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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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an:<br />

„Du wagst es, den Propheten zu lästern, gegen den Euer Isa nichts ist als e<strong>in</strong><br />

Lufthauch, der nichts gilt? Wir werden Dich – – –“<br />

„Schweig!“ unterbrach ich ihn lauter, als er gesprochen hatte. „Höre erst, was ich Dir<br />

zu sagen habe! Du hast e<strong>in</strong>en Knaben, welcher Khaloba heißt?“<br />

„Ja,“ antwortete er erstaunt.<br />

„Dieser Knabe ist Dir geraubt worden, und niemand kann ihn Dir wiedergeben als nur<br />

ich alle<strong>in</strong>, der Christ. Ke<strong>in</strong> Muhammed kann ihn Dir br<strong>in</strong>gen und ke<strong>in</strong>er Eurer Khalifen<br />

weiß ihn zu f<strong>in</strong>den. Jetzt töte den Christen, wenn Dir’s beliebt. Hier hast Du mich!“<br />

Ich g<strong>in</strong>g zwischen den Tuareg h<strong>in</strong>durch und setzte mich neben ihrem Anführer nieder.<br />

Man kann sich denken, welchen E<strong>in</strong>druck dieses Verhalten und me<strong>in</strong>e Botschaft<br />

hervorbrachten! Man wollte mir natürlich nicht glauben; aber ich erzählte und zeigte<br />

dann e<strong>in</strong>en kupfernen Suwar 32 vor, den ich dem Knaben abgestreift und als Beweis<br />

mitgebracht hatte. Nun fand ich Glauben, und der Gr<strong>im</strong>m der Tuareg richtete sich gegen<br />

die Tibbu, die aber alles leugneten und von e<strong>in</strong>em Targiknaben nichts wissen wollten. Es<br />

begann nun e<strong>in</strong>e lange, lange Verhandlung, bei welcher ich fast mehr als alles aufbieten<br />

mußte, um me<strong>in</strong>en Zweck zu erreichen. Endlich, endlich aber kam ich zum Ziele. Me<strong>in</strong>e<br />

und Kamils Person sollten heilig se<strong>in</strong> wie auch all unser Eigentum; Abram Ben Sakir und<br />

se<strong>in</strong>e Leute sollten die Freiheit und alles, was ihnen abgenommen worden war,<br />

zurückerhalten; für die Tibbu aber konnte ich nichts erreichen. Dafür aber sollte ich jetzt<br />

<strong>in</strong> Begleitung e<strong>in</strong>iger Tuareg fortreiten und den Knaben holen. Dieses Übere<strong>in</strong>kommen<br />

wurde auf alle mögliche Weise festgemacht und von den Tuareg mit so heiligen Schwüren<br />

belegt, daß ich unmöglich an e<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>terlist glauben konnte. Das e<strong>in</strong>zige Bedenken<br />

bereitete mir der Khabir, weil er höchst bereitwillig e<strong>in</strong>st<strong>im</strong>mte, obgleich er vorher e<strong>in</strong>e<br />

so große Lust zur Rache gezeigt hatte.<br />

Wir ritten fort und brachten nach vier Stunden den Knaben zu se<strong>in</strong>em Vater; natürlich<br />

hatte ich Kamil jetzt auch bei mir. Die Freude, welche Rhagata über das Wiedersehen mit<br />

se<strong>in</strong>em Sohne zeigte, vergrößerte me<strong>in</strong> Vertrauen und verm<strong>in</strong>derte me<strong>in</strong>e Vorsicht. Den<br />

Tibbu wurde blutige Rache geschworen, und ich bekam nur Dank zu hören und<br />

freundliche Blicke zu sehen; ich schenkte den Tuareg, welche zuweilen h<strong>in</strong>ter mir<br />

vorüberg<strong>in</strong>gen, ke<strong>in</strong>e Beachtung mehr und bekam plötzlich e<strong>in</strong>en Kolbenhieb auf den<br />

Kopf, der mir die Bes<strong>in</strong>nung raubte.<br />

Als ich wieder zu mir kam, lag ich mit Kamil gefesselt und ausgeraubt bei den andern<br />

Gefangenen, und vor mir stand der Khabir, welcher, als er sah, daß ich die Augen<br />

aufschlug, mir höhnisch zurief:<br />

„Jetzt hast Du, was Dir gehört, verfluchter Christenhund! Du bist me<strong>in</strong> und sollst<br />

sterben, wie tausend Teufel Dich nicht sterben lassen könnten!“<br />

Der Scheik hörte diese Worte, kam herbei und sagte mit demselben Hohne:<br />

[178] „Jetzt behaupte noch e<strong>in</strong>mal, daß De<strong>in</strong> Isa mächtiger sei als Muhammed. Rufe<br />

ihn doch an, daß er Dich befreien und vom Tode erretten möge!“<br />

Me<strong>in</strong> Kopf schmerzte mich außerordentlich; ich versuchte, das zu überw<strong>in</strong>den und<br />

antwortete:<br />

„Sprich die beiden Namen nicht nebene<strong>in</strong>ander aus! Isa Ben Marryam ist Gottes Sohn,<br />

der Heiland der Welt und der göttliche König der Wahrheit und Gerechtigkeit. Schande<br />

aber über e<strong>in</strong>en Propheten, bei dem Ihr die heiligsten Eide schwört, um sie dann zu<br />

brechen!“ – Ich schloß die Augen und achtete weder auf die Fußtritte, die ich wieder<br />

erhielt, noch auf die Drohungen, welche mir zugerufen wurden. Man mußte doch endlich<br />

von mir lassen. So lag ich lange, lange Zeit, als plötzlich etwas Weiches über me<strong>in</strong>e<br />

Wange strich und e<strong>in</strong>e leise St<strong>im</strong>me mir <strong>in</strong> das Ohr flüsterte:<br />

„En’ taijib – Du bist gut!“<br />

Ich öffnete die Augen und sah den Knaben neben mir knieen, der me<strong>in</strong>e Wange mit<br />

der Hand geliebkost hatte. Das durfte nicht gesehen werden, und er huschte schnell und<br />

he<strong>im</strong>lich wieder fort. En’ taijib; wie wohl that mir dieses Wort aus K<strong>in</strong>dermund! Wie lange<br />

aber, so flucht auch dieser Mund mit auf das Christentum!<br />

Me<strong>in</strong> tapferer Kamil lamentierte mir die Ohren voll; er lag neben mir; ich hörte nicht<br />

auf se<strong>in</strong> Jammern, und so wurde er endlich still und schlief e<strong>in</strong>, sowie ich auch. Wir<br />

32 Armr<strong>in</strong>g.

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