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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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„Ist das zweierlei?“<br />

„Gewiß.“<br />

„Wieso?“<br />

„Weil sie sich hüten werden, uns oder die Perser da anzugreifen, wo sie die gefangenen<br />

Mädchen untergebracht haben. So nahe lassen sie uns nicht heran.“<br />

[177b] „Du denkst, daß sie uns entgegenkommen?“<br />

„Ja.“<br />

„So können wir doch jeden Augenblick auf sie stoßen?“<br />

„Allerd<strong>in</strong>gs, hier gehen die Büsche sehr weit vom Flusse <strong>in</strong> die Steppe h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>; sie verlegen<br />

uns die Aussicht. Aber siehst Du die weit vorragende grüne Ecke da draußen? Wenn wir die<br />

erreicht haben, werden wir e<strong>in</strong>e bessere und freiere Fernsicht haben. Dann nehme ich me<strong>in</strong><br />

Fernrohr zur Hand, und wenn ich das habe, soll es ihnen schwer werden, uns zu überraschen.“<br />

„Ich habe e<strong>in</strong>e Frage, Sihdi. Erlaubst Du mir, sie auszusprechen?“<br />

„Gewiß. Welche ist es?“<br />

„Um die Perser brauchen wir uns nicht zu bekümmern; die haben uns schnöde abgewiesen.<br />

Aber die armen gefangenen Mädchen thun mit leid.“<br />

„Mir auch.“<br />

„Denke, wenn Hanneh, me<strong>in</strong> Weib, die [177c] schönste unter den lieblichsten Blumen der<br />

Erde, mir geraubt worden wäre, wie unendlich groß würde ihr Jammer se<strong>in</strong>! Ich würde von<br />

e<strong>in</strong>em Ende der Welt zum andern suchen, um sie zu befreien.“<br />

„So willst Du hier wohl auch den Retter spielen?“<br />

„Ja.“<br />

„Hm! Was e<strong>in</strong>en nichts angeht, davon soll man lassen, lieber Halef!“<br />

„So willst Du Dich dieser unglücklichen Geschöpfe nicht erbarmen?“<br />

„Ne<strong>in</strong>.“<br />

„Warum nicht?“<br />

„Erstens, weil sie mich nichts angehen und doch nur Töchter schiitischer Väter und Mütter<br />

s<strong>in</strong>d, und zweitens, weil die Sache viel zu gefährlich für uns se<strong>in</strong> würde. Du kannst Dir doch<br />

denken, daß dieser Kys-Kaptschiji e<strong>in</strong> höchst verwegener Mensch ist und jedenfalls Leute bei<br />

sich hat, die sich vor dem Teufel nicht fürchten.“<br />

Da hielt er se<strong>in</strong> Pferd an und fragte <strong>in</strong> aufwallendem Zorne:<br />

„So sagst Du und willst e<strong>in</strong> Christ se<strong>in</strong>? Pfui, Sihdi, seit wann hat Hadschi Kara Ben Nemsi<br />

vor irgend e<strong>in</strong>er Person Furcht oder Angst zu empf<strong>in</strong>den? Ist Dir De<strong>in</strong> Herz plötzlich so tief <strong>in</strong><br />

die Bantaluhn 21 gefallen, daß es Dir unmöglich ist, e<strong>in</strong>ige . . . .“<br />

Er sah me<strong>in</strong> Lächeln und hielt mitten <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Strafrede <strong>in</strong>ne. Dann schlug er sich mit der<br />

Hand an die Stirn und fuhr fröhlich fort:<br />

„Allah ’l Allah! Was b<strong>in</strong> ich doch für e<strong>in</strong> dummer Mensch! Werde ich me<strong>in</strong>en Sihdi nicht<br />

kennen! Der thut ja nur so, als ob er nicht wollte, he<strong>im</strong>lich aber brennt er darauf, den<br />

geraubten Mädchen Hilfe zu br<strong>in</strong>gen! Töchter von schiitischen Eltern! Darnach fragst Du doch<br />

nicht! Fragt der Christ nach der Religion e<strong>in</strong>es Menschen, dem er Gutes zu erweisen hat? Weil<br />

sie Dich nichts angehen! Uns<strong>in</strong>n! De<strong>in</strong> Herz schlägt für alle Menschen, die De<strong>in</strong>er Dienste<br />

bedürfen, und niemals hast Du gefragt, ob e<strong>in</strong> Hilfesuchender De<strong>in</strong>er Unterstützung auch<br />

würdig sei. Gefährlich! Als [178a] ob es e<strong>in</strong>e Gefahr gäbe, der wir beide nicht gewachsen<br />

wären! Der Kys-Kaptschiji e<strong>in</strong> verwegener Mensch! Haben wir nicht noch ganz andere D<strong>in</strong>ge<br />

ausgeführt, als so e<strong>in</strong> paar Mädchen ihren Vätern und Müttern wiederzugeben? Und Leute bei<br />

ihm, die sich vor dem Teufel nicht fürchten! Fürchten wir uns denn vor ihm? Haben wir jemals<br />

die Fe<strong>in</strong>de gezählt, mit denen wir es zu thun hatten? Ist nicht sehr oft e<strong>in</strong> wenig List und<br />

Verschlagenheit besser und erfolgreicher als hundert bewaffnete Hände und als die Tapferkeit<br />

von tausenden Kriegern, die ke<strong>in</strong> Hirn <strong>im</strong> Kopfe haben? Geh, Sihdi, Du hast Dich verstellt!<br />

Nicht wahr, De<strong>in</strong> gutes Herz hat auch Mitleid mit den Töchtern, die ihren Eltern so gewaltsam<br />

entrissen worden s<strong>in</strong>d?“<br />

„Ja.“<br />

„Und Du bist gern bereit, ihnen zu helfen?“<br />

„Wenn es möglich ist, ja.“<br />

„Es muß möglich se<strong>in</strong>! Und wenn es nicht möglich se<strong>in</strong> sollte, so wird es möglich gemacht!<br />

Man soll Dir und mir nicht nachsagen, daß wir jemand <strong>in</strong> der Not stecken gelassen haben, ohne<br />

wenigstens zu versuchen, ihm Hilfe zu br<strong>in</strong>gen.“<br />

21 Pantalons, Hose.

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