir bekamen auch jetzt weder etwas zu essen noch etwas zu tr<strong>in</strong>ken. Wir hätten gern<br />

wenigstens e<strong>in</strong>en Schluck Wassers gehabt, doch fiel es uns gar nicht e<strong>in</strong>, darum zu bitten. Am<br />

28 Feldmarschalls.

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