im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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„Ihr wagt dennoch Euer Leben! Für zwei Knaben e<strong>in</strong>es Stammes, dessen Krieger Euch töten<br />
wollten! Me<strong>in</strong>e berühmten Brüder mögen mich verlassen und ihren frühern Weg fortsetzen!“<br />
„Das thun wir nicht. De<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Gefahr, und Dir droht auch der Tod. Wir<br />
begleiten Dich.“<br />
„Uff! So ist es also doch wahr, was die Mutter me<strong>in</strong>er Mutter stets behauptet hat!“<br />
„Was?“<br />
„Daß e<strong>in</strong> Christ, wenn er wirklich und von Herzen an den Sohn des guten Manitou glaubt,<br />
sogar se<strong>in</strong> Leben wagt, um dasjenige e<strong>in</strong>es Fe<strong>in</strong>des zu retten. Nicht wahr, das ist die Liebe,<br />
welche dort oben wohnt, wo die Sterne stehen?“<br />
[233a] Es ist die Liebe, welche vom H<strong>im</strong>mel kommt und <strong>im</strong> Herzen jedes guten Menschen<br />
wohnt, auch <strong>in</strong> dem De<strong>in</strong>igen, denn Du bist ja auch bereit, für De<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> den Tod zu<br />
gehen.“<br />
„Me<strong>in</strong> weißer Bruder sagt Worte der Wahrheit; das fühle ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Innern. Wenn ich<br />
wieder bete, werde ich auch für ihn beten. Jetzt kann ich es nicht, denn me<strong>in</strong>e Seele kennt<br />
nichts als nur die Angst um me<strong>in</strong>e Söhne. Glaubst Du, daß sie noch zu retten s<strong>in</strong>d?“<br />
„Ja. Es ist ja noch gar nicht gewiß, daß sie den Sioux <strong>in</strong> die Hände fallen, und selbst wenn<br />
dies geschieht, hoffe ich zuversichtlich, daß wir sie befreien werden.“<br />
Während ich mit der Indianer<strong>in</strong> sprach, hatte W<strong>in</strong>netou sich an unsere Spitze gesetzt.<br />
Hammerdull und Holbers ritten h<strong>in</strong>ter ihr und mir. Ich hörte, daß der Dicke zu dem Langen<br />
sagte:<br />
„Wer hätte das gedacht, daß so etwas möglich sei! Erst geben wir uns alle Mühe, den Sioux<br />
auszuweichen, und nun reiten wir ihnen grad <strong>in</strong> die Zähne. Was sagst Du dazu, Pitt Holbers,<br />
altes Coon?“<br />
„Da sagt man nichts, sondern man reitet mit!“<br />
„Ob man mitreitet oder nicht, das ist ganz egal, nur ausschließen darf man sich nicht davon.<br />
Doch halt, was ist mit W<strong>in</strong>netou?“<br />
Der voranreitende Apatsche hielt nämlich <strong>in</strong> diesem Augenblicke se<strong>in</strong> Pferd an und gab uns<br />
e<strong>in</strong>en W<strong>in</strong>k zurück, die unsrigen auch zu parieren. Dann stieg er ab. Ich that dasselbe und g<strong>in</strong>g<br />
zu ihm h<strong>in</strong>. Wir befanden uns an der Ecke e<strong>in</strong>es ausgedehnten Gebüsches, h<strong>in</strong>ter welchem e<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e, offene Prairie folgte. Sie war nicht ganz e<strong>in</strong>e halbe englische Meile breit und stieß<br />
jenseits an e<strong>in</strong>en Wald, an dessen Rand wir e<strong>in</strong>e bedeutende Schar von Reitern erblickten,<br />
welche soeben von ihren Pferden gestiegen waren, um Lager zu machen. Es war allerd<strong>in</strong>gs<br />
auch nicht zu früh dazu, denn die Sonne hatte sich schon so tief niedergesenkt, daß sie <strong>in</strong><br />
kurzer Zeit verschw<strong>in</strong>den mußte. Das waren die Sioux Ogallalah, und was wir vermutet hatten,<br />
war also e<strong>in</strong>getroffen.<br />
Die Squaw, Holbers und Hammerdull stiegen auch von ihren Pferden. Der letztere sagte <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er drollig zuversichtlichen Weise:<br />
„Da haben wir sie ja! Das s<strong>in</strong>d gewiß auch zweihundert Mann. Wie werden sie erschrecken,<br />
wenn wir über sie h<strong>in</strong>wegstolpern! Denn wir machen uns doch an sie, Mr. Shatterhand, was?“<br />
„Natürlich!“ antwortete ich. „Wir müssen ihnen doch die beiden Knaben abnehmen.“<br />
Da fragte die Squaw rasch:<br />
„Me<strong>in</strong> weißer Bruder glaubt also, daß diese Krieger me<strong>in</strong>e Söhne wirklich ergriffen haben?“<br />
„Ganz gewiß. Sie bef<strong>in</strong>den sich ja auf der Spur De<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der und würden nicht grad auf<br />
derselben Lager machen, wenn sie nicht diejenigen gefangen genommen hatten, von denen<br />
diese Fährte geritten worden ist. Sie fühlen sich vollständig sicher, und es fällt ihnen gar nicht<br />
e<strong>in</strong>, zu denken, daß noch jemand denselben Stapfen folgen könnten. Hätten sie ihren Weg nur<br />
noch bis hieher verfolgt, so wären wir ihnen zwar noch schnell ausgewichen, aber sie hätten<br />
die Hufe<strong>in</strong>drücke unserer Pferde entdeckt.“<br />
„Und denkt Old Shatterhand, daß wir die Gefangenen befreien können?“<br />
„Ich hoffe, daß es möglich ist. Nur müssen wir verlangen, daß Du vollständig darauf<br />
verzichtest, auch nur das Ger<strong>in</strong>gste dabei zu unternehmen, denn Du könntest leicht alles<br />
verderben.“<br />
„So laß uns schnell e<strong>in</strong>en Umweg machen und h<strong>in</strong> reiten!“<br />
„Habe nur Geduld! Wir können nicht eher von hier fort, als bis es vollständig dunkel<br />
geworden ist.“<br />
[233b] Wir banden die Pferde an und setzten uns nieder. Die Frau konnte nicht still sitzen;<br />
sie rückte unruhig h<strong>in</strong> und her. Das war mir sehr begreiflich, aber wenn sie sich später <strong>im</strong><br />
Augenblicke der Entscheidung auch nicht besser zu beherrschen vermochte, so machte es sich<br />
nötig, sie unter Aufsicht zu nehmen.