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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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„Darüber darf ich jetzt nicht sprechen. Du bist me<strong>in</strong> Gast. Setz' Dich nieder! Willst Du<br />

mir De<strong>in</strong> Wort geben, daß Du <strong>in</strong> dieser Nacht me<strong>in</strong> Haus nicht verlassen wirst?“<br />

„Ich gebe es.“<br />

„Gut, so kann ich gehen. Es ist mir heut leider nicht möglich, Dir Gesellschaft zu<br />

leisten, doch wirst Du alles bekommen, was Du wünschest. Du brauchst nur <strong>in</strong> die Hände<br />

zu klatschen, so kommt e<strong>in</strong> Diener here<strong>in</strong>. Gute Nacht, Effendi!“<br />

Er gab mir die Hand und g<strong>in</strong>g.<br />

War das nicht e<strong>in</strong> Abenteuer? Wie e<strong>in</strong> Kapitel aus Tausend und e<strong>in</strong>er Nacht? Ich<br />

bekam sehr gut zu essen. Man brachte mir sodann Bücher, damit ich mich nicht<br />

langweilen möge; aber ich konnte nicht lesen und später lange auch nicht e<strong>in</strong>schlafen.<br />

Me<strong>in</strong>e Gedanken waren ganz und gar von diesem Abenteuer <strong>in</strong> Anspruch genommen.<br />

Endlich aber schlief ich doch auf dem weichen Polster e<strong>in</strong>.<br />

Ich erwachte nicht von selbst, sondern ich wurde geweckt. Esch Schahad stand mit<br />

e<strong>in</strong>er Laterne vor mir und sagte <strong>in</strong> hastiger Weise:<br />

„Steh schnell auf, Effendi; Du mußt fort! Man hat den Re<strong>in</strong>iger der Pfeifen gezwungen,<br />

zu sagen, woh<strong>in</strong> Du bist; man wird kommen und me<strong>in</strong> Haus nach Dir durchsuchen. Der<br />

Militäraufstand ist <strong>im</strong> vollsten Gange; Aegypten den Aegyptern, heißt die Parole; den<br />

Europäern droht der Tod. Ich muß Dich retten. Komm, und folge mir!“<br />

Er führte mich <strong>in</strong> den Hof und auf der andern Seite desselben durch e<strong>in</strong>en engen<br />

Gang. Eben begann der Morgen zu dämmern. Wir kamen an e<strong>in</strong>e halbverfallene Mauer.<br />

[165c] „Das ist die h<strong>in</strong>tere Seite des Bettlerhauses,“ sagte er. „Komm here<strong>in</strong>!“<br />

Wir krochen durch e<strong>in</strong> Loch und befanden uns dann <strong>in</strong> der armseligen Bude, welche als<br />

die Wohnung des Schahad galt. Zerfetzte Kleidungsstücke h<strong>in</strong>gen an den Wänden, und<br />

auf der Lehmdiele standen und lagen henkellose oder sonstwie zerbrochene Gefäße. Er<br />

setzte die Laterne nieder und fragte <strong>in</strong> sehr ernstem Tone:<br />

„Willst Du Dich von mir retten lassen? Du hast nicht an die Gefahr geglaubt; nun ist<br />

sie da. Horch!“<br />

Ich hörte durch die Thür die St<strong>im</strong>men und Schritte vieler Menschen.<br />

„Es gilt also wirklich den Ausländern?“ fragte ich.<br />

„Ja. Es ist sogar möglich, daß der Khedive abgesetzt wird.“<br />

„Kann ich aus der Stadt?“<br />

„Unmöglich!“<br />

„Willst Du mich hier verbergen?“<br />

„Ne<strong>in</strong>. Auch hier bist Du nicht sicher. Sicherheit f<strong>in</strong>dest du nur am Thore Zuweileh.“<br />

„Ah, ich errate! Als Bettler?“<br />

„Ja, als Bettler an me<strong>in</strong>er Stelle. Willst Du? Es handelt sich wirklich um De<strong>in</strong> Leben.“<br />

Wie viel hätte ich gegen diese Zumutung vorbr<strong>in</strong>gen können! Ich glaubte noch <strong>im</strong>mer<br />

nicht an die Gefahr; die Sache kam mir lächerlich vor. Da aber machte sich die alte<br />

Abenteuerlust geltend; ich beschloß, mitzuthun, und erkundigte mich vorher nur:<br />

„Wie steht es mit me<strong>in</strong>em Koffer und me<strong>in</strong>en Gewehren, wenn man mich wirklich bei<br />

Dir sucht?“<br />

„Daran wird man sich nicht vergreifen.“<br />

„Werde ich am Bab Zuweileh nicht als Fremder erkannt werden?“<br />

„Ne<strong>in</strong>; dafür sorge ich.“<br />

„Wie habe ich mich zu verhalten?“<br />

„Wie e<strong>in</strong> Bettler; das ist alles. Wenn e<strong>in</strong> anderer Bettler bemerkt, daß ich nicht dort<br />

b<strong>in</strong>, so wird er es dem Dilendschi Baschi 6 sagen: kommt dieser, so zeigst Du ihm die<br />

Münze vor, die ich Dir mitgebe; dann ist es gut. Heut abend kommst Du hierher, wo ich<br />

auf Dich warten werde.“<br />

„Gut, ich mache mit!“<br />

„So will ich Dich umwandeln.“<br />

Ich bekam e<strong>in</strong>en noch schlechteren Anzug, als der me<strong>in</strong>ige war, und wurde an<br />

Gesicht, Hals und Händen mit e<strong>in</strong>er dunklen Flüssigkeit bep<strong>in</strong>selt. Wie ich nun aussah,<br />

konnte ich nicht sehen, weil es ke<strong>in</strong>en Spiegel gab. Ich bekam die erwähnte Münze und<br />

den Schlüssel zur Thür; dann sagte er:<br />

6 Oberhaupt der Bettler.

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