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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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Erregung und Unduldsamkeit, und da Du solchen Leuten an allen Orten und auf allen Wegen<br />

begegnen wirst, so wirst Du klug thun, sie nicht wissen zu lassen, daß Du andern Glaubens<br />

bist.“<br />

Es war gewiß seltsam, daß dieser hohe Beamte mich vor den strenggläubigen Moslem<strong>in</strong>, zu<br />

denen er doch selbst gehörte, warnte, und doch den Betrag der Pension, welcher jeden- [140]<br />

falls [jedenfalls] ke<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger war, mir lieber anvertraute als e<strong>in</strong>em islamitischen Kurier. Das<br />

Zusammentreffen mit Pilgern machte mir ke<strong>in</strong>e Sorge; viel eher war es mir bedenklich, daß die<br />

beiden <strong>im</strong> Vorz<strong>im</strong>mer stehenden Arnauten jedes Wort unserer Unterhaltung gehört hatten und<br />

also auch wußten, daß ich e<strong>in</strong>e bedeutende Summe Geldes zu überbr<strong>in</strong>gen hatte. Sie waren<br />

Soldaten, der e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong> On Baschi (Korporal) und der andere e<strong>in</strong> Tschausch (Sergeant) und<br />

hätten nach europäischen Begriffen also wohl Vertrauen verdient; aber der Arnaut ist e<strong>in</strong><br />

geborener Räuber und stets, selbst wenn er bei der Fahne steht, zu Gewaltthätigkeiten<br />

geneigt. Außerdem ist gerade der nichtchristliche Arnaut der muselmännischste der<br />

Muselmänner, und so war es mir doch nicht recht wohl bei dem Gedanken, gerade jetzt zur<br />

Zeit der Pilgerversammlungen und wo ich <strong>im</strong> Besitze vielen Geldes se<strong>in</strong> sollte, diese beiden<br />

f<strong>in</strong>ster blickenden Kerls für mehrere Tage und Nächte als Begleiter bei mir haben zu sollen. Ich<br />

teilte dies dem Mudir, natürlich <strong>in</strong> leisem Tone mit, und er antwortete:<br />

„Du brauchst ke<strong>in</strong>e Sorge zu haben; ich werde sie verpflichten, und ihr Eid ist ihnen so<br />

heilig, daß sie ihn auf ke<strong>in</strong>en Fall brechen werden.“<br />

Trotz dieser Versicherung hatten me<strong>in</strong>e Worte zur Folge, daß er von jetzt an nicht mehr so<br />

laut sprach; auch zählte er mir das Geld so vorsichtig vor, daß man es draußen nicht hören<br />

konnte. Es befand sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er [e<strong>in</strong>em] festen Ledergurt, den ich unter der Weste um den Leib<br />

b<strong>in</strong>den sollte. Ich mußte das gleich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gegenwart thun. Dann rief er die Arnauten here<strong>in</strong>,<br />

um mich ihnen zu übergeben. Sie mußten ihm bei dem Propheten zuschwören, so lange ich<br />

ihnen anvertraut sei, für me<strong>in</strong>e Sicherheit ebenso wie für die ihrige besorgt zu se<strong>in</strong>. Dies<br />

beseitigte me<strong>in</strong> Bedenken; wenn ich ihnen alles zutraute, den Bruch e<strong>in</strong>es solchen Gelöbnisses<br />

aber nicht.<br />

Hierauf begleitete der Wali mich bis <strong>in</strong> den Hof und blieb da stehen, bis ich zum Thore<br />

h<strong>in</strong>ausritt, e<strong>in</strong>e Ehrenerweisung, welcher gewiß nur selten jemand teilhaftig geworden war.<br />

„Allah begleite Dich und nehme Dich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Schutz!“ rief er mir noch nach, obgleich ich <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>en Augen e<strong>in</strong> Ungläubiger war. Er ahnte ebenso wenig wie ich, wie notwendig mir dieser<br />

Schutz <strong>in</strong> kurzem werden sollte.<br />

Zunächst erfuhr ich gleich draußen vor der Stadt, was für strenge Muhammedaner me<strong>in</strong>e<br />

beiden Arnauten waren. Kaum hatten sie das letzte Haus h<strong>in</strong>ter sich, so stiegen sie ab, und der<br />

Tschausch sagte mir:<br />

„Effendi, erlaube uns, das Reisegebet zu sprechen! Jeder wahre Gläubige tritt e<strong>in</strong>e solche<br />

Reise nur zur Zeit des Nachmittagsgebetes an; wir aber s<strong>in</strong>d schon am Vormittage<br />

aufgebrochen. Da Du e<strong>in</strong> Christ bist, so weißt Du nicht, daß wir damit den Zorn Allahs auf uns<br />

geladen haben; nun müssen wir ihn durch unser Gebet besänftigen.“<br />

Sie schnallten ihre Schabracken los, um dieselben als Gebetsteppiche zu gebrauchen, e<strong>in</strong>e<br />

Benutzung, die ich noch nie beobachtet hatte, knieten darauf nieder und verrichteten, gegen<br />

Mekka gewendet, unter halblautem Gemurmel und zahlreichen Verneigungen die Andacht,<br />

welche sie mir als so dr<strong>in</strong>glich dargestellt hatten. War dies wirklich Herzenssache, oder wollten<br />

sie mir gleich <strong>im</strong> Beg<strong>in</strong>n der Reise zeigen, daß sie mich zwar als ihren Schutzbefohlenen, aber<br />

doch als Giaur betrachteten? Als Soldaten waren sie der Discipl<strong>in</strong> unterworfen und also wohl<br />

nicht gewöhnt, stets nur zur Zeit des Nachmittagsgebetes aufzubrechen. Die militärische<br />

Notwendigkeit erfordert oft e<strong>in</strong>e Umgehung der äußeren religiösen Gebräuche.<br />

Ich ließ sie gewähren, ohne e<strong>in</strong> Wort zu sagen, und benutzte als echter Ungläubiger die mir<br />

dadurch gewordene Muße zum Betrachten des Tenbih, welchen ich von dem Wali erhalten<br />

hatte. Infolge dieses Schriftstückes konnte ich allerorten alles verlangen, was e<strong>in</strong><br />

großherrlicher Kurier zu fordern hatte; das war mir natürlich außerordentlich angenehm. Die<br />

Neugierde trieb mich, auch den kle<strong>in</strong>en Beutel zu öffnen, <strong>in</strong> welchem sich die Bezahlung für<br />

me<strong>in</strong> Pferd befand. Es war e<strong>in</strong> ganz gewöhnlicher Gaul gewesen, und die Summe betrug<br />

wenigstens das Achtfache se<strong>in</strong>es Wertes. Der Wali konnte das Pferd für sich nicht gebrauchen,<br />

und es war klar, [141] daß er es gekauft hatte, um mir <strong>in</strong> dieser Form e<strong>in</strong> Geschenk machen<br />

zu können. Es fiel mir nicht e<strong>in</strong>, zornig darüber zu se<strong>in</strong>.<br />

Als das Gebet nach zehn M<strong>in</strong>uten beendet war, ritten wir weiter. Die Arnauten verhielten<br />

sich <strong>im</strong> höchsten Grade schweigsam gegen mich. Sie sprachen nur dann mit mir, wenn ich sie<br />

fragte, und antworteten da so kurz, daß ich e<strong>in</strong>sah, es liege ihnen nichts daran, mich als

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