im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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„Der Häuptl<strong>in</strong>g der Upsaroka’s will die Sioux Ogallalah fangen. Er ist auf e<strong>in</strong>em falschen<br />
Wege nach den Rattlesnake-Bergen geritten und wieder umgekehrt, weil er die Spuren der<br />
Sioux gefunden hat, welche nach se<strong>in</strong>en Jagdgründen wollen. Er ist diesen Spuren bis hierher<br />
gefolgt. Wir wollen ihm die Anführer der Sioux als se<strong>in</strong>e Gefangenen schenken. Wenn er sie<br />
haben will, mag er der Spur folgen, welche dort l<strong>in</strong>ks <strong>in</strong> den Wald h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>führt!“<br />
„Uff!“ rief er aus. „Das kann nichts anderes se<strong>in</strong> als e<strong>in</strong> Verrat!“<br />
„S<strong>in</strong>d W<strong>in</strong>netou und Old Shatterhand Verräter? Kann man uns e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Lüge<br />
nachweisen? Hier sitzen wir, und 200 Upsaroka’s haben uns umr<strong>in</strong>gt. Sie mögen uns töten,<br />
wenn es sich herausstellt, daß wir Dich betrügen wollen! Du wirst nicht nur f<strong>in</strong>den, was ich<br />
sagte, sondern noch viel, viel mehr.“<br />
„Uff! Ich thue das, was Du gesagt hast, aber wehe Euch, wenn De<strong>in</strong>e Worte trügerisch s<strong>in</strong>d!<br />
Es werden, bis ich wiederkehre, zwe<strong>im</strong>al hundert Gewehre auf Euch gerichtet se<strong>in</strong>.“<br />
Er stieg vom Pferde und g<strong>in</strong>g; er war zu stolz und zu mutig, Begleitung mitzunehmen; aber<br />
se<strong>in</strong>e Leute hielten alle ihre Gewehre so, daß wir <strong>in</strong> die Läufe sehen konnten. Wir waren ohne<br />
Sorgen, denn wir kannten den Erfolg. Es verg<strong>in</strong>gen zehn M<strong>in</strong>uten und nochmals zehn; da<br />
kehrte er zurück. E<strong>in</strong> W<strong>in</strong>k von ihm, und die Gewehre wurden von uns abgewendet. Er trat zu<br />
uns und sagte:<br />
„Me<strong>in</strong>e Brüder haben Recht gehabt: es ist Friede. Wir hielten Old Shatterhand und W<strong>in</strong>netou<br />
für unsere Fe<strong>in</strong>de, sie aber haben uns bewiesen, daß sei unsere Brüder s<strong>in</strong>d. Sie haben ihr<br />
Leben für me<strong>in</strong>e Squaw und me<strong>in</strong>e Söhne gewagt, und me<strong>in</strong>e Söhne s<strong>in</strong>d durch sie zu Kriegern<br />
geworden; wir werden das Kalummet des Friedens mit ihnen rauchen.“<br />
„Aber jetzt nicht sondern später,“ fiel ich e<strong>in</strong>. „Die Sioux Ogallalah können jeden Augenblick<br />
da drüben jenseits der Prairie ersche<strong>in</strong>en; sie dürfen Euch nicht sehen. De<strong>in</strong>e Krieger mögen<br />
sich <strong>im</strong> Walde verstecken; dann wird Euer Sieg e<strong>in</strong> leichter se<strong>in</strong>.“<br />
„Uff! Du me<strong>in</strong>st, daß sie zurückkommen?“<br />
„Ja. Ich sage es, und so wird es auch geschehen. Sei klug, und folge me<strong>in</strong>em Rate!“<br />
Er war freilich so gescheidt, ihn zu befolgen. Se<strong>in</strong>e Krieger zogen sich mit ihren Pferden <strong>in</strong><br />
den Wald zurück, so daß niemand mehr zu sehen war; wir aber g<strong>in</strong>gen mit ihm zu se<strong>in</strong>em<br />
Weibe, welches [241a] er, wie wir bald bemerkten, so liebte, wie ich es von ihm, dem<br />
Indianer, gar nicht für möglich gehalten hätte.<br />
Die Freude, ihn zu sehen und ke<strong>in</strong>e Vorwürfe von ihm zu bekommen, wirkte so günstig auf<br />
die Frau, daß sie jetzt ke<strong>in</strong>e Schmerzen fühlte. Als sie hörte, daß e<strong>in</strong> blutiger Kampf<br />
bevorstehe, bat sie ihn, es nicht so weit kommen zu lassen; er möge es für genug halten, daß<br />
der Ueberfall auf se<strong>in</strong> Lager abgewendet sei. Es ist selbstverständlich, daß W<strong>in</strong>netou und ich<br />
sie dabei kräftig unterstützten. Wir legten ihm alle Gründe vor, welche für unsere friedliche<br />
Ansicht sprachen, und es gelang uns schließlich, ihn zu bewegen. Er wollte sich mit Folder, der<br />
allerd<strong>in</strong>gs dem Tode verfallen war, begnügen und mit dem für ihn sehr wichtigen Umstande,<br />
daß se<strong>in</strong>e Söhne Skalpe erbeutet hatten und dadurch trotz ihrer Jugend Krieger geworden<br />
waren. Wenn man den sogenannten Wilden n<strong>im</strong>mt, wie man ihn nehmen soll, ist er e<strong>in</strong> ganz<br />
vortrefflicher Mensch.<br />
Als <strong>in</strong>folgedessen der „Lange Leib“ erfuhr, daß er nicht gefangen bleiben und am<br />
Marterpfahle sterben, sondern frei se<strong>in</strong> solle, wollte er es erst gar nicht glauben. Er wußte,<br />
wieviel Upsaroka’s h<strong>in</strong>ter den Bäumen steckten; er kannte die Gefährlichkeit me<strong>in</strong>es<br />
fünfundzwanzigschüssigen Henrystutzens und die Gefährlichkeit von W<strong>in</strong>netous Silberbüchse;<br />
er konnte sich also sagen, was e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige unerwartete Salve von uns für e<strong>in</strong>e furchtbare<br />
Verheerung unter den Sioux anrichten müsse. Und doch wollten wir auf alles, selbst auf die<br />
uns sichere Beute verzichten! Das war ihm unbegreiflich. Aber mit um so größerer<br />
Bereitwilligkeit g<strong>in</strong>g er darauf e<strong>in</strong>, se<strong>in</strong>e Sioux zum vollständigen und augenblicklichen<br />
Verlassen der hiesigen Gegend zu bewegen.<br />
Wir waren grad mit ihm e<strong>in</strong>ig geworden, als sie am jenseitigen Rande der Prairie<br />
erschienen. Wir ließen sie ziemlich nahe kommen, und dann g<strong>in</strong>g er ihnen entgegen. Sie<br />
stutzen und hielten an. Als er sie erreicht hatte, schlossen sie e<strong>in</strong>en Kreis um ihn. Sie hatten<br />
wohl nicht erwartet, das zu hören, was er ihnen zu hören gab, denn wir sahen, daß sie <strong>in</strong><br />
große Aufregung kamen.<br />
„Sie können sich nicht <strong>in</strong> die neue politische Lage f<strong>in</strong>den,“ lachte Dick Hammerdull. „Dieser<br />
„Lange Leib“ sche<strong>in</strong>t ke<strong>in</strong> guter Redner zu se<strong>in</strong>. Wir hätten eigentlich Dich h<strong>in</strong>überschicken<br />
sollen, Pitt Holbers. Me<strong>in</strong>st Du nicht auch, altes Coon?“<br />
„Mach ke<strong>in</strong>e dummen Witze, lieber Dick!“ antwortete der Lange. „Du weißt ja, daß ich ke<strong>in</strong><br />
Redner b<strong>in</strong>.“